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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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Ralph.
    Als Petra das erste Mal mit der Studentengruppe in Rachels und Anthonys Haus gekommen war, war es ihr einfach nur wundervoll vorgekommen. Von außen sah es mit den bröckeligen alten Backsteinmauern und den sich davon abhebenden weißen Fenstern ziemlich gewöhnlich aus, aber innen war es urgemütlich und bunt und warm, mit zusammengewürfelten Möbeln und unebenen Fußböden und Treppenstufen, wo man keine vermutete, und Balken und ein paar Wandpaneelen hier und da. Sie war begeistert gewesen von Anthonys Atelier, von Rachels Küche, von deren ungezwungener Autorität in ihren jeweiligen Bereichen. Aber damals war sie bei allen darauf folgenden Besuchen, bis Ralph auftauchte, mit Rachel und Anthony allein gewesen und hatte das Privileg besessen, der einzige junge Mensch an einem Ort zu sein, der dazu gedacht war, eine ganze Familie zu unterhalten und großzuziehen. Heute allerdings, mit ihrer eigenen Familie, mit Ralphs Brüdern und deren Familien, mit so vielen verschiedenen Ansprüchen an das Haus und seine zwei Bewohner, hatte ein Besuch dort nichts mehr von dem Luxus vergangener Tage und gab ihr auch nicht mehr das Gefühl einer individuellen Bedeutung. Inzwischen vergaß sie dort manchmal sogar zu sprechen, sie vergaß, den Anspruch geltend zu machen, dass mit ihr gesprochen wurde. Manchmal fragte Ralph sie dann auf dem Heimweg: »Schmollst du?«
    So war es auch heute wieder gewesen. Das Haus schien vor lauter Menschen zu dröhnen. Mariella, die eine Locke ihres langen Haars sorgfältig mit bunten Bändern verflochten hatte und Perlenarmbänder trug, hatte einen riesigen Korb auf dem Wohnzimmerboden abgestellt und wie bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung wirkungsvoll Kekse und süße Brötchen und Kuchen daraus zutage gefördert, was jedes Mal von Jubel und Applaus begleitet wurde. Außer von Petra. Petra mochte Mariella sehr gern und war gerührt von der Tatsache, dass diese Backspende ganz allein ihre Idee und zum Teil auch ihr Werk war, aber in dieser ausgelassenen Gesellschaft konnte sie einfach nicht sprechen, weil sie das Gefühl hatte, mit nichts, was da vor sich ging, etwas zu tun zu haben. Es war einfach zu viel . Und Ralph sah aus, als ob er jeden Moment meutern würde.
    Das Mittagessen war womöglich noch schlimmer. Rachel hatte wie immer fantastisch und üppig gekocht, und Kit hatte drei Röstkartoffeln mit Sauce gegessen und nach einer vierten gefragt, und Rachel war entzückt gewesen. Nachdem Lukes Abwesenheit immer wieder zur Sprache gekommen und analysiert und diskutiert worden war, bis Charlottes Mutter eindeutig als Schuldige an seiner Abwesenheit feststand, wendete sich die Unterhaltung Ralph und seinem bevorstehenden Vorstellungsgespräch zu, das offensichtlich an Edwards Bank stattfand, durch Edwards Vermittlung, und alle waren begeistert, dass er sich dafür eingesetzt hatte, und sie waren ebenso gewiss, dass Ralph seine Sache gut machen würde, denn schließlich war er ja so clever, oder nicht?
    »Was ist, wenn du den Job bekommst?«, fragte Anthony.
    »Wie meinst du das, wenn ich ihn bekomme?«
    »Na ja, er ist in der City«, sagte Anthony. »Du kannst nicht jeden Tag von Suffolk nach London pendeln. Oder?«
    »Natürlich kann ich das.«
    »Nein, kannst du nicht«, entschied Rachel. »Das ist zu anstrengend. Du würdest die Kinder gar nicht mehr sehen.«
    Und dann hatte Ralph ruhig, ohne seine Eltern oder Petra anzusehen, gesagt: »Dann müssen wir eben umziehen, nicht wahr?«, und als daraufhin ein Stimmengewirr um den Tisch herum anhob, riss er die Hände hoch und brüllte: »Keine Spekulationen mehr! Keine Diskussionen mehr! Aufhören!«, und Petra hatte das sichere Gefühl, wenn sie allmählich mit dem Stuhl zurück gegen die Wand rückte, würde sie irgendwie damit verschmelzen und hindurch auf die andere Seite verschwinden und dort in Luft und Freiheit flüchten, und niemand – außer Kit – würde auch nur merken, dass sie nicht mehr da war.
    »Schmollst du?«, fragte Ralph sie auf dem Heimweg.
    »Nein.«
    »Was dann?«
    »Ich bin verwundert.«
    »Wovon? Dass ich ein Vorstellungsgespräch habe?«
    Petra blickte nach hinten. Beide Jungs schliefen in ihren Sitzen. Barneys Mund stand offen.
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Was dann?«
    »Du hast gesagt, dass wir vielleicht aus Suffolk wegziehen müssen.«
    »Nein«, sagte Ralph. »Das hab ich nicht. Ich habe nur gesagt, wenn ich das mit dem Pendeln nicht hinkriege, müssen wir vielleicht umziehen.«
    »Das kann ich

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