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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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blitzendes Etwas in seiner Hand: ein Messer. Er schien zu wissen, dass sie am Ende war, als er sich über sie beugte. Dass ihre Seele nur noch darauf wartete, aus ihrer ausgebrannten Hülle befreit zu werden.
    Er griff in den Bund ihrer Stretchhose und riss sie herunter, so dass die weiße Kuppel ihres Bauchs freilag. Und immer noch rührte sie sich nicht, immer noch lag sie stocksteif da. Sie hatte sich in ihr Schicksal ergeben, sie war praktisch tot.
    Er legte eine Hand auf ihren Bauch; mit der anderen packte er das Messer, senkte die Klinge auf das nackte Fleisch herab, beugte sich noch weiter vor, bereit, den ersten Schnitt zu machen.
    Eine silbrige Wasserfontäne spritzte hoch, als ihre Hand urplötzlich aus dem Schlamm emporschoss. Als sie mit der Spitze des Schraubenziehers auf sein Gesicht zielte. Alle Muskeln in ohnmächtiger Wut angespannt, ließ sie ihren Arm nach oben schnellen und rammte ihm ihre armselige kleine Waffe mit tödlicher Präzision mitten ins Auge.
    Das ist für mich, du Schwein!
    Und das ist für mein Baby!
    Mit aller Kraft stach sie zu, trieb die Spitze durch den Knochen ins Gehirn, bis der Griff in der Augenhöhle feststeckte und nicht mehr tiefer eindringen konnte.
    Kein Laut kam über seine Lippen, als er leblos zusammensackte.
    Im ersten Moment konnte sie sich nicht von der Stelle
rühren. Er war auf ihre Beine gefallen, und sie spürte, wie sein warmes Blut in ihre Kleider sickerte. Die Toten sind schwer, so viel schwerer als die Lebenden. Keuchend vor Anstrengung versuchte sie sich zu befreien, angewidert von seiner Berührung. Endlich konnte sie ihn abwälzen. Das Wasser spritzte auf, als er schlaff auf den Rücken fiel und im Schilf liegen blieb.
    Sie rappelte sich mühsam auf und wankte ans Ufer. Weg vom Wasser, weg von dem Blut. Nach wenigen Schritten brach sie zusammen, ließ sich auf ein Bett aus Gras sinken. Dort lag sie, während die nächste Wehe kam und ging. Und die nächste und die nächste. Ihre vom Schmerz getrübten Augen folgten der Mondsichel auf ihrem Weg über den Himmel. Sie sah die Sterne verlöschen, sah, wie ein rosiger Schimmer den Himmel im Osten verfärbte.
    Als die Sonne über den Horizont stieg, hieß Mattie Purvis ihre Tochter auf der Erde willkommen.

30
    Schwarz gefiederte Truthahngeier zogen am Himmel geduldig ihre Kreise, und wo sie auftauchten, war frisches Aas nicht weit. Die Toten können der Aufmerksamkeit von Mutter Natur nicht lange entgehen. Der Duft der Verwesung lockt Schmeißfliegen und Käfer an, Krähen und Ratten – alle strömen sie an die Festtafel, die der Tod ihnen so reichlich gedeckt hat. Und worin unterscheide ich mich von ihnen?, fragte sich Maura, als sie die mit Gras bewachsene Böschung zum Seeufer hinunterging. Auch sie fühlte sich zu den Toten hingezogen, auch sie stürzte sich gierig auf erkaltetes Fleisch, nicht anders als irgendein Aasfresser. Welch ein idyllischer Schauplatz für so eine makabre Aufgabe! Kein Wölkchen am strahlend blauen Himmel, der See wie ein silbriger Spiegel. Aber dort am Ufer, verhüllt von einer weißen Plane, lag das, worauf die hoch oben kreisenden Geier sich so gerne gestürzt hätten.
    Jane Rizzoli, die mit Barry Frost und zwei Beamten der Staatspolizei von Massachusetts eine Gruppe gebildet hatte, kam auf Maura zu, um sie zu begrüßen. »Die Leiche hat dort drüben im Schilf im seichten Wasser gelegen. Wir haben sie ans Ufer gezogen. Nur damit Sie Bescheid wissen, dass sie bewegt wurde.«
    Maura starrte auf den verhüllten Leichnam, rührte ihn jedoch nicht an. Noch war sie nicht bereit, sich dem Anblick dessen zu stellen, was sich unter der Plastikplane verbarg. »Wie geht es der Frau?«
    »Ich habe Mrs. Purvis in der Notaufnahme gesehen. Sie ist ein bisschen lädiert, aber das wird schon wieder. Und dem Baby geht’s prima.« Rizzoli zeigte auf eine Stelle am Ufer, die mit lockeren Grasbüscheln bewachsen war. »Dort drüben hat sie es bekommen. Hat alles ganz allein hingekriegt.
Der Ranger, der heute Morgen gegen sieben vorbeikam, hat sie entdeckt – da saß sie am Straßenrand und hat die Kleine gestillt.«
    Maura blickte auf die Uferböschung und dachte an die Frau, die hier unter freiem Himmel in den Wehen gelegen hatte, wo niemand ihre Schmerzensschreie hören konnte, während keine zwanzig Meter entfernt eine Leiche allmählich erkaltet und erstarrt war. »Wo hat er sie gefangen gehalten?«
    »In einer Grube, ungefähr zwei Meilen von hier.«
    Maura runzelte die Stirn. »Sie ist

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