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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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zusätzlich ablenken zu lassen. Es war schon schwierig genug, allein zu reisen und zwei weitere Pferde mit sich zu führen.
    Als der Wald sich zu einem Tal hin öffnete, blieb er zunächst in den Schatten. Ein kleines Bauernhaus stand dort. Auf den ersten Blick schien es verlassen. Auf den zweiten, den geschulten Blick aber schien es über alle Maßen besetzt zu sein. Kraftlinien bogen sich darum herum. Die Wirklichkeit machte einen geradezu gequälten Eindruck, als hätte jemand versucht, sie mit dem Vorschlaghammer in Form zu schlagen.
    Sutton erkannte die Ausstrahlung. Ganz vorsichtig zog er sich aus der Kraftlinien-Matrix zurück und hoffte, sein Gegner von letzter Nacht hatte sein Herannahen noch nicht bemerkt. Er hatte so gar keine Lust auf eine zweite Runde.
    Er wendete und ritt zurück in den Wald. Es wäre zu optimistisch zu glauben, er könne einfach unerkannt an der Bruderschaft vorbeireiten. Er musste sich einen anderen Weg suchen. Vermutlich war es keine besonders gute Idee, aber er stieg ab und führte alle drei Pferde von der Straße hinunter in den Wald hinein. Vielleicht konnte er die Mönche so überholen und dabei im Dickicht verborgen bleiben.
    Wildnis hatte immer ihr Eigenleben. Wo das Land weitgehend unberührt war, hatte es eine erdverbundene Individualität. Die Wildnis war Sutton vertraut. Er war sich sicher, dass die meisten seiner Kollegen sie nicht als physische Präsenz spüren konnten so wie er. Sie würden die veränderte Ausstrahlung auf das Dunkel im Wald oder auf Feyon-Präsenz zurückführen; oder auf menschliche Magie, Verdauungsbeschwerden oder wehe Füße.
    Ganz unrecht mochten sie dabei nicht haben.
    Der Boden war uneben und rau. Granitfelsen ragten daraus hervor, bedeckt von dunklem, nassem Moos. Nicht nur seine Pferde konnten sich hier leicht ein Bein brechen. Er auch.
    Äste kratzten über seine Schulter, und Dornenzweige zerrten an seinen Hosenbeinen. Die Pferde mochten es hier auch nicht. Vielleicht sollte er doch zurückgehen?
    Zurückgehen wäre vermutlich sehr vernünftig. Zurück nach Süden und weiter.
    Doch Sutton war nicht dafür bekannt, allzu vernünftig zu sein. Alles, was er in sich spürte, zog ihn nordwärts, und sein Stolz ließ ihn gegen alle Widrigkeiten ankämpfen.
    Er fluchte leise vor sich hin, verteilte die Schelte gleichmäßig zwischen der Bruderschaft und sich selbst für seine eigene Sturheit. Er kam nur sehr langsam voran. Wann immer sich das Zaumzeug mit dem Gesträuch verhedderte oder an niedrigen Ä sten verhing, musste er seine Tiere erst wieder befreien. Die waren denn auch nicht glücklich.
    Glücklich war er selbst freilich auch nicht. Er war Meister des Arkanen, stolz und frei und mächtig, und er würde gewiss nicht irgendwelchen läppischen Angstgefühlen nachgeben.
    Angst stand völlig außer Frage, war zu nichts gut als einem die Achtsamkeit zu schärfen. Er hatte das dem Jungen so gesagt, und er glaubte auch selbst fest daran.
    Also keine Angst.
    Doch immerhin fühlte er sich recht aufgewühlt und verstört. Nachdem das Gefühl sich nicht einfach unterdrücken ließ, ging er der Sache nach, studierte seine Anwandlung mit klinischer Präzision. Ja, tatsächlich. Ein wenig Angst hatte sich manifestiert. Oder doch nicht ganz so wenig. Im Größenvergleich analysierter Ängste nahm diese schon einen recht breiten Raum ein.
    Doch was versuchte sein Innerstes ihm zu sagen?
    War es die Bruderschaft? Hatten sie ihn nun doch entdeckt? Waren sie bereits hinter ihm her? Das wäre – unerfreulich.
    Er sah sich vorsichtig um. Durch die Bäume drang nicht allzu viel Licht. Er konnte keine Feinde sehen. Aber das musste nichts heißen.
    Störte ihn vielleicht etwas an der Richtung, die er eingeschlagen hatte? Hatte er, als er den Pfad verlassen hatte, eine unsichtbare Grenze übertreten, die die Zivilisation von der Wildnis trennte? Die Natur hatte ihre eigenen Mittel und Wege, mit Menschen umzugehen, die sich dorthin vorwagten, wo sie nichts zu suchen hatten.
    Oder spürte er nur wieder die Anwesenheit von Geistwesen oder die körperlose Existenz einer anderen Realität, die Menschen in ihr Nebelreich verschlang, ohne sie wieder auszuspucken?
    Hatte er Angst um McMullen?
    Oder um sich selbst?
    „Die Toten haben keine Macht über mich!“, verkündete er in scharfem, etwas herablassendem Ton und streckte seine Arme seitwärts aus, als ob er einen Raum für sich definierte. Einen Sicherheitsbereich. Etwas, das McMullen dort, wo er war, nicht haben

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