Schwimmen in der Nacht

bereute. Die Nacht hielt die Wärme und ich hütete sie auf meiner Haut, schwelgte im Genuss von Gregorys Berührungen. Die Kiefern um mich herum, die die Felder säumten, verstanden mich. Sie mussten nicht so viel Aufhebens machen wie Mrs Corey. Die Natur nahm die Dinge an. Ich war ruhig, bis ich ihn kommen hörte. Das Auto jagte den Kieselsteinweg hoch, Steinchen knallten gegen den Kotflügel und die Reifen knirschten über den Weg. Der Wagen hielt an. Die Fahrertür ging auf und wurde wieder zugeschmissen. Stille, und dann stand er vor mir.
    Â«Steig ein, Sarah.»
    Â«Es ist nicht so schlimm, wie es klingt.»
    Â«Steig ein, bevor ich mich völlig vergesse!» Er packte mich am Ellbogen, zerrte mich über die Einfahrt und stieß mich auf den Beifahrersitz, dann knallte er die Tür zu. Ich lehnte mich so weit von ihm weg, wie ich nur konnte. Er ließ den Motor an und fuhr los.
    Â«Verdammt noch mal, was hast du gemacht?»
    Â«Ich war spazieren.»
    Â«Wer ist dieser Junge? Wer ist dieser verfluchte Junge?»
    Â«Niemand.»
    Â«Wer ist der Junge, mit dem du die ganze Nacht zusammen warst?»
    Er nahm die Hand vom Steuer und schlug mit der Faust aufs Armaturenbrett.
    Ich schrie ihn an. «Hör auf damit! Halt den Wagen an. Sofort! Du machst mir Angst!»
    Schlingernd nahm er die Ausfahrt auf die Landstraße, aber als er kurz vor einer Kurve abbremste, öffnete ich die Tür, sprang raus auf die weiche Böschung und rannte davon.
    Vater hupte und holte mich ein, brüllte durchs Fenster, dass ich wieder einsteigen sollte. Ich rannte weiter an der Straße entlang, bis mein Schlafmangel mir die Kraft raubte und die vor mir liegende Straße mir nur noch endlos lang erschien, ein langer Streifen von Tannenbäumen und weißen gestrichelten Linien. Keine Häuser in Sichtweite.
    Â«Schalt deinen Kopf wieder ein und steig ins Auto, denn ich fahre dir solange hinterher, bis du es tust. Hast du mich verstanden?»
    Ich wurde langsamer, konnte nicht mehr laufen, weigerte mich aber, ihn anzusehen. «Hau ab.» Ich ging weiter.
    Er beschleunigte und fuhr ein Stück voraus, lenkte den Wagen dann auf den Standstreifen und bremste. Er öffnete die Fahrertür und stieg aus.
    Â«Sarah, steig ins Auto.» Er zeigte auf den Beifahrersitz. Dann kam er auf mich zugelaufen.
    Ich drehte mich um und rannte in die andere Richtung, aber dann stürzte ich über eine Baumwurzel. Als ich aufstand, sah ich, wie die Sonne aufging. Ich konnte ihren Rand erkennen, während sie zwischen der Vegetation aufzusteigen begann. Nicht ein einziges Auto hatte uns passiert.
    Er berührte meinen Arm und packte mich, er riss mich herum und hielt mich an beiden Schultern fest.
    Â«Fass mich nicht an!», schrie ich. «Verschwinde aus meinem Leben!»
    Das traf ihn. Er ließ mich nicht los, aber in ihm sackte alles zusammen, wie an dem Tag mit Peter am Esstisch. Er sah mir in die Augen, aber ich schaute weg, blickte zum Himmel hoch, der sich orange und blau färbte. Der Nebel war nur vorübergehend gewesen. Jetzt zeigte sich der Himmel; ein gigantischer Farbstreifen über den Bäumen, der ferne Länder streifte. Dahin wollte ich gehen.
    Er schnaufte wütend, hustete und spuckte auf den Boden.
    Â«Uh.» Ich drehte mich weg.
    Â«Sarah, bitte», flüsterte er. «Ich flehe dich an als dein Vater. Komm mit mir nach Hause. Wir reden, wenn wir uns beide beruhigt haben. Ich lasse dich nicht hier zurück.»
    Ich wusste, dass er es ernst meinte, und ich war müde. Ich nickte. Ich stieg wieder ins Auto.
    Den restlichen Weg bis nach Hause sprachen wir kein Wort. Zu Hause stieß ich die Küchentür auf, ging an Dora am Spülbecken vorbei und an Elliot und Robert, die ihre Beine um die Barhocker geschlungen hatten. Sie waren eben erst zum Frühstücken nach unten gekommen. Ich quälte mich die Treppe hoch. Ich wollte schlafen. Duschen. Gregory. Den weichen Schutz der Betttücher meiner Kindheit.

16. Kapitel
Rettung des Aquariums
    Es ist so schön und einsam hier im Haus.
    Dora machte oben mit dem Staubsauger die Runde. Sie öffnete die Tür zu Mutters Zimmer und schloss sie wieder, und als sie das Gerät einstöpselte und einschaltete, zerriss der Lärm die morgendliche Stille wie ein Bagger, der Baumwurzeln ausreißt. Der Lärm wanderte hin und her, unter Möbelstücke und um sie herum, während Dora den Staubsauger