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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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an etwas. Er ist originell, sehen Sie sich nur die Regalfächer und Glasscheiben an. Was meinen Sie, Fräulein Nyrén?«
    »Ungenberg. Doktor Ungenberg.«
    »Oh, verzeihen Sie. Ihre Mutter sagte nur …«
    »Ja, soll ich sagen, wie er aussieht?«
    Kurt war ahnungslos und schenkte ihnen Sherry ein. Am anderen Ende des Raums hatte Astrids Rücken sich versteift. Lillemor war von dem Südwein und der Freundlichkeit zu aufgedreht, um eine Gefahr zu wittern, und außerdem war ihr der Schrank ihres Großvaters vertraut.
    Jetzt hob Rolfs ältere Schwester die Stimme und sagte zu Kurt Troj: »Sie müssen unbedingt unseren kleinen Zwist schlichten.«
    Astrid Troj eilte quer durch den Raum, kam jedoch zu spät. »Nehmen Sie sich etwas Torte«, sagte sie. »Ich glaube, die Damen haben noch keine Mandeltorte abbekommen.«
    Es war aussichtslos. Das waren keine Gänschen. Das waren Raubfische.
    »Was ist das bloß für ein Schrank? Er ist offensichtlich antik, nun, jedenfalls alt. Wir verstehen nur nicht … er ist schrecklich originell. Meine Schwester, Frau Doktor Ungenberg, hat eine bizarre Idee.«
    Und die Frau Doktor, Rolfs jüngere Schwester, tat ihre Idee kund: »Friseurschrank. Ich finde, er sieht aus wie ein Friseurschrank.«
    Und daraufhin die ältere Schwester: »Ist es ein Erbstück?«
    In etwa ein, zwei Stunden würde Astrid in dem Schuhkarton ein Glas in den offenen Kamin schleudern und laut fluchen, ja geradezu schreien. Aber jetzt noch nicht. Und Kurt würde es nicht verstehen, nicht richtig verstehen. Es würde um Haare auf dem Boden und Bartstoppeln auf der Emaille gehen. Rasierpinsel, Seifennäpfe, gemangelte Gesichtshandtücher, abgezogene Rasiermesser in den Regalfächern. Um Großvater, den Barbier. Der anderer Leute Körper anfasste.
    Noch wollten sie nicht gehen. In Dumpfheit und Süße zogen sie ihren Triumph in die Länge. Ich aß unentwegt Marzipantorte, Kekse, Weintrauben, Konfekt, Salzgebäck und Sandwiches mit Käse und Anchoviscreme. Stand neben dem Schrank und hörte jedes Wort. Ich ging als eine der Letzten, obwohl ich die ganze Zeit kaum jemanden gehabt hatte, mit dem ich mich hätte unterhalten können. Ich stand nur deswegen so lange dort herum, weil ich noch nie in der Nähe des Großbürgertums gewesen war. Es war interessant zu hören, wie Parvenüs zurechtgestutzt wurden. Die Käseglocke nahm ich wieder mit, als ich ging.
    Der General konnte zu dem zweiten Gratulationsempfang in Uppsala nicht kommen, da er an den Rollstuhl gefesselt war. Hoch und ausladend standen zwei Neorokoko-Kandelaber mitten auf dem Geschenketisch. Die waren von ihm, und seine Haushälterin hatte sie aufpoliert. Lillemor rief: »Ooooh!«, und ganz offensichtlich verschwendete sie keinen Gedanken daran, wie die Dinger sich auf dem Tisch in der Essecke im fünften Stock des Punkthauses in Stabby ausnehmen würden.
    »Das ist Neusilber, mein liebes Kind«, sagte Rolfs Mutter, und Lillemor bereute bestimmt, sich so laut dazu geäußert zu haben. Sie trug ein graublaues Seidenkleid. Astrid hatte vermutlich Baumwolle für ein junges Mädchen als passend erachtet und das rosarote Kleid mit dem Bolero, das Lillemor in Kramfors getragen hatte, für gelungen gehalten. In der Wohnung am Stora Torget in Uppsala sollte es dagegen Seide sein. Und eine Perlenkette. Zuchtperlen im Verlauf. Lillemor sagte ehrlich, dass es sich um ein Geschenk zu Mutters Vierzigstem handelte. Ich glaube, sie war dazu übergegangen, in bedrängter Lage aufrichtig zu sein. Mädchenhaft unbefangen. Dem ist nichts hinzuzufügen.
    Wirklich schlimm war die jüngere Schwester, die Frau Doktor. Die ältere wohnte noch zu Hause, und sie roch tatsächlich nach Hund. Ich ging nahe an sie heran, um mich davon zu überzeugen.
    Alle äußerten sich zu den Kandelabern des Generals. Ich hatte die Käseglocke umgetauscht und brachte mein neues Geschenk mit. Lillemor packte den Karton aus und platzierte den Fleischwolf, der darin lag, weit von den Kandelabern entfernt.
    Da ging versehentlich eine Tür auf, die eigentlich geschlossen bleiben sollte, und die drei Hirschhunde der älteren Schwester kamen frei. Angesichts der starken Witterungen und Stimmen der Menschenansammlung in Panik, rannten sie eine Runde nach der anderen durch die Wohnung und sprangen dreimal über ein Sofa mit vier kreischenden Damen. Verschütteter Kaffee, hinter dem Sofa ein Hut auf dem Boden und ein Herz, das vermutlich wie ein Fisch zuckte. Die Dame musste auf ein Bett gelegt werden, Lillemor

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