Schwestern der Nacht
habe? Das weiß ich bis heute nicht.
Wäre er bloß zehn Minuten früher gekommen! Oder zehn Minuten später, dann hätte ich mich besser in der Gewalt gehabt und ihn vielleicht ansprechen können; wir hätten dann Belanglosigkeiten ausgetauscht, eine Tasse Tee miteinander getrunken und uns wieder voneinander verabschiedet.
Trotzdem ist mir klar, daß es keinen Sinn hat, sich gegen das Schicksal aufzulehnen. Und es war mein Schicksal, zu diesem Zeitpunkt dort aufzutauchen, die Scheinwerfer abzuschalten und in einer Position zu warten, in der ich den Hoteleingang im Blickfeld hatte, als er zurückkam.
Ich blieb mit hochgeschlagenem Mantelkragen im Wagen sitzen und rieb meine Füße gegeneinander, um sie warm zu halten. Wenn man zu dieser Tageszeit ins Grübeln kommt, fällt man in eine Art Trance.
Schließlich stieg die Sonne am Horizont hoch; ein erster Motor heulte auf dem Parkplatz auf und pustete dicke weiße Abgaswolken in die eisige Luft. Endlich war ich wieder in der Lage, mich zu bewegen, und fuhr schnurstracks zurück nach Osaka, ohne auch nur ein einziges Mal eine Pause einzulegen.
Am Wochenende darauf kam mein Mann wie üblich nach Hause. Ich empfing ihn, als ob nichts geschehen wäre, und wir verbrachten ein ganz normales Wochenende miteinander. Ich machte nicht den geringsten Versuch, ihn auszufragen oder zu einem Bekenntnis zu zwingen.
In den folgenden zwei Wochen verschloß ich mich vor dem, was ich gesehen hatte, und vertiefte mich ganz in meine Malerei. Selbst wenn ein Mann eine Geliebte hatte, dachte ich, war es meine Pflicht, ihm zu verzeihen. Trotzdem konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und fuhr nochmals zwei Wochen später wieder nach Tokio.
Diesmal kam ich gegen Mittag in Yokohama an und stellte meinen Wagen vor einem Hotel an der Küste ab, in dem gewöhnlich viele Ausländer absteigen. Dort mietete ich mir einen unverdächtigen Wagen; entgegen aller Vernunft hatte ich beschlossen, meinen Mann zu bespitzeln.
Worte sind viel zu dürftig, um das grenzenlose Gefühl der Demütigung und Verzweiflung zu beschreiben, das sich meiner bemächtigte, als ich das >Jäger-Logbuch< im Schlupfwinkel meines Mannes in Yotsuya entdeckte.
Ich wünschte, ich hätte den Schlüssel zu dieser Wohnung niemals in seiner Jackentasche gefunden! Ich wünschte, ich hätte meiner Haushälterin nicht aufgetragen, einen Ersatzschlüssel anfertigen zu lassen. Ich wünschte, ich wäre ihm nicht dorthin gefolgt...
Es wäre viel, viel besser für mich gewesen, nichts davon zu erfahren.
Es waren nicht die vielen verschiedenen Frauen, die mir das Gefühl gaben, meinem Mann nun nicht mehr verzeihen zu können. All seine Opfer waren mir im Grunde ziemlich egal. Ich konnte ihm nicht vergeben, weil er mich als sein erstes Opfer festgehalten hatte... Und ich konnte ihm nicht verzeihen, daß er gar keine Angst davor hatte, all die anderen Frauen zu schwängern.
Dies war seine Darstellung dessen, was für mich eine himmlische Nacht gewesen war — unsere erste Liebesnacht in den Sommerferien:
Wir waren ziemlich im Wagen eingepfercht, aber ich genoß die ungewöhnliche Stellung, die unserem Liebesspiel dadurch aufgezwungen wurde. Ihr Höschen abgestreift, ihre Bluse hochgeschoben, ein Bein auf der Rückenlehne des Vordersitzes. Der Zugang zu ihrem Körper wurde dadurch recht eingeengt, was ich als zusätzlichen Genuß empfand.
Tolle Brüste; sie schob ihren Pulli hoch, und ich machte mir nicht die Mühe, ihren BH aufzuhaken, sondern schob ihn einfach runter (obwohl sie ihn kurz darauf selbst auszog) und konnte die beiden Halbkugeln deutlich im Mondschein sehen, während ich sie bearbeitete. Später drehte sie sich um und bat mich, sie von hinten zu nehmen, was ich mir nicht zweimal sagen ließ. Hat mich auch mit dem Mund bedient.
Hatte meine gesamten Ersparnisse in den alten Chevrolet gesteckt; dieses Erlebnis macht die Investition voll bezahlt.
Ganz scharf aufs Vorspiel und eindeutig keine Jungfrau mehr.
So sah er also unsere zärtliche und romantische erste Begegnung? Und was sollte das eigentlich heißen, >keine Jungfrau mehr Ich in vor ihm mit keinem einzigen Mann zusammengewesen.
Wenige Monate später las ich von dem Selbstmord der Schreibkraft, die als Opfer in seinem Tagebuch aufgeführt war.
Ich stattete ihrer Schwester, Tsuneko Obana, in ihrer Wohnung in Omori einen Besuch ab. Ich wollte mich nämlich vergewissern, daß mein Verdacht richtig war, was den Grund des Selbstmordes betraf.
Ich glaube, es
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