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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Hausfrau«, sagte Rizzoli. »Eine völlig verängstigte, hochschwangere, gewöhnliche Hausfrau. Und sie hat dazu keine Knarre und keinen Schlagstock gebraucht, nur eine olle Socke mit acht Batterien drin.«
    Die Lokalnachrichten waren inzwischen zu Ende, und der Barkeeper schaltete um auf den Spielfilmkanal. Eine Szene mit Frauen in kurzen Röcken. Frauen mit Wespentaillen.
    »Und was war mit diesem Black-Talon-Geschoss?«, fragte Dunleavy. »Was hatte das mit der ganzen Geschichte zu tun?«
    Rizzoli schwieg einen Moment und nippte an ihrer Cola. »Das wissen wir noch nicht.«
    »Habt ihr die Waffe gefunden?«
    Sie spürte, wie Frost sie von der Seite ansah, und ihr war plötzlich ganz und gar nicht wohl in ihrer Haut. Das war das Detail, das ihnen beiden Kopfzerbrechen bereitete. In dem Lieferwagen hatten sie keine Waffe gefunden. Stattdessen verknotete Stricke und blutverkrustete Messer. Ein penibel geführtes Notizbuch mit den Namen und Adressen von neun weiteren Adoptionsvermittlern aus allen Teilen
des Landes. Terence Van Gates war nicht der Einzige gewesen. Und sie hatten Aufzeichnungen über Barzahlungen gefunden, die über all die Jahre an die Lanks gegangen waren; eine Goldader an Informationen, die Scharen von Ermittlern noch lange beschäftigen würde. Aber die Waffe, mit der Anna Leoni getötet worden war, hatten sie nirgends entdecken können.
    »Na ja«, meinte Dunleavy. »Vielleicht taucht sie ja noch auf. Oder er hat sie verschwinden lassen.«
    Vielleicht. Aber vielleicht übersehen wir auch immer noch etwas.
    Es war schon dunkel, als sie und Frost das Lokal verließen. Aber statt nach Hause zu gehen, fuhr sie noch einmal zurück ins Präsidium. Das Gespräch mit Vann und Dunleavy ging ihr nicht aus dem Kopf, und so setzte sie sich zu später Stunde noch an ihren Schreibtisch, der sich unter gewaltigen Stapeln von Akten bog. Obenauf lagen die NCIC-Protokolle, Vermisstenmeldungen aus mehreren Jahrzehnten, zusammengetragen im Zuge ihrer Jagd nach der Bestie. Aber es war Anna Leonis Ermordung gewesen, die diese Fahndung erst ins Rollen gebracht hatte, wie ein ins Wasser geworfener Stein, der immer weitere Kreise zieht. Der Mord an Anna hatte sie zu Amalthea geführt, und über sie schließlich zu der Bestie. Aber Annas Tod selbst war immer noch ein ungelöstes Rätsel.
    Rizzoli räumte die NCIC-Unterlagen zur Seite und arbeitete sich zur Akte Anna Leoni durch. Zwar hatte sie jedes einzelne Blatt in diesem Ordner schon zweimal gelesen, doch nun blätterte sie ihn erneut von vorne bis hinten durch, las noch einmal die Zeugenaussagen, die Zusammenfassung der Autopsie, die Laborberichte über Haar- und Faserspuren, Fingerabdrücke und DNA. Als sie zum Ballistikbericht kam, blieb ihr Blick an den Worten Black Talon haften. Sie erinnerte sich an den sternförmigen Umriss des Geschosses auf der Röntgenaufnahme von Anna Leonis Schädel. Und sie hatte auch nicht die Verwüstungen vergessen,
die dieses Geschoss im Gehirn des Opfers hinterlassen hatte.
    Ein Black-Talon-Geschoss. Wo war die Waffe, aus der es abgefeuert worden war?
    Sie klappte die Akte zu, und ihr Blick fiel auf den Karton, der schon seit letzter Woche neben ihrem Schreibtisch stand. Er enthielt die Akten über den Mord an Wassily Titow, die Vann und Dunleavy ihr ausgeliehen hatten. Er war das einzige andere Black-Talon-Opfer im Großraum Boston in den letzten fünf Jahren gewesen. Sie nahm die Ordner aus dem Karton und legte sie auf ihren Schreibtisch, und als sie sah, wie hoch der Stapel war, seufzte sie schwer. Selbst ein Fall, der so sonnenklar ist wie dieser, erzeugt Berge von Papier. Vann und Dunleavy hatten ihr schon eine Zusammenfassung gegeben, und sie hatte selbst genug in ihren Akten gelesen, um sich davon zu überzeugen, dass sie in der Tat den Richtigen verhaftet hatten. Der Prozess gegen Antonin Leonow, der auch sehr bald in eine Verurteilung gemündet war, konnte sie nur in dieser Überzeugung bestärken. Und doch saß sie nun hier und nahm sich die Akten noch einmal vor, auch wenn es in diesem Fall nicht den geringsten Zweifel daran gab, dass der wahre Täter verurteilt worden war.
    Detective Dunleavys Abschlussbericht war gründlich und überzeugend. Leonow war eine Woche lang von der Polizei beschattet worden, in Erwartung einer Heroinlieferung aus Tadschikistan. Unter den Augen der beiden Detectives, die alles von ihrem Wagen aus beobachtet hatten, war Leonow vor Titows Haus vorgefahren, hatte an die Haustür geklopft und war

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