Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13
rückte seine Weste zurecht. »Krieg dich wieder ein. Du bist nicht verletzt. Sonst würdest du dich nicht so aufführen.« Auf mein Knurren hin hob er beide Hände und wich zurück. »Schon gut, schon gut! Ich bin ein Dschindasel.«
Ich blinzelte. Das war ja ganz was Neues. »Ein bitte was?«
»Ein Dschindasel. Wir sind nicht sonderlich bekannt. In gewisser Weise hattest du recht. Wir ähneln den Dschinn, sind jedoch aus dem Geist einer anderen Kreatur geschaffen - üblicherweise einer sehr mächtigen -, um als Wächter zu dienen. Und das Objekt, das wir bewachen sollen, war in den meisten Fällen zuvor ein Körperteil unserer Ursprungskreatur. Das kann eine abgetrennte Hand sein, ein Arm oder - wie in diesem Fall - das Horn des Schwarzen Einhorns.« Während er endlich Luft holte, dachte ich darüber nach. »Mein Name ist Eriskel.«
Unsicher, was ich sagen sollte, räusperte ich mich erst einmal. »Ein Dschindasel namens Eriskel. Wie ... poetisch.« Dann ging mir etwas auf - wenn er aus dem Geist des Schwarzen Tiers erschaffen worden war ... »Du bist also ein Ableger aus dem Geist des Schwarzen Einhorns? Teilst du auch die Gedanken deines Schöpfers?«
»Nicht direkt.« Eriskel sah mich neugierig an. »So hat mich noch nie jemand nach meiner Existenz gefragt. Vielleicht hilft es dir, mich als eine Art mindere Inkarnation des Schwarzen Einhorns zu sehen. Es gab mir ein eigenes Bewusstsein. Ich lebe zwar, um ihm zu dienen und zu gehorchen, doch es gesteht mir eine gewisse Unabhängigkeit zu.«
Mir schoss ein Gedanke durch den Kopf. Die Affenpfote ... Die Hand... wurden auch sie von solchen Geschöpfen bewacht? Grauenhafte Geschichten, und - so hatte ich bisher geglaubt -nur erfunden. Aber jetzt zweifelte ich daran. Basierten diese Geschichten vielleicht auf altem Wissen über die Dschindasel? Und das Schwarze Einhorn, war er nun Freund oder Feind?
»Erscheinst du immer in dieser Gestalt?«
»Nur, wenn du mich herbeirufst.« Eriskel schüttelte den Kopf. »Nun, da du meinen Namen kennst, kannst du mich aus dem Horn herbeirufen. Wenn du seine Macht missbrauchst, werde ich dich vernichten. Wenn du das Horn weitergibst, werde ich denjenigen prüfen, dem du es gegeben hast. Doch sei gewarnt - dieses Artefakt hat Grenzen. Seine Kraft ist nicht unendlich, und es muss sich jeden Monat zum dunklen Mond wieder aufladen, um seine Macht zu bewahren. Wenn du es zu oft benutzt, wird das Horn dich im Stich lassen.«
»Dann hättest du also den Grottenschrat und den Goblin vernichtet, die es gestohlen haben, ja?« Das wäre ein hübscher Schock für die beiden gewesen. Wenn sie versucht hätten, das Horn selbst zu behalten und zu benutzen, wäre ihr Diebstahl ziemlich vergeblich gewesen.
»Ja, sofern ihre Macht nicht größer ist als die meine. Ich bin jedoch nicht unbesiegbar.
Jeder Höhere Dämon - und sogar ein paar niedere - würde mir einen heftigen Kampf liefern.«
Ich starrte den spitz zulaufenden Stab an, der kühl in meiner Hand lag. »Was kann ich hiermit gegen die Dämonen unternehmen?«
Eriskel lächelte geheimnisvoll. »Viel ... aber was genau, musst du selbst herausfinden.
Alle Antworten kann ich dir nicht geben, weil ich einige selbst nicht kenne. Andere enthalten Wissen, das zu hüten ich geschworen habe. Nur jene, die der Macht des Horns wahrhaft würdig sind, werden einen Weg finden, es einzusetzen. Oder es durch Folter zwingen, ihnen den Weg zu verraten.«
Unsere Blicke trafen sich, und ich verstand, dass er damit eigentlich sagen wollte: »mich durch Folter zwingen«. Eriskel wäre den dunklen Mächten ausgeliefert, denen wir gegenübertraten. Wenn ich das Horn an die Dämonen verlor, würden sie ihn wahrscheinlich zerstören, um die Kontrolle über das Horn zu erlangen. Was bedeutete, dass ich wirklich sehr, sehr gut darauf aufpassen musste. Ich trug die Verantwortung für ein weiteres Leben - wieder einmal.
Ich hielt das Kästchen hoch. »Sollte ich es hier drin aufbewahren?«
Er schüttelte den Kopf. »Nur wenn du es zum Aufladen unter den dunklen Mond legst. Unter dem Samttuch in dem Kästchen wirst du ein spezielles Futteral finden, das am Gürtel getragen werden kann. Und da ist noch etwas.«
Er hielt inne und streckte die Hand aus, als greife er nach etwas. In seiner Hand erschien ein Umhang, schwarz und samtweich. Er schimmerte satt im ätherischen Sonnenlicht, das von überallher auf diese Wiese schien. »Trage diesen Umhang. Er wird dir einen gewissen Schutz bieten, aber verlasse dich
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