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Schwimmen in der Nacht

Schwimmen in der Nacht

Titel: Schwimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Keener
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Sonnenlicht teilten, denselben Mond am Nachthimmel. Mrs Janson kam allein, ohne ihre Tochter.
    Â«Es tut mir schrecklich leid, Sarah», sagte sie und machte ein zutiefst betrübtes Gesicht. Sie zog das schwarze Tuch um ihre Schultern fest zusammen.
    Ich dachte, Mutter würde vielleicht etwas über Justine wissen wollen.
    Â«Wie geht es Ihrer Tochter?»
    Â«Wirklich gut, Sarah.» Sie drückte kurz meinen Ellbogen.
    Ich nickte und ging weiter.
    Tante Annette hatte eine große Kaffeemaschine aufgestellt. Ein Caterer sorgte dafür, dass die Tabletts mit Gebäck immer neu bestückt wurden. Nach und nach trafen jetzt die Leute ein, die auf den Partys meiner Eltern gewesen waren, eine Art niedergeschlagener Prozessionszug. Die Frauen hatten schwarze Kostüme oder Kleider an. Manche trugen Diamantbroschen am Kragen oder glitzernde Ohrringe – elegant, aber nicht protzig. Miss Delgarno tauchte in einem türkisfarbenen Pulloverauf, Mutters Lieblingsfarbe. Sie war jünger als Mutters Freunde, und sie kam allein.
    Mir gefiel nicht, wie sie nach Vaters Hand griff und sie drückte, als wäre sie die Einzige, die ihm einen Hauch an Trost spenden könnte. Bei mir versuchte sie es mit derselben Masche, aber ich ließ sie stehen. Diesmal ging ich nicht mit Tabletts voll Hors d’œuvre herum. Ich musste nicht höflich sein.
    Â«Sarah, wie geht es dir?», fragte sie.
    Â«Großartig, was haben Sie denn gedacht?»
    Mit meiner unhöflichen Antwort hielt ich sie so erfolgreich auf Abstand, dass ich diese neue Taktik gleich auch bei Onkel Max anwandte. Er beugte sich zu mir herüber, um mir einen Kuss zu geben.
    Â«Komm mir nicht zu nah.»
    Er zuckte zusammen, als ob ich ihm mit einem Paddel auf den Kopf geschlagen hätte, und auch wenn er mich normalerweise wohl gemahnt hätte, nett und freundlich zu sein, akzeptierte er meine Ansage und verzog sich in die Zimmerecke, wo er sich eine Zigarre anzündete. Ich konnte nicht begreifen, was meine Tante an ihm fand. Seine Lippen hatten sich von den vielen Jahren, in denen Zigarrenstummel in seinem Mund eingeweicht waren, braun gefärbt. Der grässliche Zigarrengestank verpestete das ganze Haus.
    Â«Du hast die Augen deiner Mutter», sagte Mr Garrison – Shell – und nahm dabei mein Gesicht zwischen seine großen Restaurantbesitzerhände. Vielleicht hielt er mich für ein Steak. Er gab mir einen Kuss auf die Wange und schlurfte dann rüber zur Bar, um sich einen Drink zu holen, aber ich verzieh ihm. Ich konnte sehen, dass ergebeutelt war. Er hatte versucht zu lächeln, aber es war ihm nicht gelungen. Dora warf ein wachsames Auge auf Robert und Elliot, und sie blieben in ihrer Nähe. Robert wanderte zwischen den Zimmern hin und her und vermied es, zur Ruhe zu kommen. Ich hatte Angst, er würde in die Luft gehen oder vor Ende des Abends irgendwo dagegen treten. Aber nach einer ganzen Weile wurde mir klar, dass genau dieses unruhige Auf und Ab ihm half, nicht zusammenzubrechen. Elliot nahm die Umarmungen von Fremden hin und antwortete auf ihre Fragen. Er nickte. Obwohl er so jung war, sah er viel älter aus als wir alle.
    Ich ging auf die Toilette im Erdgeschoss und erbrach gläserweise Ginger Ale. Dann wischte ich mir den Mund mit einer Papierserviette ab, eine von der Sorte, wie sie Mutter und ihre Freundinnen für Partys benutzen. Diese hier hatte in der Ecke ein «S» für Stein aufgedruckt. Ich machte mich auf die Suche nach Peter.
    Wahrscheinlich hatten die anderen erwartet, ich würde vor ihnen weinen, aber das tat ich nicht. Ich war voller Tränen, die aber nur dann flossen, wenn ich allein war. Ich gönnte diesen Menschen nicht, dass mein Schmerz ihnen Genugtuung verschaffte. Vor aller Augen zu weinen, würde ihre Erwartungen an eine Tragödie erfüllen – die Country Club Frauen mit ihren festen Schenkeln, der intensiven Sonnenbräune, deren Lachen am Pool am lautesten hallte und deren Zähne auf den Rändern von Martinigläsern klackten.
    Â«Entschuldigt mich kurz.»
    Ich fand Peter oben, wo er auf dem Bett meines Cousins Kenneth saß. Mein Bruder balancierte einen Bleistiftund einen Block auf dem Knie und zog an einer Zigarette.
    Â«Und wenn Dad dich erwischt?»
    Â«Das interessiert mich einen Scheiß.»
    Bis auf das Licht einer kleinen Leselampe neben dem Bett und dem Schein einer wuchtigen Kerze, die auf einem Teller auf dem Boden stand,

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