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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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sie ihn zu mir geschickt. Es war einfach Dusel.«
    »Ich hab' gehört, daß viele diesen Job wieder aufgeben. Stimmt das?«
    »Na ja, man könnte schon sagen, in dieser Branche wechselt das Personal ziemlich schnell. Sobald ein neuer Laden aufmacht, versucht jede dort unterzukommen, in der Hoffnung, mehr zu verdienen. Ich bin jetzt ein halbes Jahr hier und sozusagen ein alter Hase.«
    »So so. Na, da Tanikawa gewissermaßen noch älter ist als Sie, kommt er wahrscheinlich schon einige Zeit hierher. Seit wann eigentlich?«
    »Noch gar nicht sehr lange, soviel er sagt. Angeblich war er nur ein einziges Mal hier, bevor ich anfing, und das war bloß zwei Tage vorher. Er sagt, er ist zurückgekommen, um dasselbe Mädchen wiederzusehen, aber da war sie schon weg, und er kam zu mir. Aber Männer tischen einem ja alle möglichen Geschichten auf, also verlassen Sie sich besser nicht darauf.«
    »Und wann haben Sie hier angefangen?«
    Die Frau wurde plötzlich wieder vorsichtig. Ihr fröhliches Geschnatter verwandelte sich in Mißtrauen. »Sie wollen irgendwas aus mir rauskriegen, hab' ich recht? Sind Sie vielleicht von der Polizei?«
    »Sehe ich etwa wie ein Polizist aus? Nein, ich hab vor kurzem angefangen, mich mit Hellsehen zu beschäftigen«, improvisierte er schnell, »und das Thema meines augenblicklichen Spezialgebiets ist, ob es vielleicht einen Zusammenhang zwischen dem Geburtstag und der Arbeit eines Menschen gibt.«
    »Erzählen Sie mir doch keine Märchen! Aber wenn Sie's unbedingt wissen wollen, mein Geburtstag ist der 6. Februar. Und wann ich hier angefangen hab? Das haben wir gleich.« Damit holte sie ihre Handtasche aus dem Spind und zog einen Taschenkalender heraus.
    »Am 21. Dezember. Nur, großer Gott, nicht einen einzigen Yen Trinkgeld hab' ich damals bekommen, wie ich gerade sehe.«
    »Am 21. Dezember? Dann ist es ein halbes Jahr her.«
    »Jawohl. Sieben Monate und nicht einen freien Tag. Ab und an kommt mir auch der Gedanke, aus dem Geschäft auszusteigen«, fügte sie hinzu, und Shinji bemerkte einen Anflug von Verzweiflung in ihren Augen. »Aber dann werfe ich einen Blick auf meine Kontoauszüge«, fuhr sie fort, »und komme sofort wieder zu mir, wenn ich sehe, wie das Geld jeden Tag mehr wird. Wenn ich mein Ziel erreicht habe, mach' ich Schluß und stell' irgendwo was Eigenes auf die Beine.«
    Er blickte auf ihre rundlichen Hände. Da stand sie vor ihm, die unschuldige Komplizin männlicher Begierden. Diese rundlichen Hände...
    Und dann traf es ihn wie ein Schlag.
    Wenn ihre Angabe stimmte und Seiji Tanikawa sie nicht belogen hatte, dann hatte er das Türkische Bad zum erstenmal am 19. Dezember aufgesucht. Haargenau an dem Tag, als Fusako Aikawa ermordet worden war!
    »Ich muß weg! « erklärte er hastig. »Mir ist gerade was furchtbar Wichtiges eingefallen! Tut mir leid!«
    »Und Ihre Massage?«
    »Ein andermal.« Er gab ihr ein überreichliches Trinkgeld und machte sich auf und davon.
    Mit viel Glück erwischte er Seiji Tanikawa vielleicht noch in einem der benachbarten Restaurants.

4
    Er stöberte ihn in einem schmutzigen Café auf, in dem gegrillte Hähnchen und Bier serviert wurden. Es lag in einem engen Sträßchen voller ähnlicher Lokale, das zur Hinterseite des Bahnhofs führte. Das Café wurde im Detekteibericht nicht erwähnt, und Shinji hatte wirklich unglaubliches Glück, Tanikawa dort zu entdecken, in seinem schwarzen Rollkragenpullover über die Theke gebeugt, den Blick auf die Straße gerichtet. Er schob gerade einen Spieß in seinen Mund, die Soße tropfte an seinem Kinn hinunter. Tanikawa hob nicht einmal den Kopf, als Shinji hereinkam und sich neben ihn setzte. Er war völlig in sein Bier und Hähnchen vertieft, und wenn gerade einmal nicht, starrte er einfach nur in die Ferne.
    »Hallo, Herr Tanikawa«, sagte Shinji. Der Mann fuhr zusammen
    und verschüttete einige kostbare Tropfen Bier.
    »Schön, Sie hier zu treffen!« fuhr Shinji unbeirrt fort.
    »Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    Shinji antwortete nicht. Mit einem obskuren Lächeln sah er Tanikawa in die Augen und fragte: »Was machen denn die Filme so?« Er wußte plötzlich, wie sich ein Erpresser fühlen mußte, denn das Gesicht seines Opfers verdüsterte sich sofort bei diesen Worten.
    »Wer, zum Teufel, sind Sie?« zischte Tanikawa nach längerer Pause noch einmal.
    Die Anspielung auf die Filme hatte anscheinend ihren Zweck erfüllt. Shinji zog die Pressekarte aus der Tasche und legte sie auf die Theke.
    »Ein

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