Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
Abständen. Der Gedanke an den leeren Fleck Uno Florén oder den etwas schuppigen und rot geäderten Fleck Herman Gustafsson tat nach wie vor weh. Ich lernte aber, meine Gedankentätigkeit zu disziplinieren.
Tun Menschen das nicht ganz allgemein?
Herman ist ein Schock.
Oder eine Erfindung. Doch warum sollte sich Babba einen rotschuppigen großen Kerl mit dickem Bauch und stämmigen Waden ausdenken und behaupten, er sei ein guter Liebhaber? Und kann es wirklich wahr sein, dass sie mit einem Mann geschlafen hat?
Lillemor muss sich beruhigen. Deshalb nimmt sie aus dem Regal hinter sich einen Band mit Briefen von Gustaf Fröding und legt ihn aufgeschlagen auf den Tisch, damit er besetzt aussieht. Dann knautscht sie die paperasse wieder in ihre Tasche und geht den etwas schmerzhaften Weg die Wendeltreppe hinunter. Bis in die Cafeteria Sumlen muss sie noch eine weitere lange Treppe überwinden, aber Lillemor braucht dringend einen Kaffee. Vor dem, den Kattis ihr gebracht hat, ist sie ja auf und davon. Koffein beruhigt sie inzwischen. Sogar einschlafen kann sie danach.
Eine halbe Stunde vor Schluss sind nicht mehr viele Leute in dem Café. Und zum Glück keine nach Gesellschaft lechzenden alten Forscher oder Greise aus Vorständen literarischer Gesellschaften. Sie könnte das Manuskript hervorholen, lässt es aber sein, weil sie überlegen muss, was da im weiteren Verlauf noch stehen kann. Ein klitschiges Gefühl, daran zu denken. Aber sie muss unbedingt versuchen, sich zu wappnen.
Babba hat Herman 1951 kennengelernt, steht da. Zwei Jahre später hat sie die Luciageschichte geschrieben, die den Preis davontrug. Diese Zeit brauchte sie wohl, um über die Ablehnung von All Världens Berättare hinwegzukommen. Oder vielmehr um zu erkennen, dass sie sich einer solchen Gefahr nicht mehr aussetzen wollte. Diesen Part durfte ich übernehmen, denkt Lillemor, für die 1953 das Jahr ihrer Verlobung mit Rolf war. Im späten Herbst war das, doch für sie steht die Verlobung in keinerlei Zusammenhang mit der Luciageschichte und der Fahrt nach Stockholm. Die liegen in einer anderen Gedächtnisschublade.
Als Rolf und sie sich verloben mussten, wollte sie es am Ulvafall stattfinden lassen. Das war originell, und er wusste offensichtlich nicht, was für ein Gesicht er aufsetzen sollte, als sie diesen Vorschlag machte. Ihre Menstruation war schon elf Tage überfällig, und es war eine stürmische Zeit gewesen. Er versuchte gelassen zu bleiben und sie zu beruhigen.Eines grauen Morgens kam dann doch Blut. Sie glaubte zuerst nicht, dass es wahr war. Der Fleck in ihrem Babydollhöschen war so winzig. Ein Streifen. Fast wie Rost. Sie dachte an rostige Nägel im Waschtrog und kratzte mit dem Zeigefingernagel an dem Fleck. Im Wasser verlor er die Kontur und roch nach Eisen.
Als das ausgestanden war, überrollte sie eine neue Woge der Furcht. Ja des Schreckens. Sie sagte zu Rolf, sie wage nicht mehr, mit ihm zu schlafen. Sie müssten sich verloben. Sie brauche Sicherheit.
Später bereute sie es, denn eigentlich musste ja er ihr einen Antrag machen. Sie hatte sich oft ausgemalt, wie das ablaufen würde, und nun hatte sie diese Möglichkeit zunichtegemacht. Sie fand das Leben so kompliziert, schmuddlig und graubleich wie jenen Dienstagmorgen, an dem sie den rostroten Streifen entdeckt hatte.
Rolf würde bald seinen Magister in Politik haben und mit der Lizenziatsarbeit in Staatswissenschaft beginnen. Er machte zwar nicht ständig einen drauf, war Geselligkeiten aber keineswegs abhold und galt als witzig. Er wollte das Leben gern von der heiteren Seite nehmen, und deswegen hatte Lillemor sich so erbärmlich gefühlt, als sie in seinen Armen in Tränen aufgelöst war.
Wenn es so schlimm gewesen wäre, wie von ihr befürchtet, dann hätte sich das natürlich bereinigen lassen. Der Gynäkologieprofessor an der Uniklinik betrieb in seinem großen, modernen Steingebäude am Fluss, das Gelber Pavillon genannt wurde, eine Privatpraxis. Bei einem Juvenalordensdiner ohne Damen war das Haus unter diesem Namen in einem Couplet vorgekommen. Der Refrain war der ursprüngliche von Emil Norlander.
Kommen Sie doch mit herein
in den Gelben Pavillon,
dort sitzt Gott Amor selbst
seit langer Zeit gefangen.
Und wenn Sie es denn woll’n,
gibt’s killekillekillekill,
ein kleines Liebesspiel.
Verfasst hatte es Rolf, ohne es Lillemor zu zeigen. Sie fand es jedoch in einer Schreibtischschublade und war äußerst pikiert. Sie wusste, dass dieses Haus auch
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