Schwestern der Dunkelheit
Haar ein schwarzer Wasserfall, der um sie herum fiel. Ihre Hände hoben sich bleich um den Kelch ab.
»Leb wohl«, sagte Thea und nahm den Kelch von ihr entgegen.
Blaise lächelte.
Jetzt, sagte Thea sich. Zögere nicht. Denk nicht darüber nach.
Sie hob den Kelch an die Lippen und trank.
Und würgte leicht beim ersten Schluck. Es war - es schmeckte wie ...
Ihr Blick flog zu Blaise.
Blaises Augen waren groß und grau und leuchtend. Sie sahen sie fest an. So fest, dass es eine Warnung war.
Thea trank weiter.
Tee. Verwässerter Eistee. So schmeckte der Kelch der Lethe.
Die Flasche war versiegelt gewesen - sie hatte gar keine Zeit gehabt - da war Wachs am Korken ...
Theas Gedanken rasten. Aber sie war klug genug, das eine zu tun - sie trank viel von dem, was im Kelch war, worum auch immer es sich dabei handelte, sodass nichts übrig bleiben würde, was der Zirkel untersuchen konnte, nachdem Erik getrunken hatte.
Und sie behielt einen leeren Gesichtsausdruck bei, als Blaise ihr den Kelch abnahm und ihn Erik gab.
Erik trank, wirkte leicht überrascht und trank weiter.
»Trink alles aus«, sagte Blaise. Ihr Blick ruhte immer noch auf Thea.
Und das war der Moment, in dem Thea es mit Bestimmtheit wusste.
Du hast es vorher schon getan, als du das erste Mal davon gesprochen hast, den Kelch der Lethe den Jungs zu verabreichen, denen du beim Ehemaligenball ihr Blut abnehmen wolltest. Du hast die Flüssigkeit für den Kelch irgendwo anders hineingegeben und sie versteckt, und stattdessen hast du Tee in die Flasche gefüllt und sie wieder versiegelt. Und jetzt... und jetzt ...
Als Blaise Erik den Kelch abnahm, traf Thea diese Erkenntnis mit einer solchen Wucht, dass sie beinahe hysterisch wurde.
Das wird niemals funktionieren. Sie werden es niemals glauben. Aber ...
Thea griff nach Eriks Hand und bohrte die Fingernägel in sein Fleisch. Sie wagte es nicht, ihm ein Wort zu sagen, wagte es nicht, ihn auch nur anzusehen. Sie konnte ihn nur innerlich beschwören: Sprich nicht, tu nichts, folg einfach meinem Beispiel.
Sie ließ ihr Gesicht so leer werden wie das einer Wachspuppe.
Erik stand einfach nur da. Er wusste nicht, was er erwarten sollte, aber er spürte offensichtlich Theas Fingernägel. Und wieder einmal bewies er, wie klug er war, denn er sagte nichts.
»Wir vertagen uns«, sagte Gran angespannt. »Blaise, bring sie hinaus, solange sie noch verwirrt sind. Danach sollten sie allein nach Hause finden.« Sie drehte sich um, ohne Thea anzusehen.
»Kein Problem«, sagte Blaise.
»Ich werde dich begleiten«, sagte Aradia.
Kapitel 17
Sie gingen nach draußen zu Eriks Jeep. Die Nachtluft war sehr kalt, und es stand kein Mond am Himmel.
Thea hatte ihre Hand auf Eriks Rücken gelegt, bereit, ihn mit sanftem Druck zum Weitergehen zu bewegen, falls er zögerte. Aber er zögerte nicht.
An der Tür des Jeeps sah Thea Blaise an. Sie wagte es nicht, sich etwas anmerken zu lassen. Konnte Aradia sie sehen? Sie wünschte sich verzweifelt, Blaise ein letztes Mal zu umarmen.
»Gibt es ein Fenster im Laden, das auf diese Straße hinausführt?«, fragte Aradia.
Thea sah Blaise an. Blaise verneinte.
»Dann könnt ihr euch verabschieden. Danach werdet ihr so tun müssen, als würdet ihr einander nicht kennen.«
Thea starrte sie an, dann spürte sie, wie ein wildes, ersticktes Kichern in ihr aufstieg. »Jetzt weiß ich, warum du die Jungfer bist«, sagte sie, und ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern. »Aber - weiß es sonst noch jemand?«
»Ich glaube nicht. Einige mögen zweifeln, aber ich denke, sie werden den Mund halten. Sagt einander schnell Lebewohl.«
Thea umarmte Blaise und konnte sich kaum von ihr losreißen. »Danke. Oh, Eileithyia, ich werde dich vermissen, Blaise.«
»Jetzt bin ich die letzte der Harman-Linie«, sagte Blaise mit einem schlechten Versuch zu grinsen. »Und ich werde ein Schlafzimmer für mich allein haben«, fügte sie schon in einem etwas glaubwürdigeren Tonfall hinzu. »Und ich werde es Sheena heimzahlen.«
»Wem?«
»Stimmt, du hast es ja gar nicht mitbekommen. Sie war diejenige, die uns verpetzt hat. Sie ist eine von Tobias’ kleinen Freundinnen, vom Zirkel der Mitternacht. Es scheint, dass er uns nachspioniert hat. Er hat ihr so viel erzählt, dass sie begriffen hat, dass wir verbotene Zauber gewirkt haben, und hat es Gran erzählt.«
»Das spielt jetzt keine Rolle mehr.«
»Machst du Witze? Ich
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