Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwimmen in der Nacht

Schwimmen in der Nacht

Titel: Schwimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Keener
Vom Netzwerk:
Schulter.Vater griff nach den Hälsen ungeöffneter Weinflaschen.
    Â«Hier entlang», sagte er zu den Neuankömmlingen.
    Tante Annette und Onkel Max brachten eine Schachtel Pralinen mit. Meine Tante gab mir ein Küsschen. Onkel Max stieß Mutter leicht am Ellbogen an und zog sie zu einem Gespräch in den hinteren Flur. Als die beiden wieder im Wohnzimmer auftauchten, sah Mutter besorgt aus, irgendwie mitgenommen. Sie stürzte sich ins Getümmel, begrüßte die Gäste und erteilte Dora und den Leuten vom Catering Anweisungen für alles Mögliche. Elliot entdeckte ich in seinem Versteck unter dem Spieltisch, der neben dem Klavier im Wohnzimmer stand. Die Ventilatoren bliesen leicht durch die Öffnungen seines Schlafanzugoberteils.
    Â«Na du», sagte ich und schlüpfte unter das Tischtuch, um bei ihm und seiner Spielzeugtiersammlung zu sitzen. Ich bot ihm eine Handvoll gesalzener Erdnüsse an. Er hatte einen Elefanten, einen Tiger und ein Nilpferd dabei. Gemeinsam sahen wir uns eine Parade spitzer Absätze und Brogues-Herrenschuhe an. Viele der Frauen trugen einfache schwarze oder grau melierte Strumpfhosen.
    Â«Wie lange bleiben die hier?», fragte Elliot. Laut mampfend steckte er sich eine Nuss nach der anderen in den Mund.
    Â«Wohl eine ganze Weile.»
    Wir schauten zu, wie die Nacht Fahrt aufnahm. Die Räume füllten sich mit Rauchschwaden, Gesprächen und Lachen. Es war angenehm, so versteckt unter dem Tisch zu sitzen, mir war leicht schwummerig vom Geruch der Pilze, dem strengen Duft des Wodkas und derLimetten, des Gins und Bourbons. Die Musik, die Vater ausgesucht hatte, drang durch die Räume. Mal war es ausbrechendes Gelächter, mal jemand, der sich mit einem Witz hervortat, was ganz bestimmten Ecken im Raum einen besonderen Akzent gab. Eine Gruppe Männer, zu der auch Onkel Max gehörte, hatte sich auf dem Sofa im Wohnzimmer niedergelassen.
    Elliot drückte sich fester gegen meine Schulter, sein ganzer Körper schwer vor Müdigkeit.
    Â«Komm schon, ich bring dich nach oben.»
    Oben war die Luft besser. Wir tranken jeder ein großes Glas Wasser und kuschelten uns auf die Bettdecke, wo ich ihm aus Margaret Wise Browns
Gute Nacht, Mond
vorlas. Elliot konnte es auswendig.
    Im grünen Salon
    lagen in ’nem Karton
    ein kleiner Bonbon
    und ein großer Ballon.
    Das Reimschema der Geschichte trug ihn davon. Er streckte sich, drehte sich auf die andere Seite und kuschelte sich mit seinen Schlappohrhasen aus Kindergartentagen im Arm in das Satinkissen.
    Â«Dann bis morgen früh», sagte ich und küsste ihn auf die Schläfe.
    Ich kam an Roberts Zimmer vorbei. Er war zu seinem Platz auf dem Bett zurückgekehrt, hatte keinerlei Interesse an Erwachsenen, die ihm die Wange tätschelten und an den Ohren zupften. Ihm war egal, wie groß er geworden war. Er hatte seine Fantasy-Romane, seineWelt aus Raumschiffen und anderen Planeten, denen er sich zuwenden konnte. Aber ich wollte verfolgen, wie die Party weitergehen würde. Der Geräuschpegel hatte seinen fröhlichen Höchststand erreicht. Ich wollte mitbekommen, was noch so passierte. Als ich wieder nach unten kam, sah Dora mich musternd an und entschied, dass ich alt genug sei, mich nützlich zu machen. «Nimm doch dieses Tablett hier und geh damit rum», sagte sie und reichte mir ein Tablett mit heißen Champignons, die mit Käse überbacken waren.
    Ich betrat das Wohnzimmer und bahnte mir meinen Weg.
    Â«Du bist also die Tochter des Hauses», sagte ein Mann mit aschblonden Haaren, der die Hand ausstreckte und mich zurückhielt. «Shell Garrison», sagte er und stellte seinen Drink auf dem Klavier ab. Er tätschelte mir das Kinn und trötete: «Genauso eine Schönheit wie deine Mutter. Wie alt bist du?»
    Â«Fünfzehn.»
    Er steckte sich eine Zigarette an und nickte.
    Â«Ich möchte dir einen Rat geben», sagte er und zog mich in eine Ecke des Zimmers. Ich hielt das Tablett mit beiden Händen fest umklammert und wartete. «Hast du einen Freund?», fragte er.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Â«Heb dich für den auf, den
du
haben willst», sagte er und blies mir seinen Rauch ins Gesicht. «
    Okay.»
    Er war ein gut aussehender Mann, und ich war beides, fasziniert von ihm und genervt von seiner direkten Art. Ich entschuldigte mich und ging weiter mit dem Tablettherum. Vater stellte mich einer seiner Kolleginnen vor, einer

Weitere Kostenlose Bücher