Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
Untersuchung der Atemwege ergab keinerlei Rußablagerungen, Carboxyhämoglobin-Sättigung minimal.
    Zu dem Zeitpunkt, als ihr Körper in Brand gesteckt worden war, hatte Theresa Wells nicht mehr geatmet. Die Todesursache ging aus Dr. Hobarts Interpretation der Röntgenaufnahmen klar hervor.
    Laterale und AP-Schädelaufnahmen zeigen Trümmerund Impressionsfraktur des rechten Scheitelbeins mit vier Zentimeter breitem keilförmigem Fragment.
    Ein Schlag auf den Kopf, der sie höchstwahrscheinlich getötet hatte.
    Am Ende des maschinegeschriebenen Berichts, unter Dr. Hobarts Unterschrift, entdeckte Maura ein vertrautes Namenskürzel. Louise hatte das Diktat abgetippt. Pathologen mochten kommen und gehen, doch in diesem Institut war Louise eine feste Größe.
    Maura überflog die nächsten Seiten der Akte. In einem Vordruck waren sämtliche Röntgenaufnahmen eingetragen, die man von der Leiche angefertigt hatte, dazu alle abgenommenen Blut- und Körperflüssigkeitsproben sowie sichergestellte Mikrospuren. Auf den folgenden Seiten wurde der Verbleib der Beweismaterialien lückenlos dokumentiert, die persönlichen Gegenstände der Toten aufgelistet sowie die Namen der bei der Autopsie anwesenden Personen genannt. Yoshima hatte Dr. Hobart assistiert. Von der Polizei Fitchburg war ein gewisser Detective Swigert zugegen gewesen; Maura kannte ihn nicht.
    Sie blätterte zum Ende der Akte weiter, wo sie auf ein Foto stieß. Was sie sah, ließ sie entsetzt zurückprallen. Die Flammen hatten Theresa Wells’ Gliedmaßen verkohlt und die Rumpfmuskeln bloßgelegt, doch ihr Gesicht war seltsam unversehrt, und es war eindeutig das einer Frau. Erst fünfunddreißig, dachte Maura. Ich habe jetzt schon fünf Jahre länger gelebt als Theresa Wells. Sie wäre heute genauso alt
wie ich, wenn sie nicht ermordet worden wäre. Wenn sie an jenem Tag im November nicht eine Reifenpanne gehabt hätte.
    Sie schloss Theresas Akte und griff nach der zweiten. Wieder hielt sie inne, bevor sie den Ordner aufschlug, als widerstrebte es ihr, sich den Schreckensbildern auszusetzen, die er enthielt. Sie dachte an das Brandopfer, das sie selbst vor einem Jahr obduziert hatte, und an den Geruch, der sich in ihren Haaren und Kleidern festgesetzt hatte und darin hängen geblieben war, lange nachdem sie den Saal verlassen hatte. Für den Rest dieses Sommers hatte sie darauf verzichtet, im Garten zu grillen, weil sie den Geruch gerösteten Fleischs nicht mehr ertragen konnte. Und jetzt, als sie Nikki Wells’ Akte aufschlug, war die Erinnerung an diesen Geruch so lebhaft, dass sie fast glaubte, ihn wieder zu wittern.
    Die Flammen hatten Theresas Gesicht weitgehend verschont, doch das galt nicht für ihre jüngere Schwester. Das Feuer, das Theresas Körper nur teilweise verbrannt hatte, schien sich umso wütender auf Nikki Wells gestürzt zu haben.
    Leichnam ist stark verkohlt, Brustwand und Bauchdecke teilweise gänzlich zerstört, so dass innere Organe frei liegen. Weiches Gewebe von Gesicht und Kopfhaut ebenfalls verbrannt. Schädelhöhle teilweise sichtbar, Trümmerbrüche des Gesichtsskeletts erkennbar. Keine Kleidungsreste vorhanden, jedoch sind auf der Röntgenaufnahme in Höhe der fünften Rippe kleine metallartige Verdichtungen zu erkennen, bei denen es sich um Verschlüsse eines Büstenhalters handeln könnte, ebenso ein einzelnes metallisches Fragment über dem Schambein. Röntgenaufnahme des Abdomens zeigt zudem weitere Skelettknochen, die zu einem Fetus gehören; Schädeldurchmesser entspricht in etwa einer Schwangerschaftsdauer von sechsunddreißig Wochen …
    Dass Nikki Wells schwanger war, musste für den oder die Täter deutlich zu erkennen gewesen sein. Und doch hatte
ihr Zustand ihr und ihrem ungeborenen Kind keine Gnade, keine Zugeständnisse eingebracht. Nur einen gemeinsamen Scheiterhaufen im Wald.
    Maura blätterte weiter. Stirnrunzelnd hielt sie inne, als sie den nächsten Satz des Autopsieberichts las.
    Im Röntgenbild fällt das Fehlen von rechtem Oberschenkelknochen, Wadenbein und Fußwurzelknochen des Fetus auf.
    Mit Kugelschreiber war ein Sternchen hinter den Satz gesetzt, dazu die handgeschriebene Anmerkung: »Siehe Anhang«. Sie blätterte zu der angehängten Seite weiter.
    *Anomalie des Fetus ist in den Unterlagen der Geburtsklinik vermerkt, datiert vor drei Monaten. Eine im zweiten Trimester durchgeführte Sonographie ließ erkennen, dass dem Fetus die rechte untere Extremität fehlte, höchstwahrscheinlich infolge

Weitere Kostenlose Bücher