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Schwiegertöchter (German Edition)

Schwiegertöchter (German Edition)

Titel: Schwiegertöchter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Trollope
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schenkte ihr ein vages Lächeln. »Ich hatte angenommen, du schläfst.«
    »Leider nein.«
    Sie richtete sich ein wenig auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    »Tee?«, fragte sie.
    Ohne auf sie einzugehen, fragte er zurück: »Was machen wir jetzt? Wie wollen wir Ralph helfen?«
    Rachel mühte sich in eine aufrechte Position. »Wir rufen ihn an. Später. Wenn wir beide wieder ein bisschen klarer denken können.«
    »Ja«, sagte Anthony. »Ja. Der arme Teufel.« Er hob die Hand und ergänzte etwas an einem Kranichflügel. Dann sagte er mit leichtem Ingrimm: »Du hast recht. Ich rufe sie nicht an. Ich werde sie nie wieder anrufen, Rachel.«
    Luke und Charlotte setzten Edward zu Hause ab. Er lud sie ein, noch mit hereinzukommen, aber ein Zettel auf dem Küchentisch besagte, dass Sigrid und Mariella zu Indira gegangen waren und erst später zurückkommen würden. Nach einem müden Versuch, ihnen etwas zu trinken anzubieten, entschied Luke, sie sollten vielleicht doch lieber nach Hause fahren, und sie gingen zum Wagen und ließen Edward in der Leere eines Sonntagnachmittags zurück.
    Er goss sich ein Glas Wasser aus der Filterkanne im Kühlschrank ein und nahm es mit hinaus auf die Veranda. Der kleine Hof, nach Sigrids Standards immer sehr aufgeräumt, sah müde und verausgabt aus. Die Hainbuchen an der hinteren Mauer – aus Italien importiert – fingen an, das eine oder andere verfärbte Blatt abzuwerfen, und die Blumen, die in den hölzernen Pflanzkübeln – Spezialanfertigungen – noch übrig waren, sahen aus, als wäre es einfach zu viel Mühe, weiterzuleben.
    Edward setzte sich auf die Kante eines Liegestuhls im Kolonialstil, den sie mal in der romantischen, aber unrealistischen Vorstellung gekauft hatten, darin die Sonntagszeitung oder eins der Bücher zu lesen, die sich vorwurfsvoll in Edwards Arbeitszimmer stapelten. Sigrid hatte grau-beige gestreifte Kissen dafür gekauft, aber die waren auch in Edwards Arbeitszimmer, und so saß er jetzt auf den harten Leisten aus Teak- oder Irokoholz oder was auch immer und war irgendwie unfähig, es sich ein bisschen gemütlicher zu machen.
    Es hatte während der Rückfahrt nicht mehr viel zu sagen gegeben. Charlotte erzählte, sie sei am Meer gewesen, und es hatte ihr offensichtlich gefallen, denn sie wirkte recht munter und berichtete lebhaft vom Strand in Aldeburgh, und als Luke sie fragte, ob sie bei Ralph vorbeigeschaut habe, lachte sie kurz auf und sagte: » Keine sehr gute Idee!«
    »Also bist du da gewesen?«, fragte Luke.
    »Bin ich, ich hab geklingelt, und er hat aufgemacht, mich aber nicht reingebeten.«
    »Was machte er für einen Eindruck?«
    Charlotte senkte die Stimme ein wenig. »Er sah schrecklich aus.«
    »Armer Kerl. Was hat er gesagt?«
    »Nichts«, antwortete Charlotte.
    »Was soll das heißen?«
    »Er hat gesagt, es sei gerade kein guter Zeitpunkt. Er wollte nicht reden. Er wollte, dass ich wieder ging.«
    Edward hatte gesehen, wie Luke seine Hand über die Mittelkonsole hinweg auf Charlottes Schenkel legte.
    »Du bist ein echter Schatz, dass du es versucht hast.«
    Charlotte zuckte mit den Schultern.
    Edward fragte: »Hast du Petra und die Kinder gesehen?«
    Charlottes Kopf hob sich ein wenig, um Edwards Blick im Rückspiegel zu begegnen. »Sie waren nicht da.«
    »Oh Gott«, stieß Edward hervor, »sag bloß nicht …«
    »Zerbrich dir nicht länger den Kopf«, sagte Luke. »Das haben wir heute schon genug getan. Mehr als genug. Und du«, sagte er liebevoll zu Charlotte, »hast uns den ganzen Tag chauffiert.«
    Sie hatte gelächelt und fröhlich entgegnet: »Fahren ist mir lieber, als mich zu übergeben.« Und Edward war plötzlich neidisch auf Lukes unkompliziertes Leben, auf seine strahlend neue Ehe mit diesem hübschen, liebenswürdigen, schwangeren Mädchen, das wie ein erfrischender Luftzug nach einem auslaugenden Tag voller Brinkley-Dramen wirkte.
    Er drehte das Wasserglas in der Hand und betrachtete durch dessen Boden das verzerrte Bild seiner Füße. Er fand, dass er heute das Richtige getan hatte, obwohl es seltsam unbefriedigend gewesen war, weil es zu keiner Lösung geführt hatte, zu keinem Beschluss. Nur zu dem frustrierenden Gefühl, dass alle diese erwachsenen, klugen Leute einem zierlichen und rätselhaften Mädchen ausgeliefert waren, das die Bedeutung von Verpflichtung und Verantwortung nicht zu begreifen schien. An jenem Abend nach dem Essen mit Ralph in London hatte er überlegt, Petra zu besuchen und mit ihr zu reden, ihr

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