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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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überhaupt noch zum Schreien gekommen ist.«
    Rizzoli wandte sich zu der Tür um, die auf den Flur führte. Sie hielt inne, als ob sie die tote Frau dort stehen sähe.
    »Sie sieht den Mörder auf sich zukommen. Aber anders als ihr Mann versucht sie sich zu wehren. Als er mit dem Messer auf sie einsticht, bleibt ihr nichts anderes übrig, als die Klinge mit der bloßen Hand zu packen. Sie schneidet ihr die Handfläche auf, dringt durch Haut und Sehnen bis auf die Knochen. So tief, dass die Arterie durchtrennt wird.«
    Rizzoli wies durch die Tür auf den Flur hinaus. »Sie läuft dort entlang, während das Blut aus ihrer Handwunde spritzt. Er ist nur einen Schritt hinter ihr, und im Wohnzimmer gelingt es ihm, sie in die Enge zu treiben. Selbst dann wehrt sie sich noch, versucht die Klinge mit den Armen abzuwehren. Aber es gelingt ihm, ihr mit einem Schnitt die Kehle aufzuschlitzen. Der Schnitt ist nicht so tief wie bei ihrem Mann, aber tief genug.« Rizzoli sah Maura an. »Sie hat noch gelebt, als wir sie fanden. So dicht waren wir dran.«
    Maura betrachtete Terence Van Gates, der zusammengesunken am Küchenschrank lehnte. Sie dachte an das kleine Haus im Wald, wo Cousin und Cousine ihren mörderischen Bund geschmiedet hatten. Einen Bund, der noch heute besteht.
    »Erinnern Sie sich noch an das, was Amalthea bei Ihrem ersten Besuch zu Ihnen gesagt hat?«, fragte Rizzoli.
    Maura nickte. Jetzt wirst du auch sterben .
    »Wir haben das beide als das wirre Gerede einer Psychotikerin
abgetan«, sagte Rizzoli. Wieder fiel ihr Blick auf den toten Van Gates. »Jetzt scheint es ziemlich offensichtlich, dass es eine Warnung war. Eine Drohung.«
    »Wieso? Ich weiß auch nicht mehr als Sie.«
    »Vielleicht hat es damit zu tun, wer Sie sind, Doc. Amaltheas Tochter.«
    Ein eisiger Hauch fuhr Maura das Rückgrat entlang. »Mein Vater«, sagte sie leise. »Wenn ich wirklich ihre Tochter bin, wer ist dann mein Vater?«
    Rizzoli sprach den Namen Elijah Lank nicht aus. Es war nicht nötig.
    »Sie sind der lebende Beweis für ihre Partnerschaft«, sagte Rizzoli. »Sie haben die Hälfte Ihrer DNA von ihm.«
     
    Sie schloss ihre Haustür ab und legte den Riegel vor. Dann hielt sie einen Moment inne und dachte an Anna, an all die Messingriegel und Ketten, die das kleine Haus in Maine zierten. Ich werde immer mehr wie meine Schwester, dachte sie. Bald werde auch ich mich hinter Barrikaden verkriechen, oder ich werde aus meinem eigenen Haus flüchten, in eine neue Stadt, eine neue Identität.
    Scheinwerfer streiften die geschlossenen Vorhänge ihres Wohnzimmers. Sie warf einen Blick aus dem Fenster und sah einen Streifenwagen langsam am Haus vorbeifahren. Nicht aus Brookline; diesmal war es ein Wagen mit dem Wappen des Boston Police Department auf der Tür. Das muss Rizzoli veranlasst haben, dachte sie.
    Sie ging in die Küche und mixte sich einen Drink. Nichts Kompliziertes heute Abend, nicht ihren üblichen Cosmopolitan, nur einen Wodka-Orange mit Eis. Sie setzte sich an den Küchentisch und nippte daran. Die Eiswürfel klirrten im Glas. Alleine trinken – kein gutes Zeichen, aber das war ihr herzlich egal. Sie brauchte die Betäubung, musste unbedingt aufhören, ständig an das zu denken, was sie an diesem Abend gesehen hatte. Von der Decke wehte der kühle Hauch der Klimaanlage herab. Keine offenen Fenster heute Abend;
alles war verriegelt und gesichert. Das eiskalte Glas ließ ihre Finger taub werden. Sie stellte es ab und betrachtete nachdenklich ihre Handfläche, den blassroten Schimmer der Kapillargefäße. Fließt das Blut dieser beiden in meinen Adern?
    Es läutete an der Tür.
    Ihr Kopf zuckte hoch – sie blickte zur Wohnzimmertür, ihr Herz tanzte einen Quickstepp, jeder Muskel in ihrem Körper wurde starr. Langsam erhob sie sich und schlich lautlos den Flur entlang zur Haustür. Dort verharrte sie reglos, als ihr plötzlich der Gedanke kam, wie leicht eine Kugel das Holz durchschlagen könnte. Sie trat einen Schritt zur Seite, warf einen Blick durch das kleine Fenster und sah Ballard auf der Treppe stehen.
    Mit einem Seufzer der Erleichterung schloss sie die Tür auf.
    »Ich habe von der Sache mit Van Gates gehört«, sagte er. »Wie geht es Ihnen?«
    »Es war ein ziemlicher Schock. Aber mir geht’s gut.« Nein, das stimmt nicht. Ich bin mit den Nerven am Ende, und ich hocke allein in meiner Küche und betrinke mich . »Kommen Sie doch rein.«
    Ballard war noch nie in ihrem Haus gewesen. Er trat ein, schloss die Tür und

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