Schwiegermutter inklusive. Einen Mann gibt es selten allein (German Edition)
dir also gleich merken. Das ist
nach der Geburt deine Standardgröße. Und Lebertran musst du nehmen, damit das
Kind intelligent wird. Er soll es ja mal weiter bringen im Leben als du.“
Ich war sprachlos. Meine Hormone auch. Nicht mal ihnen fiel etwas
zu Ingrids Geschenken ein. Hämorrhoiden, Blutrausch, Beckenvergrößerung und ein
Kind, dem ohne Lebertran die totale Verblödung drohte. Um mich abzulenken, las
ich die Packungsbeilage der Hämorrhoidensalbe .
Währenddessen zauberte Ingrid für Rigoletto aus „seiner“
Tüte ein funkelnagelneues Handy der Oberklasse heraus.
„Du
musst doch jederzeit erreichbar sein, wenn es losgeht und uns anrufen!“,
flötete Ingrid.
Ich hatte das Bild vor Augen, wie ich die Rollen der Rollerblades
mit der Hämorrhoidensalbe einschmierte und sie Ingrid
anschnallte, um meine Schwiegermutter schließlich mit viel Schwung einen
steilen Berg hinunter zu stoßen.
„Ich
dachte, du magst keine Handys?“, fragte ich nach, da mir die Stunden des
Wartens in Berlin während des legendären Wohnungs-Feng-Shui-Wochenendes, in
denen ich Ingrid nicht erreichen konnte, noch schmerzhaft in Erinnerung waren.
„Jetzt,
wo wir einen Enkel bekommen, habe ich beschlossen, dass man auch in unserem
hohen Alter noch über seinen Schatten springen muss. Wir haben uns das gleiche
Modell gekauft. Damit wir immer für euch erreichbar sind.“
Ingrid grinste so breit, dass ihre Mundwinkel sich am Hinterkopf
trafen.
Zum Glück fuhren wir kurze Zeit später los in Richtung Heimat. Ich
hatte widerstandslos einen weiteren Salat ohne Dressing verspeist und mich in
Gedanken mit dem fettigen Mittagessen, dass ich an der nächsten Raststätte
einnehmen würde, getröstet. Den Versuch, das Vorgefallene mit Rigoletto zu besprechen, sparte ich mir. Ich hatte eine
ziemlich gute Vorstellung von dem, was Rigolettochen sagen würde, wenn ich mich über die Geschenke und die
es-mal-weiter-bringen-als-Du-Bemerkung seiner Mutter ausließ - er hätte mir nur
wieder versichert, dass seine Mutter alles nicht so meinte. Stattdessen
herrschte ich ihn in militärischem Kommando-Ton an:
„Fahr
da raus!“ als das erste Raststätten-Schild am Seitenstreifen auftauchte.
Kapitel 28
Der Rest der Schwangerschaft verlief ruhig und komplikationslos -
gesundheitlich und in Bezug auf meine Schwiegermutter. Dies lag an zwei Dingen:
Erstens umging ich weitere Besuche in Paderborn, indem ich infame Lügen wie „so
ein Mist, genau an dem Wochenende hat meine Freundin Jenny Geburtstag“ oder
„och schade, aber an dem Wochenende habe ich mich zu einem Seminar über Reiki
für Babys angemeldet“ erzählte. Das mit dem Freundinnen-Erfinden war
mittlerweile ein erprobter Trick von mir und auf die Sache mit dem Reiki war
ich richtig stolz. Ich hatte weder eine Ahnung, was das sein sollte, noch
glaubte ich dran. Ingrid war natürlich hellauf begeistert.
„So
einen Reiki-Kurs habe ich auch mal gemacht. Das wird wunderbar für dich und das
Kind. Durch Handlauflegen wirst du bei der Geburt sicher wahnsinnig viel
positive Energie auf das Kind übertragen können. Ihr werdet beide Ruhe und
Frieden empfinden.“
Nach allem, was ich von Geburten gelesen oder gehört hatte, konnte
ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Frauen während der Entbindung
die Muße haben könnten, die Hände auf ihren Bauch zu legen. Oder Ruhe und
Frieden zu empfinden. Aber ich ließ Ingrid in ihrem Glauben und buchte zum
Schein gleich noch ein Folge-Seminar - ganz zufällig am nächsten Paderborner
Besuchstag.
Rigoletto schien es nur Recht zu sein, dass ich mit meinen geschwätzigen, vorlauten
Hormonen nicht mit zu seinen Eltern kam, und er fragte nicht weiter nach.
Mein zweiter Schachzug war mein - beim täglichen Telefonat
wiederholtes -Versprechen an Ingrid, dass ich eher sterben würde, als einen
Kaiserschnitt zuzulassen. Selbstverständlich war auch das gelogen. Schon die
Vorstellung, dass mein Kind nach meinem Tod bei Ingrid aufwachsen könnte, hatte
mich veranlasst, mit meinem Arzt über einen gewünschten Kaiserschnitt zu
sprechen und ihm unter Tränen das Versprechen abzunehmen, mich nicht sterben zu
lassen bei der Geburt. Obwohl der Doktor – ein freundlicher, älterer Herr
- an die 5000 Geburten in seiner Laufbahn begleitet hatte, hörte ich ihn beim
Rausgehen verwundert zu seiner Sprechstundenhilfe
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