Schwestern der Dunkelheit
Zauber und Psychologie, so wunderbar miteinander vermengt, dass selbst Thea die Geschichte ihrer Cousine halb glaubte.
Aber sie musste es trotzdem versuchen. Sie konnte Erik nicht kampflos aufgeben.
Thea schüttelte heftig die Flasche ein letztes Mal, dann nahm sie den Daumen aus der Öffnung. Farblose Flüssigkeit spritzte in die Luft und regnete dann auf Erik nieder. Ein Geysir der Verachtung.
Nur dass eines schiefging. Sobald ihn der mysteriöse Niederschlag traf, drehte Erik sich um, um festzustellen, woher er gekommen war. Und statt Blaise anzusehen, als das Elixier seine Haut durchnässte, sah er Thea an.
Sie starrte entsetzt in seine grün gesprenkelten Augen.
Zweimal. Er war jetzt zweimal verzaubert worden - einmal, um Blaise zu lieben, und einmal, um sie zu hassen.
»Oh, Eileithyia, es ist vorbei ...«
In dieser kritischen Situation reagierte Thea nur noch instinktiv. Sie breitete die Arme aus, um ihn zu retten, um sich selbst zu retten. Sie streckte eine Gedanken aus, so wie sie jemandem eine Hand hinstrecken würde, der über eine Klippe fiel.
Erik.
Eine Verbindung ...
Wie wenn sich ein Stromkreis schließt - das war alles, was notwendig war. Thea spürte eine Welle von ... irgendetwas. Etwas Heißem und Süßem, das magischer war als Blaises Magie. Die Essenz eines Blitzes vielleicht. Die Luft zwischen ihr und Erik war so aufgeladen, dass sie das Gefühl hatte, als würde ihre Haut von Samt berührt werden. Es war, als befände sie sich an einer Kreuzung kosmischer Machtlinien.
Und es war alles in Ordnung. Eriks Gesicht war sein ganz normales Gesicht. Lebendig, wachsam, voller Wärme - für sie. Keine Zombiehuldigung für Blaise.
Thea.
Es kann nicht so einfach sein.
Es kann nicht so einfach sein.
Aber es war so einfach. Sie und Erik sahen einander in der bebenden Luft an, und das Universum war einfach ein einziger großer, singender Kristall.
Wir gehören zusammen.
Ein Brüllen zerriss die stumme Kommunikation. Thea schaute zu dem Unterstand hinüber und sah, dass die sanfte, verletzliche Blaise verschwunden war.
»Ich bin nass«, kreischte sie. »Bist du verrückt? Hast du eine Ahnung, was Wassertropfen mit Seide machen?«
Thea öffnete den Mund, dann schloss sie ihn wieder. Ihr war schwindelig von der Süße der Erleichterung. Sie hatte keine Ahnung, ob Blaise wirklich dachte, das Elixier sei nur Wasser - aber eines war klar. Wie stark auch immer Blaises Zauber gewesen sein mochte - jetzt war er gebrochen. Und Blaise wusste es.
Blaise riss den Reißverschluss hoch und stolzierte davon.
»Sie ist wütend«, stellte Erik fest.
»Nun ...« Thea war immer noch schwindelig. »Ich habe dir ja erzählt, dass sie gern wütend ist.« Sie griff sanft nach Eriks Arm, auch um selbst Halt zu finden. »Lass uns gehen.«
Sie waren nur wenige Schritte gegangen, als Erik sagte: »Gott sei Dank hast du mich mit diesem Wasser bespritzt.«
»Ja.« Selbst wenn das Elixier nicht gewirkt hatte, hatte es zumindest Eriks Konzentration gestört oder Blaise abgelenkt oder irgendetwas. Sie würde versuchen herauszufinden, was genau geschehen war, um einen so mächtigen Zauber zu stören, wie den, den Blaise geschaffen hatte ...
»Ja, denn weißt du, die Sache wurde wirklich peinlich«, fuhr Erik fort. »Ich habe die ganze Zeit darüber nachgedacht, wie ich ihr höflich sagen könnte, dass sie keine Chance habe, aber mir fiel nichts ein. Und gerade als mir klar wurde, dass ich es aussprechen und ihre Gefühle verletzen muss - nun, da hast du uns durchweicht.«
Thea blieb wie angewurzelt stehen. Sie starrte ihn an.
Er meinte es ernst.
»Ich meine - ich weiß, dass ich ihre Gefühle trotzdem verletzt habe, sonst wäre sie nicht so wütend weggegangen. Ähm, bist du jetzt wütend? Thea?«
Sie ging weiter. »Willst du damit sagen, dass du nicht einen einzigen Moment lang mit ihr zusammen sein wolltest? Nicht einmal ein ganz klein wenig?«
Jetzt blieb Erik stehen. »Wie könnte ich mit ihr zusammen sein wollen, wenn ich mit dir zusammen sein will? Das habe dir schon gesagt, bevor diese ganze Sache begann.«
Vielleicht liegt es daran, dass wir Seelengefährten sind. Vielleicht liegt es daran, dass er so halsstarrig ist. Aber was es auch ist, ich sollte es Blaise besser nie erzählen. Sie wird einen vollkommen neuen Grund haben, ihn zu töten, wenn sie herausfindet, dass ihr Zauber einfach von ihm abgeprallt ist.
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