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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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sagte, er müsse los, schön ihn zu sehen und mach’s gut, Mann, hängte sich am Daumen eine schwarze Lederjacke über die Schulter und verließ pfeifend und mit federndem Schritt über die Treppe hinunter das Studio. Und dann sagte Luke:
    »Du siehst nicht gerade umwerfend aus, Bruderherz.«
    Ralph setzte sich auf einen der schwarzen Hocker vor den Computern.
    »Wie geht’s Charlotte?«
    »Großartig.«
    »Und Venedig?«
    »Fan-tastisch.«
    Ralph holte eine Packung Zigaretten aus der Jackentasche und hielt sie Luke hin. »Kippe?«
    »Nein danke«, sagte Luke. »Nicht mehr. Keine Drogen, nur Alkohol. Und sowieso nicht hier drin.«
    »Ach komm …«
    »Du kannst draußen rauchen. Nicht hier drin.«
    Ralph zuckte mit den Schultern und steckte die Packung zurück in die Tasche.
    »Erzähl«, sagte Luke.
    »Was, jetzt? Sofort?«
    »Ich will nicht, dass du Charlotte später langweilst. Ich will nicht, dass Charlotte denkt, meine Brüder wären nervig und problematisch.«
    »Okay«, sagte Ralph. Er steckte die Hände in die Jackentaschen und starrte hoch zum Oberlicht.
    »Ist es so schlimm?«, fragte Luke.
    »Japp.«
    Luke sagte nichts. Er sah auf die Uhr. Charlotte würde in zehn Minuten nach Hause kommen.
    »Mein Geschäftskonto ist aufgelöst worden«, sagte Ralph.
    »Autsch.«
    »Manchmal muss ich bis zu sechs Monate auf Provisionen warten für etwas, was ich mache. Manchmal noch länger. Das heißt, dass ich einen hohen Überziehungskredit brauche, das ist wichtig. Nein, es ist entscheidend. Und vor vier Monaten hat die Bank einfach die Überziehungszinsen erhöht. Peng. Einfach so. Von fünf auf neun Komma neun Prozent, friss oder stirb. Und …« Er hielt inne, sah Luke an.
    »Was?«
    »Ich hatte auch einen persönlichen Überziehungskredit. Die Zinsen dafür waren ohnehin schon schlimm genug mit neun Komma neun Prozent. Und die haben sie, ohne mir eine Wahl zu lassen, auf satte neunzehn Komma neun Prozent erhöht, obwohl ich die Kreditlinie nie überschritten habe. Und als ich Widerspruch eingelegt habe, meinten sie, ich würde erst bessere Konditionen bekommen, wenn mehr Geld reinkäme. Also habe ich darauf hingewiesen, dass wohl kaum mehr Geld reinkommen könne, wenn mir der Hahn für meinen notwendigen und genehmigten Geschäftskredit abgedreht würde, und sie sagten nur: Pech. Ich habe keine Vermögenswerte, an denen sie interessiert sind, und das ist also das Ende der Geschichte. Außer, dass meine Investoren, Freunde aus Singapur, die mir geholfen haben, das aufzubauen, nicht besonders glücklich sind. Du kannst dir die E-Mails vorstellen, die ich bekomme.«
    Luke sagte mitfühlend: »Das ist echt mies.«
    »Du sagst es.«
    Luke seufzte und kratzte sich am Nacken. Es würde Ralph nicht helfen, wenn er ihm sagte, wie leid ihm das alles tue. Ralph wurde nicht gern bemitleidet.
    »Hast du es Mum und Dad erzählt?«
    »Noch nicht.«
    »Und Petra?«
    »Nein. Nur Ed. Und dir. Wie ich am Telefon gesagt habe. Es war mir wichtig, dass ihr es vor Mum und Dad erfahrt.«
    Luke schob die Fäuste tief in die Hosentaschen. Die Sache mit Ralph war schrecklich, aber er wollte oben in der Wohnung sein, bevor Charlotte nach Hause kam. Er scharrte mit der Gummispitze seiner Schuhe über die schwarzen Bodendielen und fragte: »Was hast du jetzt vor?«

Kapitel 4
    Unter der Woche kaufte Sigrid jeden Morgen Kaffee bei einem Italiener, der nicht weit von dem Labor, in dem sie arbeitete, einen kleinen Kiosk betrieb, nicht größer als ein Küchenschrank und mit einem Verkaufstresen zum Bürgersteig hin. Der Italiener, ein redseliger Neapolitaner, dessen Englisch sich auch nach dreißig Jahren Sprachpraxis kaum verbessert hatte, bevorzugte Blondinen, und häufig bestand er darauf, Sigrid den Kaffee umsonst zu geben oder ihr, wie im Café, ein Biscotto mit Mandeln und Schokosplittern dazu zu schenken. Sigrid mochte das alles. Es war einer der Vorteile – der vielen Vorteile –, in London zu leben. In ihrer Heimatstadt Stockholm gab es echte Blondinen, wie sie eine war, zuhauf.
    Sigrids Labor, unabhängig finanziert, aber lose an Londons Universität angegliedert, befand sich im Untergeschoss eines Gebäudes in Bloomsbury hinter der Hochschule für Hygiene und Tropenmedizin. Während des Schuljahrs, und wenn sie nicht gerade dran war, einen Wagen voller kleiner Mädchen in ihre Schule nach Highgate zu fahren, brachte Sigrid frühmorgens das Haus in Ordnung, ging dann die Upper Street entlang zur Highbury und Islington U-Bahn-Station

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