Schwiegertöchter (German Edition)
metallgerahmten Fensterfronten, die dort zerbrochen waren, wo die Studios dahinter leer standen. Ebenerdig befanden sich ramponierte, schwarz gestrichene Türen, hinter denen steile, enge Treppen hinauf zu kleinen Absätzen führten, auf die durch schmutzige, wandhohe Fenster etwas Licht fiel. Von jedem Treppenabsatz gingen zwei Türen ab. Die zu Lukes Studio war frisch in einem matten Dunkelgrau gestrichen, leicht seitlich der Mitte war ein Schild aus gebürstetem Stahl angebracht, auf dem in schwarzen, serifenlosen Kleinbuchstaben »graphtech-design consultants« stand.
Ralph war erst einmal hier gewesen, als Luke und Jed gerade einzogen und lange, bevor Luke Charlotte kennen lernte. Sie hatten das Geld für die Kaution und die Anzahlungen für ihre Computer von Jeds Vater geliehen, der von Jeds Mutter getrennt lebte und den Großteil seiner Zeit und seines Geldes in die Restaurierung alter Motorräder steckte. Luke, schon immer handwerklich begabt, fertigte Reißbretter an und installierte das Deckenlicht, während Jed die Böden mit einem Gerät abstrahlte, das wie ein gigantischer Föhn aussah. Ralph dachte mit Wehmut an all die gescheiterten Pläne für sein Cottage in Suffolk, das für ihn ein ganz privater Bereich hatte sein sollen, in dem er wohnen und arbeiten konnte, ohne von irgendjemandem abgelenkt oder zu irgendetwas verpflichtet zu werden. Es hatte nur ihn geben sollen und die weißen Wände und das kompromisslose Küstenlicht und das Meer und den Kieselstrand und seine Idee, die Bequemlichkeit und Intimität des Onlinebankings auf die unbeschränkte Welt der kleinen Investoren auszudehnen.
Aber natürlich war es so nicht gekommen. Er hatte ein paar Monate, vielleicht vier oder fünf, im Cottage gewohnt, Petra war hin und wieder auf ihre unaufdringliche Art da gewesen, hatte Möwen am Strand gezeichnet und bemerkenswerte Dinge aus Baked Beans gezaubert, mit ihm das Bett geteilt und nie irgendwelche Ansprüche gestellt oder Rechte geltend gemacht, als sie ihm eines Tages ziemlich nüchtern mitteilte, dass sie zwei Monate überfällig und wahrscheinlich schwanger sei. Er war verblüfft gewesen, dann ziemlich überwältigt und beinahe in Tränen ausgebrochen und hatte sie dann unbeholfen gefragt, was er deswegen tun solle.
Sie hatte ihn angestarrt. »Nichts.«
»Ich meine, möchtest du hier wohnen. Möchtest du herziehen und mit mir zusammenleben?«
»Vielleicht.«
Er hatte sie festgehalten und gedacht, dass es ihm gefiel, wenn das Liebe war. Er stellte sich ein Baby in seinem nackten Wohnzimmer vor, wie Petra ein Baby im Arm hielt, wie er ein Baby im Arm hielt und ihm das Meer draußen vor dem Fenster zeigte. Aber dann, er konnte sich nicht erinnern oder erklären, was sie dazu veranlasst hatte, dann hatten sie es Anthony und Rachel erzählt, nur mitgeteilt , sie hatten um nichts gebeten, und doch war von da an alles anders gelaufen. Es hatte nichts mehr mit dem zu tun, was er sich vorgestellt hatte, und es war auch nicht mehr seine und Petras Angelegenheit gewesen.
Das Cottage war weg. Beinahe im Handumdrehen. Es wurde ersetzt durch ein kleines Reihenhaus in Aldeburgh mit winzigem Garten, jedoch ohne Blick aufs Meer. Ralph hatte ein ordentliches Arbeitszimmer, aber er sah auf Schuppen und Nachbargärten und einen Gelegenheitsparkplatz, kein Kieselstrand, keine See, kein Himmel. Rachel richtete es ihm behaglich ein und wies auf die sehr viel bessere Internetverbindung als im Cottage hin, und dann fand eine Hochzeit statt – die ihm gefallen hatte, sogar sehr gefallen hatte –, und auf einmal lebten sie in dem kleinen Haus in einer kleinen Stadt, und das Baby war Kit und wurde zwei Monate nach der Hochzeit geboren. Nichts davon, dachte Ralph, als er an diesem Sommerabend in Shoreditch vor Lukes Studio stand, hatte auch nur annähernd, auch nur im Geringsten etwas mit dem zu tun, was er sich vorgestellt hatte, als er das letzte Mal hier gestanden hatte. Und das war weniger als vier Jahre her.
Nicht nur das Studio hatte sich verändert, sondern auch Luke und Jed. Der Raum wirkte ausgeglichen, sehr monochrom und modern, mit raffinierten Lichtschienen und schräg angebrachten Computerbildschirmen. Luke und Jed hatten die gleiche Art von lässiger Arbeitskluft an, schwarze T-Shirts, Cargohosen, Designer-Turnschuhe, und Luke trug jetzt einen Ehering, ein flaches Weißgoldband, das seine linke Hand merkwürdig erwachsen aussehen ließ. Er umarmte Ralph kurz und fest, und Jed gab ihm einen High Five und
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