Schwestern des Mondes 08 - Katzenjagd-09.06.13
setzte sich wieder an den Tisch, schloss die Augen und atmete tief und langsam, während ich mich um das Wasser kümmerte. Wir hatten mehrere Schüsseln aus Silber und Kristall, die sowohl Camille als auch Iris für magische Zwecke benutzten, und ich holte die klarste Kristallschale hervor. Dann hatte ich eine geniale Idee. Ich rannte nach oben in ihr Arbeitszimmer und holte eine Flasche Tygeria-Quellwasser, das aus der Anderwelt stammte. Es konnte nicht schaden, dem Ganzen mit einem Schuss heiligem Wasser etwas mehr Pfiff zu geben.
Als ich zurückkam, sah ich, dass Camille Ambers Foto in der Hand hielt. Ein Anhaltspunkt. Ich gab eine Tasse Tygeria- Wasser in das Leitungswasser in der Schale. Es breitete sich darin aus wie Öl, vermengte sich dann damit, und die Wassermischung wurde verblüffend klar. Vorsichtig schlang ich die Arme um die wuchtige Schüssel und trug sie zum Tisch.
Camille ließ langsam den Atem ausströmen, und ich sah zu, wie sie sich über die Schale beugte und die Augen öffnete. Mit nachdenklicher Miene blickte sie forschend in das Wasser und suchte nach etwas - wonach, wusste ich nicht. Magie verwirrte und erstaunte mich, aber vor allem machte sie mir Angst.
Wenn Camille in ihre magische Energie eingehüllt war, dann war es, als gehörte sie zu einer anderen Welt, die sie davonfegte und verschlang. Ich konnte dort nicht hin. Aber sie konnte mir ja auch nicht in die Welt folgen, die ich als Tigerkätzchen oder Panther betrat. Jede von uns hatte ihr privates Königreich, das galt auch für Menolly und ihren Blutdurst. Dennoch waren wir gemeinsam stärker als jede für sich allein.
Ein Nebelfähnchen stieg kräuselnd von dem Wasser auf, und sie wich keuchend zurück. »Schau«, flüsterte sie und deutete auf die Schale.
Ich blickte auf die stille Wasserfläche und wartete, bis der Nebel sich lichtete. Da war sie - Amber. Sie stand in einem Käfig, umklammerte mit flehender Miene die Gitter, und ... Augenblick mal.
»Was trägt sie da um den Hals?«
Camille beugte sich vor und spähte mit zusammengekniffenen Augen in die Schale. Gleich darauf riss sie den Kopf hoch und sah mich erschrocken an. »Das ist doch nicht das, wofür ich es halte, oder?«
Um den Hals der verängstigten Werwölfin hing eine goldene Kette mit einem Anhänger aus makellos klarem Topas, leuchtend gelb und funkelnd. Die Fassung war prächtig und sah sehr alt aus. Und der Edelstein funkelte, obwohl Ambers Gefängnis nur trüb erleuchtet zu sein schien.
»Es sieht so aus wie die anderen, nicht?« Ich sog scharf den Atem ein. War es wirklich möglich, dass Amber trug, was wir vermuteten? Und wenn ja, wie zum Teufel war sie in den Besitz eines Geistsiegels gekommen?
»Mist, Mist, Mist.« Camille suchte erneut hektisch das Bild ab. »Ich kann nur erkennen, dass sie anscheinend in einer Zelle ist - einem Käfig -, in trübem Licht. Ich habe keine Ahnung, wo sie ist, und ich kann nichts sehen, das uns einen Anhaltspunkt geben könnte.« Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wenn sie eines der Siegel hat, müssen wir sie finden, ehe sie getötet wird.«
»Was meinst du, was die Kojote-Wandler mit den Geistsiegeln anfangen sollten? Können sie überhaupt wissen, was das ist?«
Camille schnappte sich ihren Mantel. »Iris, wir fahren jetzt zu Marion. Sie müsste inzwischen in ihrem Café sein.«
Ich holte meine Jacke und die Handtasche. »Bin schon da. Am besten nehmen wir meinen ...«
»Nicht deinen Jeep. Die Sonne scheint, aber es ist kalt, und es soll heute noch kälter werden. Wir fahren mit meinem Lexus.« Sie hielt ihren Autoschlüssel hoch. Ich zuckte mit den Schultern, sparte mir die Mühe, ihr zu widersprechen, und wir gingen aus dem Haus.
Das Superurban Café lag an der East Pike Street und war ein beliebter Treffpunkt aller möglichen Übernatürlichen, aber vor allem der Werwesen. Marion, die Besitzerin, war eine Kojote-Wandlerin, und wir hatten sie bei einem Treffen der ÜW-Gemeinde kennengelernt. Vor ein paar Wochen hatte sie
Camille und unserer Freundin Siobhan geholfen, einem irren Stalker zu entkommen, der es auf die Werrobbe abgesehen hatte.
In dem Café herrschte bereits reger Betrieb, fast jeder Tisch war besetzt. Großformatige Fotografien der Umgebung bedeckten die Wände - Landschaftsaufnahmen vom Mount Rainier und der Stadt Seattle, Bilder von der Space Needle, dem Hafen, dem Stadtzentrum. Urbane Szenen mischten sich mit der Wildnis. Die Tische waren aus glänzend poliertem Holz, die
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