Schwiegertöchter (German Edition)
die Notwendigkeit von Ralphs Tun zu erklären und sie darauf hinzuweisen, dass ihre Unterstützung es für alle Beteiligten, sie eingeschlossen, leichter machen würde. Wenn er diesem Impuls gefolgt wäre, wenn er nach Suffolk gefahren wäre und versucht hätte, vernünftig mit Petra zu reden, hätte das irgendetwas bewirkt? Hätte sie ihm auch nur die geringste Aufmerksamkeit geschenkt, oder war sie ohnehin auf diese stille, indifferente Art entschlossen, sich so zu verhalten, wie es ihr passte, und zwar nur ihr allein? Er schüttelte den Kopf. Er hatte zu Recht das Gefühl, dass sein Bruder schlecht und seine Eltern mit größter Undankbarkeit behandelt wurden, das war ein vollkommen berechtigtes Gefühl. Aber dennoch störte ihn etwas, etwas, das ihn schon immer gestört hatte, wenn er zurück nach Suffolk kam, wo das in unveränderten Bahnen ablaufende Leben seiner Eltern seltsamerweise eher Unbehagen hervorrief als tröstliche Ruhe.
Er war erleichtert, das Zuschlagen der Wohnungstür zu hören. Mariella kam die Treppe heruntergefegt und rief nach ihm.
»Hier!«, antwortete er. »Ich bin hier draußen.«
Sie kam durch die Küche gerast, warf die Arme um ihn und hob ihm das Gesicht entgegen. In ihren Augenbrauen waren Spuren winziger blauer Flitterplättchen.
»Ich bin ein Avatar«, sagte Mariella.
Edward beugte sich vor, um die Umarmung zu erwidern.
»Das sieht man. Wo ist Mummy?«
»Holt noch Sachen aus dem Auto.«
»Hattet ihr Spaß bei Indira?«
Mariella machte sich frei und fing an, um den Küchentisch herumzuhopsen.
»Wir haben Flughafen gespielt. Für wenn ich nach Schweden fliege.«
»Oh«, staunte Edward, der nicht ganz verstand. »Bereit fürs nächste Mal?«
»Ja«, sagte Mariella hopsend. »Mummy hat Tickets im Computer gekauft, bevor wir zu Indira gegangen sind. Sie hat gesagt, wir nehmen noch den Rest Sommer in Schweden mit. Bevor ich wieder zur Schule muss.«
»Verstehe«, sagte Edward. Ihm war plötzlich übel. Die Wohnungstür ging auf und zu, und Sigrids Schritte waren im Flur über ihren Köpfen zu hören.
Edward sah Mariella an. »Und ich – fliege ich mit? Hat Mummy drei Tickets gekauft?«
Mariella hatte ihm den Rücken zugedreht. Sie hüpfte noch ein paar Mal und blieb dann stehen, wacklig auf einem Bein balancierend.
»Oh nein«, sagte sie. »Mummy hat gesagt, du kannst nicht. Sie hat gesagt, du musst hierbleiben und dich um deine Brüder kümmern.«
Kapitel 15
Es gab etliche Gründe für Rachel, sich in Aldeburgh aufzuhalten. Dort waren schließlich der Buchladen und das Delikatessengeschäft, und sie musste eine Geburtstagskarte für ihre Schwester kaufen, was immer sehr schwierig war, weil ihre Schwester aus jedem Geschenk etliche Schlussfolgerungen zog und fast zwangsläufig von jeder beleidigt war. Es war also keineswegs ungewöhnlich, dass Rachel hier war und langsam und aufmerksam die High Street entlangging und jedes Mal besonders genau hinsah, wenn sie eine junge Frau mit einem Buggy und einem kleinen Kind sah. Oder auch einfach nur eine junge Frau mit zerzaustem Haar und einer Garderobe, die noch in einer Million Jahre jeder konventionellen Modevorstellung zuwiderlaufen würde.
Eine Stunde lang spazierte Rachel für ihre Einkäufe herum. Im Buchladen kaufte sie eine Monografie von Kenneth Clarke über den Alde-Fluss und im Deli eine Auswahl verschiedener Oliven. Für ihre Schwester erwarb sie einen gestreiften Morgenmantel, der wie ein Kimono geschnitten war (würde ihre Schwester wegen des Etiketts »Large« im Kragen beleidigt sein, das nur »groß« für Japaner meinte, nicht für Europäer?), und sie besorgte noch ein paar Räucherheringe und ein Sauerteigbrot und verstaute alles im Kofferraum ihres Wagens. Danach ging sie zurück zur High Street, kaufte ein Sandwich und eine Flasche Wasser und setzte sich am Kiesstrand auf ihre Fleecejacke zu einem kleinen, ruhelosen Picknick. Sie sah den letzten Urlaubern dieses Spätsommers zu und wünschte, einer der herumrennenden kleinen Jungen würde sich als Kit entpuppen: Kit, der auf sie zugelaufen kam, aufgeregt ihren Namen rief und damit das Eis brach für eine Unterhaltung mit Petra, egal welcher Art.
Nachdem sie beim Bettenmachen, beim Zwiebelschneiden und später beim Anbinden der umknickenden Herbstastern lange genug mit sich gerungen hatte, entschied sie, dass ihr vollkommen berechtigter Zorn sie nicht weiterbringen würde. Anthony war schrecklich verletzt, aber Petra anzuschreien, um Anthony zu
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