Schwesternmord
verriegelte sie. Dabei betrachtete er kritisch den Schließriegel. »Sie müssen sich eine Alarmanlage zulegen, Maura.«
»Das habe ich fest vor.«
»Tun Sie es bald, okay?« Er sah sie an. »Ich kann Ihnen helfen, die beste auszusuchen.«
Sie nickte. »Ich wäre dankbar für jeden Rat. Möchten Sie etwas trinken?«
»Nicht heute Abend, danke.«
Sie gingen ins Wohnzimmer. Er blieb stehen, als sein Blick auf das Klavier in der Ecke fiel. »Ich wusste gar nicht, dass Sie spielen.«
»Seit meiner Kindheit. Aber ich müsste viel mehr üben.«
»Anna hat auch Klavier gespielt …« Er verstummte. »Das wussten Sie vielleicht noch nicht.«
»Nein, das wusste ich nicht. Es ist so seltsam, Rick – jedes Mal, wenn ich etwas Neues über sie erfahre, scheint sie mir noch ein Stück ähnlicher zu werden.«
»Sie hat wunderschön gespielt.« Er ging auf das Klavier zu, klappte es auf und klimperte ein paar Töne. Dann schloss er den Deckel wieder und starrte auf die glänzende schwarze Oberfläche. Er wandte sich zu ihr um. »Ich mache mir Sorgen um Sie, Maura. Ganz besonders nach dem, was heute Abend mit Van Gates passiert ist.«
Sie seufzte und sank auf die Couch. »Ich habe die Kontrolle über mein Leben verloren. Ich kann nicht mehr bei offenem Fenster schlafen.«
Er setzte sich ebenfalls, und er wählte den Sessel direkt gegenüber von ihr, so dass sie ihn ansehen musste, wenn sie den Kopf hob. »Ich finde, Sie sollten heute Nacht nicht allein hier im Haus sein.«
»Das ist mein Haus. Ich werde nicht weggehen.«
»Das müssen Sie ja auch nicht.« Eine Pause. »Möchten Sie, dass ich bei Ihnen bleibe?«
Sie blickte zu ihm auf. »Warum tun Sie das, Rick?«
»Weil ich glaube, dass Sie jemanden brauchen, der über Sie wacht.«
»Und dieser Jemand sind Sie?«
»Wer soll es denn sonst tun? Sehen Sie sich doch an! Sie führen so ein zurückgezogenes Leben, ganz allein in diesem Haus. Ich stelle mir vor, wie Sie hier allein sitzen, und es macht mir Angst, was alles passieren könnte. Als Anna mich brauchte, war ich nicht da. Aber ich kann für Sie da sein.« Er beugte sich vor und ergriff ihre Hände. »Ich kann immer hier sein, wenn Sie mich brauchen.«
Sie sah auf seine Hände hinunter, die auf ihren lagen. »Sie haben sie geliebt, nicht wahr?« Als er nicht antwortete, hob sie den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. »Nicht wahr, Rick?«
»Sie brauchte mich.«
»Das war nicht meine Frage.«
»Ich konnte nicht tatenlos zusehen, wie dieser Mann ihr wehtat.«
Ich hätte es von Anfang an sehen müssen, dachte sie. Es war immer deutlich zu erkennen – in der Art, wie er mich angesehen, wie er mich berührt hat.
»Wenn Sie sie gesehen hätten an diesem Abend in der Notaufnahme«, sagte er. »Das blaue Auge, die Blutergüsse. Ich habe dieses Gesicht gesehen, und ich wollte nur eines: den Mann, der das getan hatte, windelweich prügeln. Es gibt nicht viele Dinge, die mich die Beherrschung verlieren lassen, Maura, aber wenn ein Mann einer Frau so etwas antut …« Er atmete hörbar durch. »Ich wollte nicht zulassen, dass ihr so etwas noch einmal passiert. Aber Cassell ließ einfach nicht locker. Er rief sie ständig an, er verfolgte sie – ich musste einfach einschreiten. Ich half ihr, die Sicherheitsschlösser an ihren Türen anzubringen. Bald schaute ich jeden Tag bei ihr vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Und dann, eines Abends, da bat sie mich, zum Essen zu bleiben, und …« Er zuckte resigniert mit den Achseln. »So fing es an. Sie hatte Angst, und sie brauchte mich. Es ist eine Art Instinkt, wissen Sie? Vielleicht typisch für einen Cop.«
Besonders, wenn es sich um eine attraktive Frau handelt.
»Ich habe versucht, sie zu beschützen, das ist alles.« Er sah sie an. »Und, ja, Sie haben Recht. Es endete damit, dass ich mich in sie verliebte.«
»Und was ist das hier, Rick?« Sie betrachtete seine Hände, die immer noch die ihren umfasst hielten. »Was passiert hier? Tun Sie das für mich – oder für sie? Denn ich bin nicht Anna. Ich bin kein Ersatz für sie.«
»Ich bin hier, weil Sie mich brauchen.«
»Das ist wie eine Wiederholung. Sie haben wieder Ihre alte Rolle angenommen, die des Beschützers. Und ich bin nur die Zweitbesetzung, die zufällig Annas Part übernehmen darf.«
»Es ist nicht so, wie Sie es darstellen.«
»Was wäre, wenn Sie meine Schwester nie kennen gelernt hätten – wenn Sie und ich nur zwei Menschen wären, die sich zufällig bei einer Party begegnet sind? Wären
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