Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13
still zu sein. Chases Augen weiteten sich, und er wich einen Schritt zurück, doch Smoky legte dem Detective eine Hand auf die Schulter, und er blieb stehen.
Ich blickte Smoky in die Augen, und sein Mundwinkel zuckte. Er sagte nichts, spitzte aber die Lippen und warf mir einen völlig respektlosen Kuss zu. Ein Halo reiner Energie umgab ihn. Nebel wallte vom Saum seines Trenchcoats auf, und in diesem Nebel konnte ich die Drachenenergie sehen, die sich rankte und wand und nur auf mich wartete.
Mein Blick glitt weiter, von Smoky über Morio zu meinen Schwestern, und ich sah bei jedem von ihnen, wie ihre Seelenkräfte ihre körperliche Gestalt einhüllten. Und ich erkannte, dass ich sie alle liebte. Jeden auf andere Art, aber ich liebte sogar Chase, der von einer kleinen, rosigen Aura umgeben war; sie sagte mir, dass er irgendeine besondere Kraft besaß, von der er selbst noch nichts wusste. Menschlich, ja, und doch - er war schlafendes Potenzial.
»Bist du bereit?«, fragte Titania.
Ich wandte mich wieder der Feenkönigin a.D. zu. »Lasst mich das Horn vorbereiten.«
Sie nickte.
Ich tastete in meinem Umhang nach dem Horn des Schwarzen Einhorns, und als ich es berührte, flammten plötzlich Angst und Schmerz in mir auf. Feddrah-Dahns! Ich fuhr zu den anderen herum. »Feddrah-Dahns ist da draußen, und er steckt in Schwierigkeiten. Geht und helft ihm, schnell! Ich muss hierbleiben, aber sucht nach ihm, bitte. Die Dämonen sind in der Nähe.«
Smoky ging mit wehendem weißem Trenchcoat voran, gefolgt von Menolly und Delilah. Morio warf mir einen Blick zu, hin- und hergerissen, und sagte dann zu Chase: »Du bleibst hier. Gegen die Dämonen und die Irrlichter da draußen im Dunkeln hast du keine Chance.«
»Er hat recht, Chase«, sagte ich. »Bleib, wo du bist, und halte dich bereit, falls jemand die Höhle zu stürmen versucht.«
Chase stieß einen tiefen Seufzer aus, nickte mir aber zu, während er den anderen nachsah, die in die Nacht hinausrannten. Er zückte sein Nunchaku und postierte sich kampfbereit am Eingang.
Ich ergriff das Horn. Uns blieb nicht mehr viel Zeit. Keine Zeit mehr zum Abwägen, für Sorgen oder Zweifel. Als meine Hand den Kristallstab umschloss, versetzte ich mich in sein Innerstes und suchte den Raum mit den Spiegeln. Eine Sekunde, zwei...
und ich stand in der Mitte, und alle vier Elementare warteten schon auf mich. Auch Eriskel war da und beobachtete mich aufmerksam.
»Ich brauche euch alle vier. Ihr müsst mir helfen und meine Kraft verstärken«, sagte ich. »Ich werde gleich einen unglaublich starken und uralten Zauber brechen, den Elementarfürsten gewirkt haben. Ich brauche die Macht, die Banne und Barrieren zu durchbrechen.«
Sie verneigten sich wortlos, und ich spürte, wie ihre Energie durch mich hindurchströmte. Es fühlte sich ungefähr so an, als wäre ich an vier verschiedene Steckdosen gleichzeitig angeschlossen.
Ich versetzte mich wieder aus dem Horn zurück in meinen Körper, und zu meiner Überraschung verdichteten nun zahlreiche farbige Perlen das Netz aus Energie, das mich mit Morgana und Titania verband. Erdmana, Wasserenergie, die Kraft der Luft, die Lanzen des Feuers - all diese Energie strömte direkt in mich hinein.
Stumm reichte Titania mir das Schwert. Ich starrte auf das Geistsiegel hinab.
Der Amethyst war in einen Anhänger gefasst, der wiederum an dem Heft befestigt war, und das Licht tanzte und glitzerte in dem Edelstein wie an einer durchtrennten Stromleitung. Das Siegel war lebendig, es wusste, dass ich hier war, und es war bereit zum Einsatz. Eine Sekunde lang war ich versucht, seine Kraft anzuzapfen und das Siegel meinem eigenen Willen zu unterwerfen, es mir ganz anzueignen. Dann siegte die Vernunft, und ich wandte meine Aufmerksamkeit der Kristallsäule zu, in der Aeval so viele Jahrtausende lang eingesperrt gewesen war.
Ich hob das Schwert und konzentrierte mich auf das kristallene Grab. Ein Schwung, und es krachte. »Erwache!«
Ein lautes Summen erfüllte die Luft. Ich holte aus und schlug noch einmal zu.
»Zerspringe!« Wieder prallten Silber und Stahl auf Kristall, und die Höhle begann zu beben, als ein lautes Klirren die Luft zerriss.
»Aller guten Dinge sind drei!« Wieder ließ ich das Schwert gegen den Kristall sausen.
Eine kurze Pause entstand, ein Augenblick gedämpfter Stille, und dann zersprang der Kristall. Quarzsplitter schössen durch die Gegend wie aus einem Maschinengewehr abgefeuert. Ich sah gebannt zu, wie sich ein Riss
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