Schwesternmord
wären mir die Kratzer bestimmt aufgefallen.«
»Okay. Sie sind also gestern nach Hause gekommen. Und dann?«
»Der Wagen stand die ganze Nacht in meiner Garage. Und heute Morgen bin ich zu Ihnen ins Präsidium gefahren.«
»Wo haben Sie geparkt?«
»In einem Parkhaus in der Nähe. An der Columbus Avenue.«
»Der Wagen stand also den ganzen Nachmittag in diesem Parkhaus. Während unseres Besuchs im Gefängnis.«
»Ja.«
»Dieses Parkhaus ist komplett videoüberwacht.«
»Wirklich? Das ist mir gar nicht aufgefallen …«
»Und wohin sind Sie anschließend gefahren? Nach unserer Rückkehr aus Framingham?«
Maura zögerte.
»Doc?«
»Ich war bei Joyce O’Donnell.« Sie erwiderte Rizzolis Blick. »Schauen Sie mich nicht so an. Ich musste sie unbedingt sprechen.«
»Hatten Sie vor, mir davon zu erzählen?«
»Natürlich. Hören Sie, ich musste einfach mehr über meine Mutter herausfinden.«
Rizzoli lehnte sich zurück, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. Sie ist nicht gerade begeistert von meiner Aktion, dachte Maura. Sie hat mir gesagt, ich soll O’Donnell aus dem Weg gehen, und ich habe ihren Rat ignoriert.
»Wie lange waren Sie in ihrem Haus?«, fragte Rizzoli.
»Ungefähr eine Stunde. Jane, sie hat mir etwas gesagt, was ich noch nicht wusste. Amalthea ist in Fox Harbor aufgewachsen. Deshalb ist Anna nach Maine gezogen.«
»Und nachdem Sie O’Donnells Haus verlassen hatten? Was ist danach passiert?«
Maura seufzte. »Ich bin direkt hierher gefahren.«
»Sie haben nicht zufällig bemerkt, dass Ihnen jemand folgte?«
»Warum hätte ich darauf achten sollen? Ich habe zurzeit wirklich andere Probleme.«
Eine Zeit lang sahen sie sich nur an, ohne dass ein Wort gesprochen wurde; die Verstimmung über Mauras Besuch bei O’Donnell stand immer noch zwischen ihnen.
»Wussten Sie, dass Ihre Überwachungskamera kaputt ist?«, fragte Rizzoli. »Die auf dem Institutsparkplatz?«
Maura lachte und zuckte mit den Achseln. »Wissen Sie, um wie viel unser Budget dieses Jahr gekürzt wurde? Diese Kamera ist schon seit Monaten kaputt. Sie können fast schon die Drähte raushängen sehen.«
»Worauf ich hinauswill, ist die Tatsache, dass diese Kamera die meisten Vandalen abgeschreckt hätte.«
»Leider nicht alle.«
»Wer weiß sonst noch, dass diese Kamera außer Betrieb ist? Alle, die hier am Institut arbeiten, nicht wahr?«
Maura reagierte betroffen. »Was Sie da andeuten, gefällt mir ganz und gar nicht. Viele Leute haben bemerkt, dass die Kamera kaputt ist. Polizisten. Die Fahrer der Leichenwagen. Jeder, der in letzter Zeit eine Leiche hier abgeliefert hat. Man muss nur nach oben schauen, dann sieht man es.«
»Sie sagten, es hätten zwei Autos vor dem Institut geparkt, als Sie kamen. Die von Dr. Costas und von Yoshima.«
»Ja.«
»Und als Sie gegen zwanzig Uhr das Gebäude verließen, waren sie nicht mehr da.«
»Sie sind vor mir gegangen.«
»Verstehen Sie sich gut mit den beiden?«
Maura lachte ungläubig. »Sie machen doch Witze, oder? Diese Fragen sind absolut lächerlich.«
»Es macht mir auch nicht gerade Spaß, sie zu stellen.«
»Und warum tun Sie es dann? Sie kennen Dr. Costas, Jane. Und Sie kennen Yoshima. Sie können die zwei doch nicht als Verdächtige behandeln.«
»Sie sind beide über diesen Parkplatz gegangen. Und sind dabei an Ihrem Wagen vorbeigekommen. Dr. Costas ist als Erster gefahren, so gegen achtzehn Uhr fünfundvierzig. Yoshima ist ein wenig später aufgebrochen, vielleicht um neunzehn Uhr fünfzehn.«
»Sie haben mit ihnen gesprochen?«
»Beide haben mir gesagt, sie hätten keine Kratzer an Ihrem Wagen bemerkt. Man sollte denken, dass sie ihnen aufgefallen wären. Zumindest Yoshima müsste sie gesehen haben, denn sein Wagen stand schließlich direkt neben Ihrem.«
»Wir sind seit zwei Jahren Kollegen. Ich kenne ihn. Und Sie kennen ihn auch.«
»Wir glauben ihn zu kennen.«
Hör auf, Jane, dachte sie. Bring mich nicht dazu, dass ich mich vor meinen eigenen Kollegen fürchten muss.
»Er arbeitet seit achtzehn Jahren in diesem Gebäude«, sagte Rizzoli.
»Abe ist schon fast genauso lange hier. Und Louise auch.«
»Wussten Sie, dass Yoshima allein lebt?«
»Genau wie ich.«
»Er ist achtundvierzig, war nie verheiratet und lebt allein. Jeden Tag kommt er hierher, und Sie arbeiten eng mit ihm zusammen. Sie haben beide mit Leichen zu tun. Sie müssen so einiges aushalten in Ihrem Job. Dass muss Sie beide doch irgendwie zusammenschweißen. All die
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