Schwestern des Mondes 09 - Vampirblut-09.06.13
Irgendetwas ist dort, das ihnen Macht verleiht – irgendeine Energie, eine Kraft. Mindestens eine Vampirin ist schon von ihnen getötet worden. Ein Geist hat sie gepfählt.«
»Ein Geist hat sie gepfählt? Machst du Witze?« Wenn Gespenster Buffy spielten, steckten wir wirklich in Schwierigkeiten.
»Nein. Ich war dabei. Ich habe die geisterhafte Gestalt gesehen, und dann stieg plötzlich ein Pflock in die Luft und durchstieß Elizabetta. Sie starb in einem Wirbel aus Staub, und wir flohen und kehrten nie wieder dorthin zurück.« Er rückte näher an mich heran und strich meine Zöpfe mit einer Hand über die Schultern zurück. »Wenn du die Gegend untersuchst, meine Liebe, sei bitte sehr, sehr vorsichtig. Und warne auch deine Schwestern.«
Kapitel 6
Als ich Roman verließ, beschloss ich, rauf zum Greenbelt Park District zu fahren und mich mal umzusehen. Ich war ihm dankbar für die Warnung, aber ich konnte gut auf mich selbst aufpassen und war vorsichtig genug, keine Dummheiten zu machen. Ich wollte kein Gebäude betreten, sondern nur ein Gefühl für die Gegend bekommen, ehe ich meine Schwestern in potenziell gefährliches Gebiet führte. Sie konnten nicht so viel einstecken wie ich.
Die Gegend lag nur eine kurze Fahrt von Belles-Faire entfernt, wo wir wohnten. Hier wurde die Stadt viel grüner. Tannen und Zedern ragten entlang der Straßen in den Himmel auf, bedeckt mit zartem schwarzen Moos, das wie Spinnweben von den Ästen hing. Backsteingebäude wichen schmuckeren Bauten, schwer und brütend. Sie passten gut zu den Bäumen, die sie umgaben wie Leichentücher.
Ich hielt an einem großen Park in der Nähe der Gegend, wo die Leichen der Frauen gefunden worden waren, und sprang aus dem Auto. Ein seltsamer Hauch in der Luft weckte mein Interesse, aber ich konnte nicht bestimmen, ob er in dem stürmischen Wind lag oder von hier irgendwo kam. Zugegeben, dichter Schneefall brachte eine besondere magische Atmosphäre hervor, aber hier stimmte irgendetwas nicht. Und wenn ich das spüren konnte, musste es ziemlich stark sein.
Ich steckte meinen Autoschlüssel ein, ging lautlos zum Eingang und sprang mit Leichtigkeit über das schmiedeeiserne Tor des Parks. Meine Absätze klapperten nur leicht auf dem Gehweg, als ich wieder landete. Das Klimpern der Perlen in meinem Haar war so ziemlich das einzige Geräusch, das ich als Vampirin von mir gab, und manchmal trug ich absichtlich Klamotten mit Schnallen oder Ketten und hohe Absätze, damit ich mich ein wenig lebendiger fühlte.
Die Parkbeleuchtung brannte, obwohl die Tore schon geschlossen waren. Ich folgte einem gepflasterten Weg durch den Irrgarten aus Bäumen, Bänken und Picknicktischen. Hin und wieder veränderte sich das Licht so, dass es die Gestalt eines bewegten Schattens annahm und ich abrupt stehen blieb. Auf einer Lichtung fiel mir ein dunkler Fleck vor einem Dickicht aus Zedern auf, in der Nähe eines Picknicktisches, und ich verließ den Pfad. Meine Stiefel hinterließen leichte Abdrücke im Schnee, der inzwischen mehrere Fingerbreit hoch lag.
Als ich mich durch die ungepflegten Farne und Büsche wand, witterte ich plötzlich etwas. Nur eine Sache auf der Welt roch so wunderbar – Blut. Verdammt.
Ich ging immer der Nase nach und folgte dem Geruch durch das Unterholz, wobei ich immer noch hoffte, dass ich mich täuschte. Aber ganz gleich, wie man sich dafür wappnete, es gab keine schöne Art, einen Leichnam zu finden. Und genau das fand ich: Eine junge Frau zeichnete sich dunkel vor dem Schnee ab. Ihr Rock war hochgeschoben, das Höschen fehlte. Ihre Beine waren gespreizt, und Blut war innen an ihrem Oberschenkel herabgesickert.
Schwindelig ließ ich mich auf den Boden sinken und blieb neben dem blassen Opfer sitzen. Ich erkannte auf den ersten Blick, dass es in das Muster passte, das wir entdeckt hatten. Etwa eins fünfundsechzig groß, um die fünfundsechzig Kilo, anscheinend zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt. Vergewaltigt. Und ihrer Blässe nach zu urteilen, wahrscheinlich ausgeblutet. Sie war erst vor kurzem gestorben – die Leichenstarre hatte noch nicht eingesetzt.
Ich wandte den Blick ab und lauschte. Ein Rascheln im Gebüsch und das Schnüffeln des streunenden Hundes, der es verursacht. Der gedämpft rieselnde Schnee. Das schwache Säuseln der Brise in den Tannen.
Als ich mich wieder der jungen Frau zuwandte, verzog ich unwillkürlich das Gesicht. Wer immer ihr das angetan hatte, hatte sie würdelos verdreht und halbnackt liegen
Weitere Kostenlose Bücher