Schwestern der Dunkelheit
»Nun, wie auch immer, jetzt ist es geklärt«, murmelte sie - und in diesem Moment glaubte sie es wirklich. Sie war zu glücklich, um über etwas Schreckliches nachzudenken.
»Ja? Bedeutet das, dass wir endlich miteinander ausgehen können? Ein richtiges Date haben können?«
Er klang so sehnsüchtig, dass Thea lachte. Sie fühlte ich leicht und frei und voller Energie. »Ja. Wir könnten sofort ausgehen. Oder ... wir könnten hineingehen. Ich meine zu dir nach Hause. Ich würde gern deine Schwester und Madame Curie wiedersehen.«
Erik machte ein »Autsch«-Gesicht. »Nun, Madame Curie würde das wahrscheinlich gefallen. Aber Roz ... also, sie hat ihren Prozess verloren. Das Gericht hat befunden, dass die Boy Trekkers eine private Organisation sind. Und jetzt ist mit Rosamund nicht gut Kirschen essen.«
»Ein Grund mehr, warum wir sie besuchen sollten. Armes Kind.«
Erik sah sie fragend an. »Ist das dein Ernst? Du kannst dir jeden Ort in Las Vegas aussuchen, und du würdest gern zu mir nach Hause gehen?«
»Warum nicht?« Thea erwähnte nicht, dass ein menschliches Haus für sie exotischer war als jeder andere Ort in Vegas.
Sie war glücklich.
Es entpuppte sich als ein bescheidenes Holzrahmenhaus, beschattet von einigen waschechten Bäumen, nicht von Palmen. Als sie hineingingen, musste Thea mit einem Anfall von Schüchternheit kämpfen.
»Mom ist noch bei der Arbeit. Und« - Erik schaute auf seine Armbanduhr - »Roz soll bis fünf in ihrem Zimmer bleiben. Stubenarrest. Heute Morgen hat sie ihre Barbiepuppen in die Mikrowelle gesteckt.«
»Das klingt nicht gut für die Mikrowelle.«
Rosamundes Tür war mit selbst gemalten Schildern tapeziert. NICHT EINTRETEN! BLEIB DRAUSSEN, ERIK! ROZ’ REICH. CHAOS CITY. FRAUENPOWER!
Als Erik die Tür öffnete, kam ihm ein Sparschwein in Form eines Stinktiers entgegengeflogen. Er zog den Kopf ein. Das Ding knallte gegen die Wand und ging erstaunlicherweise nicht kaputt.
»Roz ...«
»Ich hasse alle! Und alle hassen mich!« Ein gebundenes Buch kam als Nächstes.
Erik zog schnell die Tür zu. Peng.
»Es hassen dich nicht alle!«, brüllte er.
»Aber ich hasse sie! Geh weg!«
Peng. Peng. Krach.
»Ich denke, wir lassen sie vielleicht besser in Ruhe«, sagte Erik. »Sie ist manchmal etwas launisch. Willst du mein Zimmer sehen?«
Sein Zimmer war schön, befand Thea. Jede Menge Bücher, von denen einige etwas vermodert rochen ... »Ich habe sie aus dem Antiquariat.« Vergleichende Anatomie der Vertebraten. Struktur und Entwicklung des Schweinefötus. Das rote Pony. Die meisten Titel verrieten, dass sie auf die eine oder andere Weise von Tieren handelten.
Und jede Menge Pokale. Baseball-Pokale, Basketball-Pokale, einige Tennis-Pokale ... »Ich musste in den verschiedenen Jahrgangsstufen immer zwischen Baseball und Tennis wechseln.« Seine Sportausrüstung lag verstreut im Raum herum, zusammen mit Büchern und einigen schmutzigen Socken.
Auch nicht anders als das Zimmer eines Teenagers der Nachtwelt. Eben einfach das Zimmer einer Person.
Auf dem Schreibtisch stand das Foto eines Mannes; eines Mannes mit sandfarbenem Haar und einem herrlichen Blitzlichtlächeln, wie Erik es hatte.
»Wer ist das?«
»Mein Dad. Er starb, als Roz noch klein war - ein Flugzeugunglück. Er war Pilot.« Erik sagte es ganz schlicht, aber seine Augen wurden dunkel.
»Auch meine Eltern starben, als ich noch klein war«, erwiderte Thea sanft. »Das Traurige ist, dass ich mich nicht wirklich an sie erinnern kann.«
Erik betrachtete das Foto noch einmal. »Weißt du, ich habe nie darüber nachgedacht, aber ich bin froh, dass ich mich erinnern kann. Wenigstens diese Zeit kann uns keiner mehr nehmen.«
Sie lächelten einander an.
Neben dem Bett stand ein Aquarium, von dem ein angenehmes, leicht perlendes Geräusch ausging. Thea setzte sich daneben und betrachtete die irisierenden blauen Fische, die darin herumschwammen. Sie knipste die Nachttischlampe aus, damit das beleuchtete Aquarium besser zur Geltung kam.
»Gefällt es dir?«
»Mir gefällt alles«, antwortete Thea und sah ihn an. »Alles.«
Erik blinzelte. Er musterte das Bett, auf dem Thea saß, dann nahm er langsam auf seinem Schreibtischstuhl Platz. Er stützte sich lässig mit einem Ellbogen auf dem Tisch ab, und Papiere regneten zu Boden.
»Hoppla.«
Thea unterdrückte ein Lachen. »Ist das die Bewerbung für die U.C. Davis?«
Er schaute
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