Schwesterlein, komm stirb mit mir
hatte sie die Lage tatsächlich nicht betrachtet.
«Du bist vorläufig festgenommen», sagte Stadler und zog sein Handy aus der Jackentasche. «Zu deiner eigenen Sicherheit.»
«Das darfst du –»
«Und ob ich das darf! Ich kann dich vierundzwanzig Stunden lang festhalten, wenn ich es für richtig halte.»
«Und mit welcher Begründung bitte?» Liz verschränkte die Arme.
«Verdacht auf Manipulation der Ermittlungen. Du hast ungeklärte Beziehungen zu den Opfern und zu dem Verdächtigen und könntest Beweise vernichten.»
«Das ist doch Quatsch!»
Stadler schnitt eine Grimasse.
Liz streckte die Finger nach dem Türgriff aus, doch schneller, als sie reagieren konnte, drückte Stadler sie mit einer Hand in den Sitz, während er mit der anderen nach den Handschellen griff.
«Du spinnst ja wohl!», rief sie aufgebracht.
«Wenn du vernünftig bist, lasse ich dich los.»
Liz begriff plötzlich, warum dieser Mann eine Mordkommission leitete. Stadler war nicht einfach nur ein ungehobelter Weiberheld, der sich nicht immer an die Vorschriften hielt. Er war vor allem ein ebenso guter wie erfahrener Ermittler. Und er hatte einen unbeugsamen Willen.
«Meinetwegen», lenkte sie ein. Alles war besser, als in Handschellen abgeführt zu werden. Stadler würde sich schon wieder beruhigen, wenn seine Wut verraucht war. Bis dahin würde sie die Zerknirschte spielen.
Stadler nahm seine Hand weg und drückte die Kurzwahltaste seines Mobiltelefons. «Birgit? Gibt es etwas Neues? Okay, schade … Aber ich habe was für euch: Ich gebe dir jetzt vier Adressen durch, alles Immobilien von Schneider, die im Augenblick leer stehen. Ich brauche sofort einen Durchsuchungsbeschluss. Das MEK soll die Objekte ausspähen und feststellen, ob sich jemand dort aufhält. Aber niemand geht rein, bevor ich es sage. Schneider ist gefährlich.» Stadler diktierte Birgit Clarenberg vier Adressen in Düsseldorf.
«Und dann brauche ich einen weiteren Durchsuchungsbeschluss», fuhr er fort. «Und zwar für Grundstück und Garage von Herrmann Bootz.» Stadler lauschte kurz, dann antwortete er. «Ja, du hast richtig gehört. Bootz hat das Haus nämlich erst kürzlich von Jan Schneider erworben. Ich vermute, dass Schneider einen Schlüssel behalten und sich in Bootz’ Abwesenheit Zugang verschafft hat. Ich könnte wetten, dass wir den Unfallwagen in der Garage finden. Eine Streife soll hinfahren und in einer Seitenstraße warten. Ich glaube nicht, dass Schneider dort ist, aber die Kollegen sollen sich trotzdem nicht vor dem Haus blicken lassen. Okay? Ich mache mich sofort auf den Weg dorthin. Sobald der Beschluss da ist, sehe ich mir die Garage an.»
Wieder sagte Birgit Clarenberg etwas, das Liz nicht hören konnte.
«Dann mach Druck!», antwortete Stadler gereizt. «Ich will in spätestens einer halben Stunde den Beschluss haben. Ruf Bootz meinetwegen vorher in seinem Ferienhaus an. Wenn er uns die Erlaubnis gibt, umso besser. Und noch etwas: Organisier eine sichere Wohnung für Frau Montario. Mit Bewachung, zwei Kollegen vor dem Haus, einer drinnen.»
Birgit erwiderte etwas, und erneut verstand Liz kein Wort.
«Ja, das weiß ich. Man darf ja mal träumen. Sprich mit Ruth Kröppke von der Wache. Sie schuldet mir noch einen Gefallen.»
Wieder lauschte Stadler, bevor er antwortete. «Ja, sofort. Ich bringe sie nachher selbst hin.» Dann beendete er das Gespräch.
So wollte er sie also kaltstellen! Aber das würde sie nicht mitmachen. «Du willst mich in eine sichere Wohnung abschieben?»
«Schön wär’s, Liz, aber das ist leider gar nicht so einfach. Es bedeutet einen Haufen Papierkram und würde in diesem Fall wohl gar nicht genehmigt werden. Deshalb habe ich die unbürokratische Variante gewählt. Zwei Kolleginnen, die am Niederrhein leben, haben eine kleine Wohnung in Düsseldorf angemietet, wo sie schlafen, wenn sie nach dem Nachtdienst nicht mehr die lange Fahrt auf sich nehmen wollen. Eine der beiden ist mir etwas schuldig und stellt mir die Wohnung für Notfälle zur Verfügung.»
«Aber ich kann nicht gezwungen werden, Polizeischutz anzunehmen.»
«Du hast die Wahl zwischen der Wohnung und einer Zelle», sagte Stadler und drehte den Schlüssel im Zündschloss.
Sonntag, 3. November, 12:14 Uhr
Birgit Clarenberg knallte den Hörer auf die Gabel. «Der Richter will sich in Ruhe die Unterlagen ansehen. Er ruft in einer halben Stunde zurück.»
«Zu blöd, dass Stratmann nicht zu erreichen ist. Bei dem hätten wir die
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