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Schwimmen in der Nacht

Schwimmen in der Nacht

Titel: Schwimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Keener
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hörte, wie er schluchzte, leise und sachte japste. Einer der Polizisten überholte uns, wies den Fahrer des Leichenwagens an, die nächste Ausfahrt zu nehmen, und dann brauste der Polizist davon. Ein anderer Polizist setzte sich vor uns an die Spitze, um für die uns folgenden Fahrzeuge eine Schneise zu schlagen. Wir alle richteten unsere Blicke auf diese Motorrad-Vorführung, dieses rasante Tänzeln und Jagen. Dieses Zickzackmuster lenkte mich ab. Auch meine Brüder schauten zu. Aber Vater nicht. Nichts konnte ihn aus dieser Zentrifuge des Schmerzes herausholen.
    Der Friedhof sah mit den spärlichen Hecken und einzelnen Bäumen wie eine verschneite Prärie aus. Alle Grabsteine lagen auf den Gräbern; als Versuch, glaube ich, im Tod alle gleichzumachen, und damit auch die Lebenden. So dass keiner den anderen mit einer nochgrößeren Skulptur übertrumpfen konnte. An diesem Ort zählte die Größe eines Familiengrabes. Unsere Parzelle wurde von Hecken gesäumt. Man hatte eine Überdachung aufgestellt, die von Metallstangen getragen wurde.
    Der Leichenwagen hielt an. Vater stieg als Erster aus, dann die anderen, nur Peter nicht, weil er auf mich wartete, aber ich konnte meine Beine nicht bewegen. Draußen unter der Überdachung hatte sich eine Menge versammelt. Elliot und Robert standen neben Vater. Der Rabbi legte die Arme um meine jüngeren Brüder, beugte sich zu jedem von ihnen hinab und flüsterte ihnen etwas ins Ohr – noch ein Erwachsener außerhalb des Familienkreises, der die Führung übernahm. Elliot nickte. Robert schüttelte den Kopf. Weitere Autos kamen herangefahren und parkten seitlich auf den Fahrwegen, die Bahnen durch das flache, weiße Feld zogen. Dann drehte sich Peter zu mir.
    Â«Sarah, kommst du?»
    Ich schaute rüber zu einem Haufen aufgeschütteter Erde und schüttelte den Kopf.
    Er war dabei, die Wagentür zu schließen.
    Â«Nicht zumachen», sagte ich.
    Der Rabbi sah zu mir rüber und nickte.
    Selbst in dieser kalten Jahreszeit war der Gedanke an sie mit dem an ihre Rosen verknüpft. Jetzt lag der Garten schlafend unter der Erde, aber im Sommer, in Mutters Wetter, tauchten die Rosen überall auf – in Glasvasen im Vordereingang oder in Stielvasen auf dem Fensterbrett in der Küche, wo sie einzeln aufgereiht standen wie Models, die für ein Modemagazin posierten. Jeden zweiten Tag tauschte sie das Wasser gegen frisches aus.
    Â«Dann halten sie doppelt so lange», erklärte sie.
    Jeder Stiel war entblättert, so dass man nur noch die schlanke Form seiner Silhouette im Gegenlicht sah. Und der Garten in voller Blüte glich einem Meer aus Rosen. Rosensträucher, wohin man auch sah.
    Irgendwann hatte sie einmal zu mir gesagt:
Wenn ich morgens in den Garten gehe, merke ich, wie die Pflanzen zittern und sich grüßend vor mir verneigen.
    Den ganzen Sommer über kniete sie stundenlang mit ihrem breitkrempigen Hut zwischen den Dornen, verschnitt die Sträucher und stutzte sie zurecht. Vater saß in einem Gartenstuhl dicht am Haus, während der Klang von Benny Goodmans Klarinette majestätisch aus seinem Arbeitszimmer schwebte. An diesen warmen Nachmittagen stellte sie ihr Glas Scotch in eine eigens dafür gegrabene Kuhle in die weiche Erde.
    Mir aber kam es so vor, als ob Rosen jederzeit missraten konnten. Während ein Strauch vielleicht erblühte, verwelkte ein anderer durch den Befall von Käfern, die so klein waren, dass ich sie, bis auf den angerichteten Schaden, mit dem bloßen Auge nicht erkennen konnte. Ich vermute, dass Mutter sie genau aus diesem Grund so liebte.
    Wahrscheinlich hätte sie Preise für ihre Rosen gewinnen können, hätte sie es je versucht. Das sagte jeder, der zu uns zu Besuch kam. Eine solche Fülle an Rosen, einschließlich der Vasen mit getrockneten Knospen, die das ganze Jahr über im unteren Badezimmer und auf ihrem Schreibtisch standen. Es ging so weit, dass ich die Rosen nicht mehr riechen konnte.
    Gelegentlich stellte sie Gestecke für das Krankenhausvor Ort zusammen. Dafür verwendeten sie Blöcke aus grünem Schaumstoff. Ihre Arrangements und ihr Stil waren schlicht – nicht mehr als acht auf verschiedene Längen zugeschnittene Rosen, dazwischen ein paar grüne Blätter.
    Â«Zu viele Blumen in einem Gesteck lenken von der einzelnen Blume ab. Weißt du, keine Rose gleicht der anderen. Jede hat ihre eigene

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