Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
das leise Gurgeln, als Sharah das Vakuumröhrchen auf die Kanüle aufsteckte und mein Blut angesaugt wurde. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie sich das Röhrchen langsam mit zornig dunkelrotem Blut aus meinem Körper füllte.
Vampirblut war dunkler und dicker als normales Blut, aber pure Lebenskraft. Es musste nicht durch meinen Körper gepumpt werden, um mir Leben zu bringen. Ich brauchte nur Blut aufzunehmen, und es veränderte sich, arbeitete sich die Adern entlang durch meinen Körper – ein magischer Strom, der mich auf dieser Seite des Schleiers hielt. Ich würde niemals aus Mangel an Blut sterben, höchstens in eine Art komatösen Schlaf fallen oder ausrasten, wahnsinnig vor Hunger.
Schließlich zog Sharah die Kanüle vorsichtig heraus, drückte einen Tupfer auf meinen Hals und klebte ein Pflaster darüber. Dann zog sie die Kanüle von der Spritze und setzte eine neue Nadel auf. Sie ging zu Morio hinüber, blieb stehen und sah Camille und mich an.
»Wenn ihr es euch anders überlegt habt, sagt es mir jetzt. Ich kann nichts mehr rückgängig machen, wenn ich das Blut erst in die Wunde gespritzt habe.« Sie wartete.
»Bitte hilf ihm.« Camille holte tief Luft, ließ sie langsam wieder ausströmen und kniff die Augen zu.
Ich nickte. »Jetzt.«
Jetzt oder nie. Mein Blut könnte ihn heilen oder – oder gar nichts bewirken. Es könnte alles noch schlimmer machen oder ihn auf einen Trip schicken, für den er nicht bereit war. Morio lag zu tief im Fieber, um uns zu sagen, was er wollte, und er musste sich darauf verlassen, dass Camille die richtigen Entscheidungen traf.
Als könnte sie meine Gedanken lesen, blickte Camille auf. »Er würde sagen Immer rein damit, Mädels. Er schätzt dich sehr, Menolly. Er hat keine Angst vor der Todesmagie, die wir zusammen wirken. Über ein bisschen Vampirblut in seinem Körper wird er sich bestimmt nicht aufregen.«
Ich hoffte, dass sie recht hatte. Ich glaubte zwar nicht, dass Morio etwas dagegen gehabt hätte, aber die seltsamen Auswirkungen, die der Nektar des Lebens auf Chase hatte, machten mich nervös. Wir pfuschten an der grundlegenden Natur des Körpers herum, und ich fragte mich, wie weit wir dabei gehen durften. Meine Schwestern und ich waren nicht reinblütig, und unser gemischtes Blut hatte unsere besonderen Fähigkeiten ziemlich versaut. Bilder von Frankensteins Monster gingen mir durch den Kopf, von Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Was würde aus Morio werden? Ein Ungeheuer? Vielleicht schaute ich auch nur zu viele Horrorfilme.
»Also gut.« Sharah schob die Nadel langsam in das zornig rot geschwollene Fleisch um die Wunde, und wir drei sahen zu, wie mein Blut in Morios Körper drang.
Kapitel 19
Der Raum schien sich zu verdunkeln, und es herrschte völlige Stille, während wir die Wunde beobachteten. Ich war nicht sicher, was ich erwarten sollte, aber plötzlich zischte es, und Schaum bildete sich an dem blutigen Krater. Eine ölig-weiße Flüssigkeit sickerte hervor, vermischt mit dunkelrotem Blut. Das Rinnsal tropfte in die kleine Schale, von der ein ekliger Gestank aufstieg.
Morio begann, sich krampfhaft zu winden, Schweiß brach ihm am ganzen Körper aus. Er stöhnte, und die Riemen, die ihn ans Bett fesselten, drohten zu reißen, als er Anstalten machte, seine Dämonengestalt anzunehmen.
»Hör auf. Wir versuchen, dir das Leben zu retten, Süßer.«
Camille beugte sich über ihn und wich den langen Klauen aus, die sie zu packen versuchten. Ihre entschlossene Ruhe war beängstigend. Zuletzt hatte ich diesen Ausdruck auf ihrem Gesicht gesehen, als ich zu Hause durch die Tür geplatzt war, halb wahnsinnig und darauf aus, meine gesamte Familie zu töten und wiederzuerwecken. Ihre erschrockene, verzweifelte Miene war diesem Ausdruck schierer, konzentrierter Willensstärke gewichen.
Mit einem lauten Bellen, das in einen Schrei überging, begann Morio, sich so rasch zu verwandeln, dass ich kaum nachkam – erst das menschliche Wesen, dann die Fuchsgestalt, dann der Dämon, der Mensch … und das so schnell, dass unsere Augen ihm nur mit Mühe folgen konnten. Die Anstrengung der vielen, schnellen Verwandlungen machte sich bemerkbar. Sein Schweiß tränkte die Bettwäsche, und die Absonderungen aus der Wunde ergossen sich förmlich wie ein Wasserfall in die Auffangschale.
Mit entsetzter Miene rief Sharah nach dem Sicherheitsdienst, doch der Yokai schlug so wild um sich, dass niemand in seine Nähe vordringen konnte. Da kletterte Camille aufs Bett,
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