Schwesterlein, komm stirb mit mir
Serienmörders.
«Eben der. Er stimmt mit einem Abdruck überein, den wir am Tatort gesichert haben. Jetzt steht fest, dass der Schreiber nicht geblufft hat, sondern tatsächlich dort war. Wir sind ganz dicht dran.» Stadlers Augen leuchteten.
«Herzlichen Glückwunsch.»
«Es ist auch Ihr Verdienst, Liz.» Stadler ließ sich auf Miguels Stuhl fallen. «Sie haben großartige Arbeit geleistet.»
«Brauchen Sie mein Profil dann überhaupt? Soll ich die endgültige Version noch formulieren? Sie haben ja die vorläufige Fassung, und Sie haben offenbar ausreichend andere Spuren, oder?»
«Aber natürlich brauchen wir das endgültige Profil.» Stadler sah sie überrascht an. «Bitte, beenden Sie Ihre Arbeit in aller Ruhe. Noch haben wir den Mann nicht.»
Liz fuhr sich durch das Haar. «Ich beziehe das Bekennerschreiben aber nicht mit ein. Auch wenn viel dafür spricht, dass es vom Täter ist, können wir es nicht mit Sicherheit sagen. Ich verwerte nur das, was mir die Tatorte sagen. Und dort spricht nach wie vor nichts für religiösen Fanatismus.»
«Vielleicht ist es Absicht. Teil der Inszenierung.»
Liz schüttelte den Kopf. «Das ergibt keinen Sinn. Wenn der Täter irgendeine religiöse Botschaft loswerden wollte oder wenn er auch nur so tun wollte, als wäre er religiös motiviert, dann hätte er bei den Taten entsprechende Hinweise deponiert. Wir hätten religiöse Symbole gefunden. Kreuze vermutlich, möglicherweise auch andere Zeichen. Aber da war absolut nichts. An keinem der Tatorte.»
Stadler drehte seinen Kopf zum Fenster und schaute nachdenklich nach draußen in den Regen. Liz ahnte, was in seinem Kopf vorging. Er fragte sich, wie sehr er ihrem Urteil trauen konnte. Auf ihm lastete die ganze Verantwortung. Auch wenn sein Chef und der Staatsanwalt sich regelmäßig vor den Kameras der versammelten Presse aufplusterten – die alltäglichen Entscheidungen traf Stadler meistens allein. Wenn er richtig lag, ernteten seine Vorgesetzten gern die Lorbeeren dafür. Aber wenn er sich irrte, war er derjenige, der in der Öffentlichkeit den Kopf dafür hinhalten musste.
Liz rieb sich die Schläfen. «Ich kann mich täuschen», sagte sie. «Es ist sehr gut möglich, dass dieser religiöse Spinner der Täter ist. Serienmörder agieren nicht immer wie im Lehrbuch. Das Gegenteil ist meist der Fall. Ich bin Theoretikerin, ich habe zwar Dutzende Fälle analysiert und so ziemlich alle Forschungsarbeiten gelesen, die es zu dem Thema gibt, aber ich habe noch nie in der Praxis einen Fall gelöst.»
Stadler wandte sich vom Fenster ab. «Das stimmt nicht. Denken Sie an die Kanalmorde.»
«Das war reine Fleißarbeit. Jeder psychologisch geschulte Kripobeamte, der die Akten in aller Ruhe durchgesehen hätte, wäre zu dem gleichen Ergebnis gekommen.»
«Aber niemand außer Ihnen hat es getan.»
Liz lächelte. «Das liegt am System. Jeder Einzelne bearbeitet nur die Fälle, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Was die anderen gerade machen, erfährt er meistens nicht.»
«Das ist leider wahr», stimmte Stadler zu. «Obwohl es inzwischen die entsprechenden Datenbanken gibt. Bedauerlicherweise werden sie noch viel zu wenig genutzt.» Er stand auf. «Ich werde mit Hochdruck nach dem Kerl suchen lassen. Aber ich bleibe für andere Optionen offen. Ich bin gespannt auf Ihr endgültiges Profil.»
Nachdem die Tür hinter Stadler zugefallen war, legte Liz die Beine auf den Tisch. Nachdenklich blickte sie auf den leeren Stuhl. Stadler war wirklich ein anständiger Kerl. Anfangs hatte sie gedacht, er wolle sie anmachen, doch da hatte sie sich offenbar getäuscht. Er behandelte sie mit Respekt, nahm ihre Ideen ernst, und nichts deutete darauf hin, dass er über das Berufliche hinaus an ihr interessiert war. Jetzt, wo sie ihn näher kannte, fand sie das beinahe schade.
Liz seufzte. Vielleicht schreckte ihre Familiengeschichte ihn ab. Sie war fast sicher, dass er sie mit anderen Augen betrachtete, seit er wusste, wer sie in Wirklichkeit war. Von der Schwester eines Serienkillers sollte man besser die Finger lassen.
Das Handy schrie. Liz fluchte. Sie hatte vergessen, Deborah zu fragen, wie man diesen blöden Klingelton änderte. Sie schaute auf das Display. Deborah. Wenn man an den Teufel dachte …
«Hi, Deb. Du musst mir unbedingt sagen, wie ich diesen verdammten Schrei aus meinem Handy kriege.»
Deborah lachte. «Warum? Passt doch prima zu deinem Job.»
«Sehr witzig.» Liz verdrehte die Augen. «Wie geht es dir? Ist
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