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Schwestern der Nacht

Schwestern der Nacht

Titel: Schwestern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masako Togawa
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Zeitungsfritze, hä? Was wollen Sie denn von mir? Und was meinen Sie mit >Filmen    »Och, ich denke da an nichts Spezielles. Ich hab' nur gehört, daß Sie in der Filmentwicklungsbranche arbeiten, das ist alles. Zur Zeit forsche ich nämlich nach Blutspendern. Sie haben doch letztes Jahr bei der Kampagne zur Beschaffung rh-negativen Bluts mitgemacht, oder nicht? Sie erinnern sich vielleicht nicht mehr an mich, aber ich war damals dabei.«
    Es war ein Schuß ins Dunkel, schien aber getroffen zu haben. Nach und nach wandelte sich das Mißtrauen auf Tanikawas Gesicht in Erleichterung. Dieser Reporter war wenigstens nicht hinter seinen Pornofilmen her.
    »Kann schon sein, ich erinnere mich wirklich nicht mehr.« »Haben Sie seitdem noch mal Blut gespendet?«
    »Nein, nie mehr.«
    »Das ist ja komisch. Die Blutbank hat sich gar nicht bei Ihnen gemeldet? Mir haben sie dort nämlich erzählt, Sie hätten Mitte Januar gespendet.«
    »Das war ich nicht, muß eine Verwechslung sein.« Sein Gesicht war vollkommen ausdruckslos; er sah nicht so aus, als würde er lügen.
    »Na, das tut mir leid. Ist sicher unser Fehler gewesen.« Er hatte eine Niete gezogen. Vielleicht gab es in dem Teich doch keine Fische, oder er hatte keinen Köder an der Angel oder nicht mal einen Haken. Er stand auf und wollte gehen.
    »He, Sie wollen doch nicht etwa schon gehen? Bleiben Sie noch ein bißchen und trinken Sie einen mit.«
    Sinji sah auf ihn hinunter. Tanikawas Sprache war schleppend, seine Augen gerötet; der Alkohol begann zu wirken. Was für ein Langweiler! Aber er hatte es schließlich nicht eilig und konnte genauso gut noch eine Weile hierbleiben. Die rundlichen weißen Hände der Masseuse tauchten wieder vor ihm auf; er sollte lieber etwas trinken und sie vergessen.
    »O.K., ich bleib hier und schließ mich Ihnen an.« Er setzte sich wieder hin.
    »Die Runde geht auf mich«, verkündete Tanikawa großmütig und bestellte mit lauter Stimme zwei Bier. T
    »Sind Sie oft hier?« erkundigte sich Shinji, mehr um Konversation zu machen als alles andere.
    »Eigentlich nicht. Ich geh' regelmäßig in ein Türkisches Bad ein Stück weiter die Straße runter.«
    »Klingt vielversprechend. Sind die Mädchen da hübsch?«
    Tanikawa antwortete nicht sofort. Er hielt sich den Bierkrug vor die Augen und stierte in die bernsteinfarbene Flüssigkeit. Dann, den Blick nachdenklich auf die aufsteigenden Blasen gerichtet, sagte er mit einem Anflug von Selbstverachtung:
    »Ich geh' dort alle drei Tage zu einem Mädchen Namens Yasue — bringt mir verdammt wenig. Hat kein bißchen was mit Liebe oder sonst was zu tun, ist nichts anderes als'n Geschäft. Wissen Sie, mit Geld kann man einfach alles kaufen. Ich weiß das auch, aber irgendwie bring' ich es nicht mehr fertig, mich am Riemen zu reißen. Ich glaub', ich hab Angst aufzuhören; so wie's jetzt läuft, hat mein Leben wenigstens irgendein Muster. Ich bin einfach ein verdammter Idiot!«
    Er war den Tränen nahe. Nach einem kräftigen Schluck Bier fuhr er fort: »Und das Ganze hat mit einer Frau angefangen — sie ist an allem schuld. Können Sie das verstehen? Verflucht noch mal! Wie zynisch, wie grotesk ist doch das Leben! Sehen Sie, ich bin nie auch nur in die Nähe eines solchen Ladens gekommen, nicht bis Ende letzten Jahres. Und da gibt es ein Datum, das ich niemals vergessen werde, den 17. Dezember. Ich hatte an dem Tag frei und ging nach Kabuki-Cho in Shinjuku, um mir einen Film anzusehen, und hinterher in eine billige Bar. Da hab' ich die Frau dann getroffen; sie hat sich neben mich gesetzt und mich angesprochen...« Sein Kopf sackte plötzlich nach vorn und schubste sein Bierglas um, dessen Inhalt sich in den Aschenbecher ergoß; dann fiel es klirrend zu Boden und zerbrach. Das verschüttete Bier bildete ein Pfütze auf der Theke, von der es heruntertropfte.
    »Kommen Sie, ich bring Sie woanders hin«, sagte Shinji hastig. Er griff dem Betrunkenen unter die Arme, zahlte und verließ das Café; seine Beine drohten unter der leblosen Last nachzugeben.
    Er stolperte die Straße entlang, Tanikawa im Arm, der ihm keinerlei Hilfe war und nur ab und zu vor sich hin brummte: »Dieses Weibsstück war's, dieses Weib...« Mehr war nicht zu verstehen.
    Shinji hielt ein Taxi an, beförderte Tanikawa auf die Rückbank und setzte sich neben ihn. »Mitaka!« sagte er zum Fahrer; Tanikawa machte sich breit, so daß sein nach Pomade stinkender Kopf dicht unter Shinjis Nase

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