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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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Füßen getreten wurden.
    »Sie ist ein schlechter Mensch«, sagte Anthony bestürzt und aufgebracht. Sein Gesicht war rot, und er hatte die zerknüllte Serviette auf den Hummer geschmissen. »Ein schlechter Mensch .«
    Aber Rachel wusste, dass dem nicht so war. Sie hatte in der ersten Aufregung nach Edwards Bericht schreckliche Dinge über Petra gesagt, aber sie wusste, dass sie kein schlechter Mensch war. Wenn sie darüber nachdachte, wenn sie sich zwang, auf die andere Seite ihrer leidenschaftlichen, instinktiven mütterlichen Loyalität Ralph gegenüber zu blicken, wusste sie, dass Petra sich in ihrer Ehe fühlte, als ob sie ständig gegen eine Stahltür anrennen würde. Was Rachel dabei zu schaffen machte, war nicht, dass Petra anscheinend mit ihrem Leben und mit ihrem Mann nicht mehr zurechtkam, oh nein. Ralph, und das Zusammenleben mit ihm, war immer zutiefst unberechenbar gewesen. Was sie weder verstehen noch verzeihen konnte, war, dass Petra mit ihrem Kummer nicht zu ihr und Anthony gekommen war, sondern eine andere Lösung gewählt hatte, die, offen gesagt, katastrophal für alle war.
    Edward und Luke hatten diesen neuen Mann in Petras Leben so dürftig wie möglich beschrieben, um damit ihren Abscheu für die ganze Geschichte auszudrücken. Rachel gefiel ihre Loyalität, ihre Überzeugung, dass kein anderer Mann ein nachvollziehbarer Ersatz für ihren Bruder sein konnte. Aber in gleichem Maß missfiel ihr, wie sympathisch dieser Steve zu sein schien, wie unaufdringlich anziehend durch seine Arbeit und die gemeinsamen Interessen, wie gern – und das war das Schlimmste – die Kinder mit ihm zusammen waren. Edward hatte erklärt, dass Ralph ebenso verwirrt wie verletzt war.
    »Er sagt, Steve hat eigentlich nichts. Eine WG in einem gemieteten Cottage, einen klapprigen Toyota. Aber es stört ihn nicht und es stört Petra nicht. Die Vögel und das Meer und am Strand mit Steinen werfen, das scheint ihnen zu reichen. Das scheint genug zu sein.«
    »Ist sie mit ihm im Bett gewesen?«, fragte Anthony.
    Luke stieß einen Laut des Ekels aus. Edward sagte hölzern: »Davon weiß ich nichts.«
    »Es wird nicht lange gehen«, sagte Anthony. »Ein Strohfeuer. Eine Trotzreaktion. Ich werde mit ihr reden.«
    »Nein!«, platzte Rachel laut heraus.
    Alle sahen sie an.
    Anthony sagte: »Aber wir reden immer mit ihr.«
    »Diesmal nicht«, entgegnete Rachel. »Diesmal nicht .«
    Alle hatten sie erstaunt angestarrt, und sie hatte in ihren Gesichtern die Frage sehen können: Was ist nur in Mum gefahren, sonst kann sie es gar nicht abwarten, sich in ein Problem einzumischen, sonst glaubt sie immer, eine Lösung zu haben. Nun, dieses Mal hatte Rachel keine Lösung, außer zu sagen, dass sie nichts unternehmen würden, vor allem Anthony nicht. Sie würden nichts tun, dachte Rachel, als sie jetzt im Sessel lag und die merkwürdigen Muster betrachtete, die sich hinter ihren geschlossenen Augenlidern bewegten, denn zum ersten Mal seit Jahrzehnten wusste Rachel nicht, was zu tun war. Die ganze eifrige Geschäftigkeit, um für Ralph und Petra in Ipswich ein Haus zu finden, kam ihr jetzt lächerlich vor, als ob sie jene tiefsitzende Angst überdecken wollte, die zu benennen sie kein Interesse hatte. Nun wusste sie, was für eine Angst das gewesen war, die Angst, dass Ralphs berufliche Probleme seine seltsame, undurchsichtige, undefinierbare Beziehung mit Petra noch weiter zersetzen könnten, und zwar so sehr, dass kein noch so entschiedenes Eingreifen von außen sie wieder zusammenfügen könnte. Petra war Petra. Sie hatte sich schon immer wie ein Fisch jedem Versuch, sie zu fassen, entwunden. Aber, dachte Rachel jetzt, als sie müde ihre wirren Gedanken durchforstete, ich hatte wirklich geglaubt, ich wäre zu ihr durchgedrungen, ich hatte geglaubt, nach Kits Geburt wären die Verhältnisse stabiler geworden und alle wüssten, wo sie stehen, und dass sie sich aufeinander verlassen könnten. Und wenn sie denkt, sie könnte sich erlauben, so mit Anthony umzugehen, nach allem, was er für sie getan hat, nach all der Geduld und Hilfe und Zuneigung, nun, dann ist sie schief gewickelt, und zwar gewaltig.
    Sie öffnete die Augen und betrachtete Anthony vor seiner Staffelei, wo er die Kraniche anstarrte, ohne sie zu sehen. Er schien seit heute Morgen gealtert zu sein, er ließ die Schultern hängen, und seine ganze Haltung war von Traurigkeit wie von einer dunklen Aura umgeben.
    »Ant?«, sagte Rachel.
    Er machte eine leichte Drehung und

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