Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
Vom Netzwerk:
seinen Eltern zu zeigen, dass gelungene Familienzusammenkünfte auch außerhalb von Suffolk stattfinden können. Und so schlug sie nun mit einem Löffel leicht gegen ihr Wasserglas und wiederholte: »Also, wir möchten euch etwas sagen.«
    Rachel, die neben Luke saß, legte ihm die Hand auf den Arm und sagte etwas vorschnell: »Oh, Liebling. Gibt es bei der Arbeit etwas zu feiern?«
    Luke starrte Charlotte an. Er sah angespannt aus, als hätte sich etwas in ihm angestaut, was er liebend gern herausließe.
    Charlotte fixierte ihrerseits Rachel. »Nein«, sagte sie entschlossen.
    Rachel wandte sich Charlotte zu. »Doch nicht …«
    »Doch nicht was?«, fragte Charlotte gefährlich ruhig.
    »Bitte«, sagte Anthony über den Tisch hinweg zu Rachel.
    »Doch nicht etwa ein Baby?«, setzte Rachel gnadenlos nach.
    »Rachel!«, rief Anthony.
    Charlotte stand auf. Sie hatte auf der Stelle ihre Beherrschung verloren. »Genau!«, schrie sie. »Ein Baby ! Wir bekommen ein Baby! Was ist an einem Baby auszusetzen?«
    Rachel blieb unnachgiebig: »Ihr habt doch gerade erst geheiratet. Hättet ihr nicht warten können?«
    Ein Tumult brach aus. Lukes Stuhl kippte um, als er aufsprang und zu seiner Frau eilte, aber Sigrid war schneller und nahm Charlotte in den Arm. Edward und Anthony gingen auf Rachel los.
    »Wie konntest du nur?«
    »Was hast du dir dabei gedacht ? Hast du den Verstand verloren?«
    »Was geht dich das überhaupt an?«
    »Gott, du bist unmöglich …«
    Mariella ließ sich nichts entgehen. Sie blieb still auf ihrem Stuhl gegenüber ihrer Großmutter sitzen und beobachtete. Sie sah ihre Mutter und ihren Onkel Luke, die beide ihre Arme um Charlotte gelegt hatten, und obwohl sie von Charlotte nicht mehr als ihr Haar und ihre Beine sehen konnte, wusste sie, dass sie inmitten der ganzen Umarmungen weinte, weil Granny etwas gesagt hatte, das sie nicht hätte sagen sollen, und nun saß Granny da und starrte in ihren Schoß, während ihr Vater und ihr Grandpa sie wütend anzischten. Mariella fragte sich, ob Granny sich gern entschuldigen würde und ob ihre Mutter Charlotte wegen diesem ganzen Baby-im-Kopf-Kram tröstete. Dann fiel ihr ein, dass alles mit der Nachricht angefangen hatte, dass Charlotte und Luke ein Baby bekommen würden, und helle Freude packte sie. Sie stieg auf ihren Stuhl, so dass sie wie vorhin im Bad mit ihrer Mutter alle anderen überragte.
    Mariella klatschte in die Hände. »Alle aufhören!«, rief sie.
    Niemand nahm von ihr Notiz.
    »Seid still, seid still!«, schrie Mariella. Sie sah zu ihrem Vater runter. Er hatte aufgehört, Granny anzuraunzen, und stützte den Kopf in die Hände. Mariella holte tief Luft und jubelte dann: »Wir bekommen alle ein Baby!«
    Anthony bestand darauf, auf dem Rückweg selbst zu fahren. Er hatte die Autoschlüssel aus Rachels Handtasche genommen und ihr die Wagentür aufgehalten, und sie war wortlos eingestiegen und hatte sich angeschnallt, ohne ihn anzusehen, während er den Fahrersitz zurechtrückte und die Spiegel einrichtete. Sie bot an, ihm den Weg zur A12 zu beschreiben, aber er lehnte dankend ab, es seien ausreichend Verkehrsschilder vorhanden. Dann stellte er das Radio an, ziemlich laut, und sie fuhren in beklemmendem Schweigen zurück nach Suffolk.
    Fast die ganze zweieinhalbstündige Fahrt über saß Rachel mit zurückgelehntem Kopf da, die Augen geschlossen und das Gesicht von Anthony abgewandt. Sie hatte keine Ahnung, wie sie ein Gespräch beginnen sollte, und für Anthony schien es ohnehin das Letzte zu sein, was er wollte. Sie hatte ihn selten so wütend gesehen. Er war kein Mensch, der leicht wütend wurde, schon gar nicht auf sie. Tatsächlich hatte sie sich im Laufe der Jahre daran gewöhnt, dass sie bei Anthony mit so ziemlich allem durchkam, dass er ihr energisches und resolutes Auftreten, ihre offene Parteinahme für die Männer in ihrem Leben, ihre Fähigkeit, entschieden zu handeln, nicht nur schätzte, sondern mitunter regelrecht abhängig davon war. Sie rief sich die Gelegenheiten in Erinnerung, bei denen Anthony, während ihres gemeinsamen Lebens, ihren Rückhalt und ihre verständnisvolle Kameradschaft gesucht hatte, beispielsweise auf Edwards Hochzeit oder als Ralph nach Singapur verschwand oder während Lukes Interimsjahr und seiner vielen Reisen, als sie kaum Kontakt zu ihm hatten. Sie versuchte sich damit zu trösten, dass Anthony sie damals gebraucht und sich auf ihren gesunden Menschenverstand und ihre praktische Veranlagung verlassen hatte.

Weitere Kostenlose Bücher