Schwiegertöchter (German Edition)
gemacht war und den Spielplatz einfasste. Dann gingen sie weiter, sehr langsam, wegen all der vielen Dinge, die unterwegs genau untersucht werden mussten, den King’s-Field-Fußweg hinunter bis zu Petras Schrebergarten.
Kit war sehr gern im Schrebergarten. Er mochte die Fahnen, die in den Gärten ihrer patriotischeren Nachbarn wehten, und er mochte Petras kleinen Schuppen, wo sie ihre Gartengeräte aufbewahrte, und die Holunder- und Fliederbüsche, die darüberhingen, und das winzige Tor, durch das man vom Fußweg aus hineinging. Er bewahrte ein paar Spielsachen im Schuppen auf, einen Plastikbagger, einen Kipper, einen Traktor, und die holte er dann mit ernster Arbeitermiene heraus, während Petra Barney versorgte, eine Harke suchte oder Bohnenstangen aufrichtete. Kit wirkte hier immer zufrieden, dachte Petra oft und hob das auch gegenüber Ralph hervor – wenngleich sie nicht sagen konnte, inwieweit er es zur Kenntnis nahm –, er war wie befreit von all den Sorgen und Nöten, die ihn sonst in seinen wachen Stunden heimsuchten.
»Vielleicht gefällt es ihm, an einem behüteten Ort zu sein«, sagte sie zu Ralph. »Er ist gern innerhalb sicherer Grenzen.«
Ralph lachte kurz auf. »Dann ist er nicht wie ich …«
Aber niemand war so wie Ralph, dachte Petra, während sie unter den steifen, rauen Blättern nach neuen Zucchini suchte. Das hatte sie so an ihm gemocht, abgesehen von seinem Aussehen, als sie ihn kennen lernte. Sie hatte seine Andersartigkeit gemocht. Dass er aus einer vornehmen Familie kam, konnte man an der Art, wie er sprach oder dachte oder sich kleidete, nicht erkennen. Er hatte ihr erzählt, dass er sogar mal Banker gewesen war, mit Anzug und Krawatte und manikürten Fingernägeln. Darauf hatte das Büro in Singapur bestanden, weil Hände nun einmal eine Art Visitenkarte waren, und abgekaute Fingernägel oder ungepflegte Nagelhaut auf Konferenzen zum Beispiel den Eindruck mangelnder Professionalität vermitteln würden.
Nun, derzeit war alles an Ralph ein bisschen ungepflegt. Er musste dringend zum Friseur, er rasierte sich aufs Geratewohl, wodurch er schlimmer aussah, als wenn er sich überhaupt nicht rasieren würde, und er trug jeden Tag dasselbe T-Shirt, falls Petra es nicht mal vom Boden klaubte und in die Waschmaschine steckte. Petra störte sich nicht an Ralphs unordentlichem Aussehen – Himmel, ein bisschen unordentlich war ihrem Empfinden nach völlig normal und angemessen –, aber schmuddelig und ungepflegt war etwas anderes. Und selbst wenn Ralph ein Mensch wäre, den man kritisieren oder beeinflussen könnte, es lag einfach nicht in Petras Natur, so etwas zu tun. Und ohnehin glaubte sie, keinen anderen Menschen zu kennen, der so wenig bereit war, sich zu verändern, wie Ralph.
Rachel hatte oft versucht, mit ihr über diesen Aspekt des gemeinsamen Lebens mit Ralph zu reden. Sie hatte Verständnis, das wusste Petra, und sie wollte ihr helfen, das Zusammenleben mit jemandem zu bewältigen, der Unzugänglichkeit auf ungeahnte Spitzen treiben konnte. Petra, die nie irgendwelche emotionalen Besitzansprüche gekannt hatte, bevor sie selbst Kinder bekam, war sich bewusst, dass sie Rachel zumindest aus Höflichkeit zu Dankbarkeit verpflichtet war, sah jedoch keine Veranlassung, sich nun Rachel zuliebe mehr an Ralphs Art zu stoßen, als sie es tatsächlich tat. Sie wollte sich nicht in Ralphs Lebensweise einmischen oder in seine Art, den Unterhalt für sie alle zu verdienen. Sie wollte ihn ebenso wenig ändern, wie sie selbst von ihm geändert werden wollte.
Außer – nun, sie hatte sich verändert. Kit und Barney zu haben hatte sie verändert. Dinge, die ihr niemals als Probleme erschienen wären, beschäftigten sie jetzt, profane Dinge wie Sicherheit und Erschöpfung und die Bürde, die Kits Hang zum Unglücklichsein für sie bedeutete. Sie wusste nicht, ob Hormone und Mutterschaft für diese Gefühle verantwortlich waren, oder ob sie von Rachels und Anthonys Sorge um sie angesteckt worden war und nun glaubte, etwas als Problem sehen zu müssen, was ihrer Meinung nach nie eins geworden wäre, hätte man es nur auf sich beruhen lassen. Sie musste jedoch schweren Herzens zugeben, als sie jetzt einige glänzende Zucchini auf dem Grasstreifen aneinanderreihte, der ihren Garten begrenzte, wie sehr ihr Ralphs derzeitige Geld- und Jobsorgen und die aufdringliche, lautstarke Anteilnahme seiner Familie zu schaffen machten. Noch nie hatte ihr etwas derart zu schaffen gemacht, und es rumorte in
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