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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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Stück Papier, mit gekrümmten Vorderpfoten, als würde er noch immer graben.
    »Es ist ihr Leben«, sagte Anthony, weiter zeichnend.
    »Aber sie haben Kinder , das dürfen sie nicht einfach außer Acht lassen, und wenn sie nicht umziehen, wird Ralph nachts nicht mehr nach Hause kommen, und dann …«
    »Hör auf«, unterbrach Anthony sie.
    »Ich kann nicht fassen, dass dir das so egal ist.«
    Anthony verwischte die Zeichnung mit dem Zeigefinger. »Es ist mir nicht egal. Genauso wenig wie dir. Aber das gibt uns nicht das Recht, uns einzumischen.«
    »Wie kannst du es wagen …«
    »Ich will nicht weiter darüber reden«, fiel ihr Anthony ins Wort. »Nicht jetzt, nicht morgen und ganz bestimmt nicht während der Fahrt nach London, wenn ich neben dir in der Falle sitze.«
    Und so lief auf dem Weg nach London das Radio, um die Spannung zu überspielen, und Rachel, die am Steuer saß, wusste, dass Anthony ihre Fahrweise zwar genau beobachten, aber nicht kommentieren würde. Sie hatte beschlossen zu schweigen, weil jahrzehntelange Erfahrung mit sich selbst sie gelehrt hatte, dass Angst sie nur wütend klingen ließ. Und wenn die Sorge um Ralph und Petra sich mit dem Widerwillen gegen das Sonntagsessen vereinte, das sie in Shoreditch statt an ihrem eigenen geräumigen Küchentisch einzunehmen gezwungen war, könnte sie sich womöglich zu irgendwelchen Bemerkungen hinreißen lassen, auf die sie anschließend nicht besonders stolz wäre. Also fuhr sie schweigend und mit Wut im Bauch, und Anthony neben ihr bemühte sich, dieses wütende Schweigen ebenso wie seinen eigenen inneren Aufruhr angesichts der Stürme, die seine Familie bedrohten, zu ignorieren, indem er die Wolkenformen studierte und überlegte, wie Constable oder Turner oder Whistler sie wohl gemalt hätten.
    Luke hatte ihren kleinen schwarzen Esstisch mithilfe einer Holzfaserplatte, die vom Umbau seines Studios übrig geblieben war, in eine Tafel verwandelt, die groß genug war für sieben Personen. Charlotte hatte eigentlich elf Leute bewirten wollen, aber Luke war es nach Ralphs zweiter alkoholumnebelter Nacht auf dem Sofa leid geworden, ihm und Petra eine vernünftige Antwort auf ihre Einladung abzuringen, und hatte entschieden, dass das gemeinsame Essen dann eben ohne sie stattfinden würde.
    »Aber ich hätte die Kinder gern dabei«, sagte Charlotte.
    »Nein, hättest du nicht. Barney würde alles auf den Boden reißen, was er zu fassen bekommt, und Kit würde quengeln und am Essen herummäkeln.«
    »Das ist mir egal.«
    »Mir aber nicht«, sagte Luke.
    Es folgte eine kurze Pause, dann sagte Charlotte völlig zutreffend: »Du hast Angst, weil deine Mutter kommt.«
    »Hab ich nicht.«
    »Lukey …«
    »Ich hab meine Eltern noch nie zum Essen eingeladen«, gestand Luke. »Noch nie. In meinem ganzen Leben.«
    »Also …«
    »Wir sind immer nach Hause gefahren. Wir sind zum Essen nach Hause gefahren. So ist es immer gelaufen.«
    »Deshalb lohnt es, sich etwas Mühe zu geben.«
    »Ich gebe mir Mühe.«
    Charlotte wartete ein paar Sekunden und sagte dann: »Lass es nicht an mir aus, Schatz.«
    Luke sah sie an, seufzte verzweifelt und warf die Hände hoch. »Es ist nicht deinetwegen …«
    »Was ist es dann?«
    »Es ist – es ist wegen allem, was in letzter Zeit passiert ist. Wegen Ralph und weil wir nicht nach Suffolk gefahren sind und Mum und Dad nichts von dem Baby erzählt haben …«
    »Wir erzählen es ihnen heute. Sie werden es heute erfahren.«
    Luke sagte traurig: »Du hast es deiner Mutter schon letztes Wochenende erzählt.«
    »Ich habe sie getroffen«, sagte Charlotte. »Ich wollte es ihr persönlich sagen, also haben wir uns getroffen.«
    »Du hast deine Mutter an zwei Wochenenden hintereinander gesehen.«
    »Führst du etwa Buch?«
    »Nein«, sagte Luke. »Aber Mum wird es tun.«
    Charlotte entfaltete ein weißes Tischtuch und breitete es über den Tisch. Sie fragte: »Hast du Cola oder so was für Mariella besorgt?«
    »Wechselst du das Thema?«
    Charlotte beugte sich über den Tisch, um die Decke glatt zu streichen. Sie trug ein kurzes hauchdünnes graues Hemdchen über weißen Shorts. Ihre Beine waren wirklich umwerfend. Luke musste plötzlich daran denken, wie diese Beine an seinem Vater und seinem älteren Bruder vorbeiliefen. Er sagte: »Willst du das anbehalten?«
    Charlotte richtete sich auf. Ihr kurzes Haar stand in Stacheln nach oben, so wie Luke es mochte, und sie trug riesige Perlenohrringe. »Ja sicher. Es ist neu.«
    Luke seufzte

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