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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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üblichen Bemühungen und Umgangsformen zwischen angeheirateten Verwandten beschränkt. Sie beide hatten Petra ins Herz geschlossen. Petra ihrerseits hatte oft gesagt, dass sie gar nicht wisse, was sie ohne sie tun würde.
    Rachel stand auf und schüttelte die Sandwichkrümel von ihrer Jacke. Sie würde noch einmal die High Street auf und ab gehen, beschloss sie, aber nicht an Petras Haustür klopfen und auch nicht zum Schrebergarten gehen. Vielleicht müsste sie zu einem späteren Zeitpunkt auf einem Treffen bestehen, statt weiter nur darauf zu hoffen, aber noch war es nicht so weit. Und wenn sie Petra nicht begegnete, dann bräuchte sie Anthony nicht zu gestehen, dass sie in der Hoffnung nach Aldeburgh gefahren war, ihr zufällig über den Weg zu laufen, und darin lag zumindest ein gewisser Trost.
    Sie lief zügig die High Street entlang, überquerte sie an deren Ende und lief auf der anderen Seite ebenso rasch zurück. Keine Petra. Keine einzige junge Frau mit Buggy begegnete ihr, wahrscheinlich waren alle Mütter noch damit beschäftigt, ihre Babys zu füttern oder deren Mittagsschlaf zu bewachen. Rachel ging zurück Richtung Meer und zu ihrem geparkten Wagen, und auf einmal kam Petra geradewegs auf sie zu, ohne Buggy und ohne Kinder, vollbeladen mit Einkaufstüten.
    Petra blieb abrupt stehen. Sie trug eine Art Zigeunerrock, den Rachel kannte, und ihre alte Jeansjacke, und ihr Haar war zu einem lockeren Zopf geflochten, der ihr vorn über die Schulter hing und unten mit bunten Wolltroddeln zusammengebunden war.
    »Hallo«, begrüßte sie Rachel. Ihre Stimme klang vollkommen normal.
    Rachel war plötzlich verlegen. Normalerweise hätte sie Petra ganz instinktiv geküsst, aber unter den gegebenen Umständen schien ihr das nicht möglich. Auch lächeln ging nicht, obwohl Rachel auf ihrem Gesicht ein steifes Grinsen bemerkte, wie die Grimasse eines abgerichteten Hundes. Sogar ihre Stimme klang unnatürlich, als sie schließlich ein »Hallo« herausbrachte.
    Petra sagte nichts weiter und stand einfach nur mit ihren Einkaufstüten da. Rachel öffnete ein paar Mal den Mund und machte die eine und andere unfreiwillige Geste in dem Versuch, nach dem Buggy und den Kindern zu fragen. Petra kam ihr nicht entgegen.
    »Wie – geht es dir?«, erkundigte sich Rachel schließlich.
    »Gut.«
    »Und den Jungs?«
    »Gut«, sagte Petra.
    Rachel fing sich allmählich. »Wo sind sie?«, fragte sie. »Ich glaube, ich habe dich noch nie ohne die Jungs gesehen.«
    »Sie sind bei Steve«, antwortete Rachel.
    »Bei – bei …«
    »Ja«, bestätigte Petra. Sie klang, als sei das so selbstverständlich, dass es schon fast langweilig war. »Steve ist mit ihnen schwimmen gegangen. Sie schwimmen gern, also hat er sie mitgenommen.« Sie ließ ein paar Sekunden verstreichen und fügte dann hinzu: »Weil ich ja nicht schwimmen kann, wie du dich vielleicht noch erinnerst.«
    Und dann lächelte sie Rachel freundlich und distanziert an und machte einen Schritt zur Seite, um mit ihren Einkaufstüten an ihr vorbeizugehen.
    An diesem Abend rief Rachel bei Edward an, um ihm ihre Begegnung mit Petra zu schildern und ihn zu fragen, ob sie seiner Meinung nach Anthony davon erzählen solle.
    »Warum nicht?«, fragte Edward gereizt.
    »Weil er schon verletzt genug ist.«
    »Genau.«
    »Und ich möchte nicht, dass er sich seine Enkelsöhne beim Schwimmen mit diesem Freund von Petra vorstellen muss.«
    »Dann erzähl es ihm eben nicht.«
    »Aber gerade hast du gesagt …«
    »Mum«, sagte Edward. »Ich will diese Unterhaltung nicht. Ich will nicht darüber reden. Oder darüber nachdenken. Okay?«
    Rachel sagte mitfühlend: »Ich nehme an, du vermisst Sigrid und Mariella.«
    Edward kniff fest die Augen zusammen. Er hatte nicht vor, darauf einzugehen.
    »Geht es ihnen gut?«, fragte Rachel.
    Edward ließ die Augen geschlossen. Sigrid war jetzt vier Tage weg. Er hatte einmal versucht, sie anzurufen, aber auf der Insel, wo ihre Eltern das Sommerhaus hatten, gab es keine Handyverbindung.
    »Glaub schon«, sagte Edward.
    »Würdest du gern hierherkommen? Das Wochenende ist bestimmt trostlos ohne sie. Komm am Freitag.«
    Edward öffnete die Augen. »Nein danke, Mum.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich hierbleiben möchte«, entgegnete Edward.
    Ein Schweigen folgte, in dem das Zeichen für eine eingegangene SMS auf Edwards Handy erklang. Dann sagte Rachel knapp: »Schön. Dann überlasse ich dich deiner schlechten Laune. Wiederseh’n, Liebling.«
    Die Leitung war tot.

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