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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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sollte, aber da sie geradezu fühlen konnte, wie diese ganze Sache sie reifer werden ließ, verzichtete sie darauf. Stattdessen sagte sie: »Ich bin hergekommen, um dir zu sagen, dass nicht allen jedes Verständnis fehlt. Ich verstehe es. Ich meine, vielleicht nicht das mit dem Meer, und ich kenne Steve nicht, aber ich bin für dich da, wenn du mich brauchst.«
    Petra sagte wieder in Barneys Haar hinein: »Ich bin nicht in ihn verliebt, oder so was.«
    »In Steve?«
    »Nein.«
    »Warum dann …?«
    »Weil es mir hilft«, sagte Petra. »Er empfindet genauso wie ich. Was das Meer angeht, und so. Er mag, was ich mag. Er hat die Kinder gern.« Sie schaute zu Kit. »Er schläft.«
    Charlotte sah runter zu ihm. »Was für ein Kompliment.«
    »Er mag Frauen«, sagte Petra.
    »Mag er – mag er auch seine Großmutter?«
    Es folgte eine winzige, bedeutsame Pause, und dann gab Petra zu: »Ja. Er hat sie gern.« Und fügte fast unhörbar hinzu: »Allerdings wird sie mich nicht mehr mögen. Jetzt nicht mehr.«
    Charlotte lächelte sie an und sagte: »Mich mag sie auch nicht«, und Petra erwiderte ihren Blick und ihr Lächeln.
    Anthony sagte zum fünfzigsten Mal: »Ich kann es nicht fassen.«
    Rachel lehnte mit geschlossenen Augen in einem der durchgesessenen alten Sessel im Atelier. Sie waren jetzt schon seit Stunden hier, seit die Jungs gegangen und mit Charlotte am Steuer abgefahren waren – Charlotte, von der sie weder gewusst hatten, dass sie mitgekommen war, und die auch nicht mal aus dem Wagen gestiegen war, um ihnen guten Tag zu sagen, sondern einfach lächelnd bei heruntergekurbeltem Fenster und laufendem Motor sitzen geblieben war.
    »Komm rein«, hatte Rachel sie aufgefordert und sich zum Fenster gebeugt. »Komm rein und trink wenigstens einen Tee mit uns, bevor ihr zurückfahrt.«
    Charlotte hatte nicht mal die Sonnenbrille abgenommen. Sie schenkte Rachel ihr breites, strahlendes Lächeln und sagte, danke, aber sie müssten wirklich gleich los, morgen arbeiten und so weiter. Ed und Luke waren fügsam zu ihr in den Wagen gestiegen, als müssten sie eher ihr als ihren Eltern gehorchen, und Charlotte war losgefahren, winkend und lächelnd, und sie hatten ihnen niedergeschlagen und verwirrt hinterhergesehen und waren dann in stillschweigendem Einvernehmen ins Atelier gegangen.
    Anthony stand neben der Staffelei. Seine Kranichzeichnung war noch immer unvollendet, und aus reiner Gewohnheit hatte er ein Stück Zeichenkohle aufgenommen und war damit übers Papier gefahren, aber er konnte sich nicht konzentrieren, konnte sich nicht besinnen, wie man zeichnete. Er stand nur da, hielt die Kohle in der Hand und sagte, dass er es nicht fassen könne, ganz unmöglich. Ausgerechnet Petra. Petra.
    Rachel war ganz still geblieben. Sie hatte sich in den nächsten Sessel fallen lassen und sich nicht mehr gerührt, der Kopf zurückgelehnt, die Augen mal geschlossen, mal an die Decke gerichtet. Für die Jungs hatte es extra Hummer zum Mittagessen gegeben, den sie so gern aßen, und eine Knoblauchmayonnaise und diesen Nachtisch aus zerstoßenen Baisers und Erdbeeren, der immer Lukes Lieblingsnachtisch gewesen war. Aber keiner hatte sehr viel gegessen. Sie hatten gesagt: »Köstlich, Mum, danke«, und dabei geklungen wie Teenager, und Blicke ausgetauscht, als wollten sie gestehen, dass sie einen Kricketball durchs Treibhausdach geschlagen hatten. Dann hatte Edward sich geräuspert und erklärt, gut, also eigentlich seien sie aus einem bestimmten Grund gekommen, und das sei leider kein sehr erfreulicher Grund, und dann hatte er losgelegt. Rachel wusste vom ersten Wort an, dass Anthony nichts verstand, dass Anthony nichts von dem begriff, was da erzählt wurde, und dass Edward ebenso gut in Mandarin zu ihm hätte sprechen können. Und dann drang es plötzlich zu ihm durch, und er wurde grau und legte Messer und Gabel nieder, und Rachels Beschützerinstinkt versetzte sie in einen solchen Zorn über diesen Vertrauensbruch, dass sie am liebsten aufgesprungen wäre.
    Inzwischen war sie wieder ruhiger. Sie war ruhiger und so erschöpft, wie man nur sein konnte, wenn man wortwörtlich von Wut überschwemmt worden war. Sie hatte eine Menge Sachen über Petra gesagt, die von diesem Vulkan der Empörung herrührten, Empörung darüber, dass Ralphs Anstrengungen, seine Familie zu unterhalten, auf so eine Weise belohnt wurden, Empörung über Petras Verhalten, Empörung darüber, dass Anthonys Vertrauen in sie, seine aufrichtige Liebe, derart mit

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