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Schwimmen mit Elefanten - Roman

Schwimmen mit Elefanten - Roman

Titel: Schwimmen mit Elefanten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlagsbuchhandlung Liebeskind GmbH & Co. KG
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Indiras Fußabdrücke. In den Pfützen schwammen Mückenlarven. Wie kommen die nur dahin? Wahrscheinlich erging es ihnen genauso wie Indira damals.«
    Miira war die Einzige, der er von Indira erzählte. Er war überzeugt, dass niemand außer ihr Verständnis für die Lebensumstände eines Elefanten aufbrachte.
    Seine Worte hallten eine Zeit lang in dem Alkoven, bis sie sich in der Ecke zusammenballten und schließlich durch die Wand drangen.
    »Bist du schon mal in ein Flugzeug gestiegen?«
    Diese Frage kam ihm beim Anblick des Tapetenmusters. Es waren Propellermaschinen, die zwischen Sternen umherflogen. Es roch immer noch nach dem Kleister, den sein Großvater zum Tapezieren benutzt hatte.
    »Mit einem Flugzeug kann man ziemlich weit reisen, nicht wahr? Von allen Menschen, die ich kenne, ist noch nie jemand geflogen. Allerdings verstehe ich auch nicht, wieso man überhaupt so weit weg muss …«
    Der Junge legte sein Ohr an die Wand. Er wusste zwar, dass Miiras Stimme nicht bis zu ihm drang, aber er fand es höflicher, ihre Antwort abzuwarten. Alles, was er hören konnte, war das feine Knistern der Glühbirne.
    »Na, dann gute Nacht, Miira.«
    Als der Junge das Licht löschte und die Augen schloss, tauchte die Gestalt von Miira hinter seinen Lidern auf. Er wünschte ihr abermals eine gute Nacht, so wie es ihr gemeinsames allabendliches Ritual vorsah.
    Miira war ein winzig kleines Mädchen. Wie klein sie war, ergab sich natürlich aus dem Umstand, dass sie überhaupt in einen Spalt passte. Sie war so klein, als wollte sie sich für ihre bloße Existenz entschuldigen, ja, als wäre sie allein zum Zweck dieser Entschuldigung zusammengedrückt worden: »Nein, der Platz reicht aus, bitte kümmern Sie sich nicht um mich. Ich komme mir sogar viel zu groß vor.«
    Wenn der Junge Miira vor Augen hatte, brannte ihm eine Frage auf der Seele, die er sich jedoch nicht zu stellen traute.
    Wie ist Miira bloß in diesen Spalt geraten?
    Indiras Fall hatte ihn gelehrt, dass es kein besonderes Vergnügen war, unabänderliche Dinge zu hinterfragen. Was wäre wenn? Wieso hat man dich nicht eher in den Zoo gebracht? Wie bist du in diesen Spalt geraten? In dem Moment, in dem man weiß, dass die Situation unabänderlich ist, sind solche Fragen überflüssig, denn sie führen dem Betroffenen bloß seine traurige Situation vor Augen. Deshalb zügelte der Junge seine Neugier und verkniff sich die Frage. Seine Lippen blieben versiegelt wie damals bei seiner Geburt.
    Vielleicht war eine Murmel in den Spalt gerollt und sie wollte sie wiederhaben. Oder sie hatte beim Spielen ein geeignetes Versteck gesucht. Oder aber sie wollte einfach bloß herausfinden, ob man es dort in dem dunklen Spalt aushalten konnte. Anfangs hatte sie bestimmt alles Mögliche unternommen, um sich zu befreien.
    Dabei war bestimmt ihr Rock verrutscht, sie hatte sich Stirn und Knie aufgeschürft, und ihre Knochen hatten geknackt. Ganz sicher hatte sie um Hilfe gerufen. Aber sosehr sie ihre Stimme auch anstrengte, kein Laut war durch die Wände nach außen gedrungen. Die Hilferufe versickerten zu ihren Füßen. Sie konnte sich kein Stück bewegen. Gelang es ihr mit größter Mühe, den Kopf zu heben, sah sie den Himmel nur als fernen, schmalen Strich. Mit eintretender Dämmerung verschwand der Himmelsstrich nach und nach, bis Miiras Körper von der Dunkelheit verschluckt wurde. Ihre Umrisse prägten sich mit der Zeit tief in die Wand. Dies geschah nur sehr langsam, aber war unumgänglich. Miira hatte verstanden, dass sie nie wieder nach Hause zurückkehren würde.
    »Mach dir keine Sorgen, ich bin bei dir«, sagte der Junge zu dem Mädchen hinter seinen Augenlidern.
    Und während er sein Mitgefühl in den dunklen Spalt sandte, in jenen von der Welt vergessenen Winkel, sank er allmählich in den Schlaf.

2
    Indira und Miira waren die einzigen Freunde des Jungen. In der Schule war er immer allein. Von sich aus sprach er niemanden an, und falls der Lehrer ihn aufrief, murmelte er nur leise eine Antwort. Dabei lag der Flaum ruhig auf seinen Lippen. Es bereitete ihm allerdings keinen Kummer, allein zu sein, ihm war es eher unangenehm, wenn ihm seine Klassenkameraden zu nahe kamen. Eines Tages passten ihn drei von ihnen ab und zerrten ihn hinter das Schwimmbad, um ihn dort in die Mangel zu nehmen. Der vermeintliche Anführer packte seinen Unterkiefer und rief: »So, jetzt verpassen wir dir eine Rasur.«
    Dabei ließ er die Klingen der Schere theatralisch in der Sonne

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