Schwestern der Nacht
war der Anblick des Leberflecks neben ihrer Nase, der mich den Entschluß fassen ließ, gegen meinen Mann zu intrigieren. Ein solcher Makel zieht die Blicke auf sich, auch wenn einem die behaftete Person leid tut. In ihren Worten lag unverhohlene Wut; ihre Augen funkelten mich an.
»Meine Schwester hat sich einfach wie ein unerfahrenes, dummes Ding benommen. . . Aber der Kerl, der für ihr Ende verantwortlich ist, war nicht dumm und und unerfahren, und ich werd' ihm nie verzeihen, nie, nie, nie!«
Wie ich sie in diesem Augenblick beneidete; sie hatte ein eindeutiges Motiv, sich an meinem Mann zu rächen. In mir entstand der Wunsch, in ihre Haut zu schlüpfen, um ebenfalls Rache nehmen zu können.
Ich hatte mir ein paar Karten drucken lassen, die mich als Reporterin einer Frauenzeitschrift auswiesen. Sie war eine schlichte und unkomplizierte Frau, so daß es mir leichtfiel, sie zu täuschen. Ich bot ihr Geld für die Erlaubnis, einen Artikel über den Tod ihrer Schwester schreiben zu dürfen, und redete ihr ein, daß sie den Übeltäter mit meiner Hilfe zur Rechenschaft ziehen könnte.
»Glauben Sie wirklich, das würden wir schaffen?« Ich zweifelte keine Sekunde daran, weil ihr Haß auf meinen Mann so ungeheuer war. Zu guter Letzt nahm sie mein Angebot an. Natürlich machte ich ihr klar, daß sie den Mund über diese ganze Geschichte halten müsse, da ich ansonsten große Schwierigkeiten mit meiner Zeitung kriegen würde — vor allem, wenn ein anderes Blatt Wind von unserem Projekt bekäme.
Ich nahm das Tagebuch ihrer Schwester als Leitfaden und schlug ihr vor, sie solle in die Boi Bar gehen und den Mann aufstöbern, der mit ihrer Schwester gesungen hatte. Alles klappte wie am Schnürchen; es war schon fast zu einfach. Sie vertraute mir völlig und tat genau, was ich sagte. Alles, was sie herausbekam, schrieb sie auf und gab es an mich weiter.
Ich war allerdings immer noch nicht zufrieden. Je größer unser Erfolg war, desto ärgerlicher wurde ich seltsamerweise. Ich wurde langsam eifersüchtig auf diese Frau; in gewisser Weise schienen diese Aktivitäten eine Beziehung zwischen ihr und meinem Mann zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt war mein Denken freilich nicht mehr normal. Eifersucht ist eine machtvolle Leidenschaft. Und mein Bedürfnis nach Sex ist unheimlich stark.
So begann ich mir nach und nach zu wünschen, ich wäre Tsuneko Obana und könnte an dem Rachefeldzug gegen meinen Mann leibhaftig teilnehmen.
Und der Samen — ha, das war wirklich eine gute Idee, glaube ich. Man kann natürlich einwenden, daß er das Belastungsmaterial nur ergänzte, aber falls es meinem Mann durch irgendeinen Zufall doch noch gelingen sollte, sich reinzuwaschen, würde der Verdacht wenigstens weder auf mich noch auf Tsuneko Obana gelenkt werden — denn wie sollte eine Frau Samen hervorbringen?
Nachdem ich angefangen hatte, mir den Samen bei diesen Männern zu beschaffen, bekam das eine immer zentralere Bedeutung für mich. Frauen sind schließlich von der Natur dafür geschaffen, Samen von Männern zu empfangen ... und mein Mann wollte mir keinen geben. Es war also nichts anderes als eine Art poetische Gerechtigkeit. .. Ich bestrafte meinen Mann dafür, daß er mir den Samen nicht gab, der jeder Frau zusteht...
Wollte ich ihn wirklich nur bestrafen — sonst nichts? Vielleicht war das nur ein Vorwand, um Samen sammeln zu können.
Dann das Blut! Blut von derselben Blutgruppe wie der meines Mannes unter den Fingernägeln meiner Opfer zurückzulassen — genial!
Mein Drang wurde immer stärker — genau wie die Eifersucht auf Tsuneko Obana. Ich dirigierte sie, lenkte sie wie eine Marionette; sie tat alles, was ich wollte, aber selbst das reichte mir nicht. Ich schickte sie zur A. M. U., um die Blutgruppe herauszufinden, die ich natürlich längst kannte. Ich brachte sie dazu, mit verstellter Stimme im Hotel Toyo anzurufen. Arme Kröte; sie dachte wirklich, sie würde umwerfende Entdeckungen machen! Und für den Fall, daß uns irgendwer auf die Spur kommen sollte, würde man nur die Frau mit dem Leberfleck jagen.
Sie hatte ihren Zweck erfüllt. Ich mußte das Gesetz jetzt selbst in die Hand nehmen, wobei sie mir im Weg sein konnte. Sie wußte zuviel. Ich schlug ihr also vor, aus ihrer Wohnung auszuziehen und unter dem Namen ihrer Schwester eine neue zu mieten. Sie mußte für immer verschwinden; ich mußte Tsuneko Obana werden, dann hatte ich endlich das beste Motiv, mich an meinem Mann zu rächen.
Ich nehme an, Dr. John
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