Schwestern schenkt der liebe Gott
seine Tiere.
Er könnte es niemandem erklären, was er denkt. Es sitzt ganz tief drinnen in
ihm, dort, wo keine Worte mehr hinreichen.
Es gibt viele Menschen, die
sich auf ihre Gescheitheit wunder was einbilden. Diese Leute meinen, weil
Kinder nicht beschreiben können, was sie erleben und fühlen, darum erlebten sie
es gar nicht. Oder jedenfalls nicht so stark und so deutlich wie Erwachsene.
Deshalb haben es Kinder oft so schwer mit Erwachsenen. Wenn man groß ist,
findet man schließlich für alles Worte. Und die Worte sind es, auf die die
Großen leider soviel geben. Ein Gefühl, wie Brüder es empfindet, kann man aber
nicht beschreiben. Und trotzdem ist es da.
Er kommt sich hilflos vor. Und
sehr allein. Und er hat Angst vor diesem Alleinsein.
Früher hat er geglaubt, seine
Mutter und sein Vater wären nur für ihn auf der Welt. Das war ein Irrtum. Keine
Mutter ist allein für ihr Kind da, und jedes Kind muß das eines Tages
begreifen. Das kann sehr schmerzhaft sein.
Brüder ist deswegen zu den Tieren gegangen. Er hat gedacht, wenigstens die Tiere seien
allein für ihn da. Und nun soll das auch ein Irrtum sein? Soll er denn nichts
auf der Welt allein für sich haben?
Nach Tisch muß er eine Stunde
schlafen. Herr Günther nimmt seine Aktentasche, Guggi
ihre Schulmappe. Sie verlassen die „Wohnung. Die Mutter geht in die Küche, um
abzuwaschen, und Brüder klettert in sein Bett.
Unten steht der Hausmeister vor
der Tür und begrüßt Herrn Günther sehr freundlich. „Was macht die neue
Wohnung?“ fragt er und faßt mit dem Daumen unter die Revers von Herrn Günthers
ehemaligem Jackett.
Herr Günther merkt nichts. „Im
Augenblick habe ich andere Sorgen“, erwidert er.
Guggi will ihn weiterziehen.
„Es ist schon spät, Vati!“ Der Hausmeister lacht. „Nun, es brennt ja noch
nicht“, meint er. Dann zieht er das graue Jackett herunter. „Sitzt übrigens
prima. Sie haben einen guten Schneider, Herr Ingenieur.“
Herr Günther merkt noch immer
nichts.
Der Hausmeister dreht sich ein
bißchen zur Seite. „Wie angegossen!“ stellt er fest.
„Das ist doch...?“ Endlich hat
Herr Günther begriffen. „Wie Graf Koks von der Gasanstalt“, sagt der
Hausmeister. „Jetzt müßte man nur noch einen Schnaps draufgießen!“
„Den habe ich schon neulich
bezahlt“, winkt Herr Günther ab, „beim Türaufmachen!“
Ein paar Häuser weiter holt er
Guggi ein.
„Du hast versprochen, nie mehr
zu schimpfen“, fängt sie sofort an.
„Soll ich etwa schweigen, wenn
meine Tochter mich beschwindelt?“
„Wieso?“ fragt sie überrascht.
„Ist denn jemand, der Mutti dauernd ärgert, kein... Lumpenmann?“
Da ist er geschlagen. „Das laß
bloß keinen hören!“ rät er ihr.
„Jawohl, Herr Lehrer“,
antwortet Guggi artig. Ein paar Schritte später setzt sie hinzu: „Weißt du,
warum ich es getan habe?“
„Nein. Keine Ahnung!“
„Weil ich nicht mehr an die
neue Wohnung glaube. Wir werden nie eine finden!“
„Aber erlaube mal!“
„Niemand von uns hat Zeit. Und
Geld haben wir auch nicht. Das ist das allerschlimmste.“
„Es geht uns nicht nur allein
so, Kind. Wenn man kein Geld besitzt, muß man Geduld haben!“
„Und zusammenhalten, nicht
wahr, Vati?“
Herr Günther nicht.
Ein Krokodil
fährt im Kinderwagen spazieren
Als Robinson nach jahrelanger
Einsamkeit eines schönen Tages auf seiner Insel im Sande den Abdruck eines
Menschenfußes fand, konnte er nicht bestürzter sein, als es Brüder in seinem
Bett jetzt ist. Da die Zeiten anders geworden sind, kündigen sich gefährliche
Eindringlinge nicht mehr mit einem Fußabdruck an. Sie schicken ein Telegramm.
Die Folgen sind jedoch genau dieselben.
Brüder muß seine Tiere retten. Robinson versteckte sie hinter unübersteigbaren Zäunen in
der Wildnis. Niemand durfte sie finden. Wo kann Brüder
seine Tiere verbergen? In der Wohnung geht es nicht. Die Wohnung ist zu klein.
Und Regine würde sich sofort auf Kroko und Brigga stürzen. Als großer Bruder
müßte man Rücksicht nehmen und ihr die Tiere überlassen. Wie alles andere, was
einem nun schon nicht mehr gehört. Aber bei den Tieren denkt Brüder nicht daran, auch nur einen Zehennagel herzugeben.
Ob er sie einstweilen in den
Keller trägt? Nein, dort schnökert der Hausmeister herum. Er würde sie
entdecken und wieder behaupten, Günthers bedrohten den Hausfrieden. Nur diesmal
nicht mit einem Frosch, sondern mit einem Krokodil! Wenn er sich schon mit
einem Frosch so angestellt
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