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Schwesterlein muss sterben

Schwesterlein muss sterben

Titel: Schwesterlein muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Wolff
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richtig weh. Schade nur, dass du keine Blutvergiftung gekriegt hast.«
    »Und dann?«, blaffte er zurück. »Wie blöd bist du eigentlich? Dann wärst du doch hier krepiert, du dumme Nuss! Kein Essen, kein Wasser, keiner, der dich um Hilfe jammern hört …«
    Ihre Antwort war nichts als ein desinteressiertes Schulterzucken. Und plötzlich wusste er, was los war. Sie hatte von Anfang an begriffen, dass sie nicht lebend davonkommen würde, aber jetzt fügte sie sich nicht länger in ihr Schicksal. Es war ihr egal, was mit ihr passierte, solange sie nur ihre Rache hätte! Er sollte genauso leiden wie sie, nur darum ging es ihr noch. Er sollte für das bezahlen, was er ihr angetan hatte. Aber noch war sie mit der Kette gefesselt, noch hatte sie keine andere Möglichkeit, als ihn so lange zu provozieren, bis er irgendetwas Unbedachtes tun würde. Und genau das würde ihr nicht gelingen!
    Er beugte sich zu ihr, wobei er darauf bedacht war, außerhalb der Reichweite ihrer Beine zu bleiben.
    »Du stinkst. Ich glaube, du brauchst mal wieder ein ordentliches Bad, und vielleicht stecken wir dich diesmal gleich mit den Klamotten ins Wasser, was meinst du?«
    »Ist noch zu früh«, sagte sie, als würden sie ein ganz normales Gespräch darüber führen, wie sie ihren Campingurlaub verbringen sollten. »Du hast doch Schiss, dass uns einer sieht! Du traust dich doch nur in der Nacht mit mir nach draußen. Und überhaupt habe ich keine Lust mehr auf deine Spiele.«
    Die Bestimmtheit, mit der sie den Satz hervorstieß, ließ ihn irritiert die Augenbrauen unter der Maske zusammenziehen. Gleich darauf schnappte er buchstäblich nach Luft, als sie ihm entgegenschleuderte: »Du bist ja noch nicht mal in derLage, die zu entführen, die du eigentlich haben wolltest! Oder glaubst du etwa, ich wüsste nicht längst, dass es um Julia geht und dass du uns nur verwechselt hast, weil du zu blöd bist?«
    »Was?«
    »Was?«, äffte sie ihn nach, bevor sie ihn erneut anschrie: »Ich habe keine Ahnung, was in deiner kranken Birne vor sich geht, aber ich hatte genug Zeit, um darauf zu kommen, dass du in Wirklichkeit hinter Julia her bist! Du hast ihr vor ihrer Wohnung aufgelauert, aber du konntest nicht wissen, dass ich sie genau an dem Tag besuchen wollte, und du hast noch nicht mal gemerkt, dass es gar nicht Julia war, die du entführt hast. Du hast es erst kapiert, als es schon zu spät war! Ich kann mich genau daran erinnern, wie du mich angestarrt hast, als du das nächste Mal zurückgekommen bist! Als wolltest du es nicht für möglich halten, dass du dich geirrt hast. Aber es ist so, du bist der größte Loser, den ich je getroffen habe! Ein Stück Dreck, sonst gar nichts!«
    Unwillkürlich war er ein Stück zurückgewichen. Als er gegen den Tisch an der Wand stieß, fuhr er herum und suchte nach irgendeinem Werkzeug, einem Fischmesser, einem Stück Rohr, einem rostigen Haken, irgendetwas, womit er ihr wehtun konnte, bis sie endlich aufhören würde, ihn zu beschimpfen. Seine Hand krampfte sich um eine leere Bierflasche. Kaum dass er den Arm hochnahm, ließ ihn ein plötzlicher Schwächeanfall zur Seite stolpern. Die Flasche rutschte ihm aus der Hand und zersplitterte auf dem Boden. Keuchend wollte er sich die Maske vom Gesicht reißen, als ihn ihr spitzer Aufschrei zurückzucken ließ.
    »Nicht! Nimm nicht die Scheiß-Maske ab, bitte! Ich will dein Gesicht nicht sehen, ich will nicht wissen, wie du aussiehst!«
    Er blieb vornübergebeugt stehen, bis er seine Atmung wieder unter Kontrolle hatte.
    »Danke«, sagte die kleine Schlampe leise.
    Er hatte das ungute Gefühl, dass sie mit ihm spielen würde. Dass sie irgendeinen Plan hatte, den er nicht durchschaute.
    »Wie kommst du darauf, dass ich Julia kennen würde?«, fragte er, als würde es noch irgendeine Rolle spielen.
    »Also kennst du sie! Ich wusste es!«
    Ihre Stimme klang triumphierend. Sie war überzeugt, dass sie ihn gerade in die Falle gelockt hatte. Und ihre nächsten Sätze ließen keinen Zweifel daran, dass sie irgendein Ziel verfolgte. Sie holte tief Luft.
    »Hör mir zu. Es ist mir egal, warum du hinter Julia her bist, echt, interessiert mich nicht. Geht mich nichts an, ist deine Sache, du wirst schon irgendeinen Grund dafür haben. Aber was ist los mit dir? Was hast du davon, wenn du mich hier gefangen hältst und Julia einfach so davonkommt?«
    »Sie kommt nicht davon«, rutschte es ihm heraus, obwohl er eigentlich nicht hatte antworten wollen. Aber jetzt war es ohnehin

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