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Schwesternkuss - Roman

Schwesternkuss - Roman

Titel: Schwesternkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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einziger Fahrgast, der sich in Hörweite befand, verzog dabei das Gesicht. Sie waren zwar nicht alle Italiener, aber alle waren sie abergläubisch. Jede Volksgruppe hatte dieses seltsame geistige Gut in seine neue Heimat hinübergerettet.
    »Maria , basta! Das bringt Unglück. Sie ist nett und ist einsam. Per favore .«
    Der Bus näherte sich Marys Haltestelle. »Okay, Ma. Sag Pa, dass ich angerufen habe. Ich muss zur Arbeit.«
    »Arbeite nicht zu viel. Es ist zu heiß. Komm nach Hause, essen.«
    Mary lächelte, sie war gerührt. Andere Eltern trieben ihre Kinder ein Leben lang an. Als Mary lesen lernen wollte, hatte ihre Mutter nur gesagt: »Du wirst dir die Augen verderben!«
    Mary stieg aus dem Bus, hinein in die schreckliche Schwüle des Tages. Nein, dieser Tag eignete sich wirklich nicht für ein vertrauliches Gespräch mit der Chefin.
    17
    War sie wach, oder träumte sie? Bennie wusste es nicht. Aber auf keinen Fall durfte das aufhören, denn es war hell und schön, und sie war glücklich. Ihre Mutter lebte, war gesund und streckte ihre Arme nach ihr aus.
    Benedetta , flüsterte sie. Ich bin bei dir.
    Bennie hatte keine Ahnung, wie lange sie Schmerzen gehabt hatte. Ihr Herz war krank gewesen und hatte wehgetan, und ein Teil von ihr war auch gestorben. Aber das war jetzt vorbei. Ihre Mutter war zurückgekehrt. Ihr rabenschwarzes Haar trug sie offen, ihre Haut war fein und zart wie auf den Mädchenfotos.
    Sie trug ihren blauen samtweichen Bademantel, was schön anzusehen war. Nicht wie später, als sie nur noch dieses Kleidungsstück trug, weil sie krank und unglücklich war und nichts mehr sie erheitern konnte. Keine guten Noten ihrer Tochter in der Schule, keine Späße oder Grimassen, nichts brachte ihre Mutter mehr zum Lachen. Aber Bennie wusste damals, auch wenn sie noch klein war, dass das Gute in ihrer Mutter nicht gestorben war. Es war nur die Krankheit, die ihr wahres Wesen verhüllte.
    Bennie saß am Küchentisch, und ihre Mutter backte Pfannkuchen. Sie konnte die Butter in der Pfanne knistern hören. Ihre Mutter zeigte ihr, wie die Blasen auf den Pfannkuchen zerplatzten. Ein sicheres Zeichen, dass man sie jetzt wenden musste. Bennie spürte die Hitze des Ofens an ihrem Körper und sah zu, wie die Pfannkuchen in der Luft sich drehten und mit ihrer goldenen Seite wieder in der Pfanne landeten.
    Doch das Schönste war: Sie waren wieder zusammen. Sie standen so nah nebeneinander, dass Bennie den Duft ihres Teerosen-Parfums einatmen konnte. Mit den Händen berührte sie ihren weichen Morgenmantel. Ihre Mutter war zurückgekehrt, auch wenn es nur für einen Morgen war, für ein Frühstück mit Pfannkuchen.
    Vielleicht waren sie beide schon tot. Das würde nichts an dem Glück und der Schönheit dieses Augenblicks ändern.
    18
    Der Wachmann starrte Alice mit seinen Cop-Augen an, nachdem er ihr seinen Kugelschreiber gegeben hatte. Sie strich über das Besucherbuch, schließlich fragte sie: »Wann haben meine Mitarbeiter gestern Abend die Kanzlei verlassen?«
    »Das weiß ich nicht. Gestern Abend hatte Herman Dienst.«
    »Dann sehen wir mal nach.« Alice schlug eine Seite zurück, überflog die einzelnen Unterschriften, bis sie die Bennies entdeckte, die sie sich genau ansah. Dann blätterte sie wieder nach vorne und fälschte die Unterschrift ihrer Schwester auf annehmbare Weise. »Wenn die Katze nicht da ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.«
    »Die Mäuse arbeiten hart, Bennie. Und Sie wissen das. Mary würde gern Teilhaberin werden. Sie kommt jeden Samstag.«
    »Ich weiß.« Alice gab ihm den Kugelschreiber zurück. »Aber über irgendetwas muss man ja klagen.«
    »Stimmt.«
    Die beiden lachten. Sie ging durch das Drehkreuz, und mit der ID -Karte aus Bennies Brieftasche öffneten sich die Aufzugtüren für sie.
    Rosato & Partner. Zweiter Stock.
    Oben wartete ein Empfangsbereich auf sie mit blauen Sesseln, blitzblanken Tischen und moderner Kunst an den Wänden, wie man sie aus Hotelzimmern kennt. Über einen Gang kam sie in den Konferenzraum, in dessen Mitte ein Tisch stand, der wahrscheinlich ein Vermögen gekostet hatte. Er bestand aus einer einzigen Holzplatte mit schwarzer Rinde und war an den Kanten rau. Um ihn herum standen marineblaue Drehsessel. Es gab ein Entertainment Center aus Walnussholz mit Plasmafernseher und eine Miniküche, ebenfalls aus Walnussholz. Der elegante Hundekorb, der die Inschrift BÄR trug, erinnerte sie daran, den Hundeleichnam aus dem Keller zu beseitigen, bevor er zu stinken

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