Schwestern des Mondes 06 - Vampirliebe-09.06.13
wir hatten keine Zeit, lange zu warten. Die Auffahrt war leer bis auf einen fetten Lieferwagen. Die Jungs waren ausgegangen, oder sie beschworen gerade einen weiteren dämonischen Spielkameraden, aber es konnte auch sein, dass sie vor ihren Computern hockten und War World oder sonst ein Online-Spiel spielten.
Anscheinend hatten sie nicht gemerkt, dass wir ihr unterirdisches Labyrinth infiltriert hatten, denn der Eingang sah genauso aus wie in der Nacht zuvor. Wieder knackte Delilah das Vorhängeschloss, und ich übernahm die Führung. Ich bedeutete Roz, mir zu folgen, danach Delilah, Camille, Morio und zuletzt als Rückendeckung - Vanzir.
Wir stiegen die Leiter hinab, folgten dem Tunnel, schlichen uns lautlos den gleichen, spärlich beleuchteten Weg entlang. Es war still, bis auf das ferne Summen an- und abschwellender Stimmen und die Geräusche kleiner Geschöpfe, die im Dunkeln herumhuschten - Ratten und Kakerlaken und Mäuse. Ein bestimmtes Gefühl lag in der Luft, das nur jene von uns ganz begreifen konnten, die ausschließlich bei Nacht lebten. Ein Gefühl der Kameradschaft.
Wir waren die stillen Partner der Welt, die heimlich umherschlichen und deren Schritte stets vom Nebel des Verborgenen verschleiert wurden. Die bei Tage lebten, waren laut, ihre Taten im Licht deutlich sichtbar. Leider lebten im Schutz der Nacht nicht nur mythische Geschöpfe, sondern auch der Abschaum: die Serienmörder und Vergewaltiger und andere, deren Spezialität es war, ihren Opfern feige in den Rücken zu schießen.
Wir schafften es bis zur Tür zu der unterirdischen Anlage. Ich hielt den Zeigefinger an die Lippen, damit die anderen aufhörten, so nervös herumzuzappeln. Dann presste ich das Ohr an die Tür und lauschte. Erst hörte ich nur den flachen Atem der anderen hinter mir, doch als ich mich konzentrierte, trat er in den Hintergrund. Die Ratten und Kakerlaken hörte ich noch, doch auch diese Geräusche verschwanden, als ich meine Aufmerksamkeit noch stärker fokussierte.
Und da vernahm ich es. Wieder dieser summende Gesang aus großer Ferne. Nur klang er diesmal noch tiefer, konzentrierter. Ich wollte von Camille hören, ob sie irgendwelche magischen Energien darin spürte, aber dazu würden wir erst den Komplex betreten müssen. Wieder lauschte ich nach irgendeinem Hinweis darauf, dass jemand auf der anderen Seite der Tür lauerte, konnte aber nichts wahrnehmen.
Ich bedeutete den anderen, ein paar Schritte zurückzutreten, und berichtete ihnen in leisem Flüsterton, was ich gehört hatte. »Wir gehen zu dem Raum, in dem Delilah und ich die Leichen gefunden haben. Da können wir uns verstecken ... «
»Vergiss nicht, dass ich einen Unsichtbarkeitszauber habe«, sagte Morio. »Narrensicher ist er nicht, und er verbirgt weder Geräusche noch Gerüche, aber zwei von uns könnten ihn benutzen, um vorauszugehen und den Flur auszuspähen. «
»Sehr gute Idee.« Ich ertappte mich dabei, dass ich ihm vor Erleichterung auf die Schulter klopfte. Zumindest hatten wir einen Anschein von einem Plan. Offenbar bestand unsere Standardmethode immer noch darin, reinzustürmen, den Feind niederzuknüppeln und zu hoffen, dass wir selbst dabei nicht verletzt wurden. Andere lernten vielleicht, geschickter vorzugehen, was die Rettung der Welt und so weiter anging, aber ich hatte das Gefühl, dass wir auf ewig die Drei Stooges bleiben würden, begleitet von einem Trüppchen Supermänner.
Vorsichtig öffnete ich die Tür und spähte in den Gang dahinter. Niemand da, aber der Gesang hallte durch den leeren Flur und bildete eine Art unheimlicher Hintergrundmusik, während wir uns zu unserem Zwischenziel schlichen. Der Raum war immer noch nicht abgeschlossen, und als ich die Tür öffnete, sah ich Sabeles Leichnam genauso in den Fesseln hängen wie zuvor. Plötzlich kochte Wut in mir hoch, und ich winkte die anderen herein. Stumm trat einer nach dem anderen ein, und alle hielten kurz inne, als sie die Szene an der gegenüberliegenden Wand bemerkten. Camille ging langsam zu dem Leichnam hinüber und strich mit den Fingern über die ledrige Haut.
»Was zum Teufel haben sie ihr angetan?«, flüsterte sie.
»Ich habe es dir doch gesagt: Sie haben ihr das Herz her ausgerissen und ihr die Finger abgehackt. Das ist ein Haufen verdammter Sadisten.«
All meine Sorgen darum, was Harolds Eltern möglicherweise sagen würden, waren schlagartig vergessen, als ich Sabele anstarrte und mich fragte, wie lange sie schon hier hängen mochte. Hatten sie sie
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