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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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getäuscht.
    „Claymore!“, rief er erneut – und diesmal kam er sich ausgesprochen dümmlich dabei vor. Er war nun mal kein Kämpe.
    Er war nur ein zu klein geratener Mann mit einem Steinbrocken in der Hand. Und die Erkenntnis genau dieser Realität würde ihn jetzt umbringen.
    Die Zähne der Bestie waren erschreckend. Kein Tier auf Gottes weitem Erdboden sollte mit solchen Zähnen ausgestattet sein, so lang, so spitz und so weiß wie der Quarz, auf dem beide sich befanden. Dieser Gedanke blieb Ian im Kopf, während der Wolf auf ihn zuflog. Diese Zähne würden sich gleich in seinen Körper senken, und dann würde das Biest ihm das Fleisch von den Knochen reißen.
    Er war nur noch ein Mittagessen. Da stand er nun mit seinem dummen Stein in der Hand, der fast genauso aussah wie ein riesiger Zahn. Ein Zusammenhang schien sich aufzudrängen.
    „Stein …“, murmelte Ian, und das Tier zögerte einen Augenblick. Oder hatte er sich das nur eingebildet? Denn schon rannte es wieder auf ihn zu. Nur noch Sekunden trennten das Tier von Ian. Wolfsaugen leuchteten silberblau, und die Zähne, diese Zähne bissen nach seinen …
    „Stein!“, brüllte er. „Du bist aus Stein!“ Er konzentrierte sich mit all seiner Kraft auf den Gedanken und warf den Stein nach dem Tier.
    Die Bestie hielt in der Bewegung inne und wurde grau. Dann weiß. Wie eine Statue stand sie da, steingewordene Todesgefahr.
    Ian stellte fest, dass die Spitzen der Fänge des Tiers schon fast seine Hosen genau über seinen Genitalien berührten.
    „Uh.“ Wie ein eisiger Schleier sank die Angst durch ihn hindurch, schlug um in heiße Panik. Kalter Schweiß trat aus seinen Poren. Er schluckte und trat einen Schritt zurück. Dann noch einen. Der steinerne Blick schien ihm zu folgen.
    „Braver Hund“, murmelte er panisch und versuchte, sich zusammenzureißen.
    Was nun? Was würde als Nächstes geschehen? Würde es sich wieder zurückverwandeln? Sollte er die Zeit nutzen, um davonzurennen? Wenn ja, wohin? Und wollte er dem Tier wirklich den Rücken zukehren, einerlei ob es gerade aus Stein war oder nicht?
    In den Logen glaubte man, dass Verwandlungszauber nicht funktionierten. Also wäre wegrennen angezeigt – und sich verstecken.
    Oder irgendetwas anderes Sinnvolles tun, und entscheiden sollte er sich nun recht, recht rasch.
    Seine Furcht hielt ihn wie gelähmt am gleichen Ort. Was hatte Sutton dazu noch gesagt? Er sollte seine Angst als Gefahrenthermometer benutzen, sonst wäre sie sinnlos.
    Doch Angst war mehr als die Ablesung von Messdaten. Sie offerierte einem auch keine praktischen Lösungen. Vielleicht machte sie einen ja schneller, vielleicht aber auch langsamer. Vielleicht paralysierte sie einen komplett.
    Ians Hände zitterten. Seine Knie fühlten sich wie Butter an. Seine Angst mochte noch keinen großen Zweck erfüllt haben, aber sie machte sich durchaus bemerkbar. Er wollte hier nicht sterben. Nicht hier, nicht allein, nicht in einer Welt, die man mit Fug und Recht einen gottverlassenen Winkel nennen mochte.
    Hier wollte er nicht zum zerfetzten Kadaver werden, wollte seine Knochen nicht den Raben überlassen, die überall und nirgends zu sein schienen, aber doch in dieser Welt eine ständige Präsenz fühlen ließen.
    Ian atmete schaudernd ein. Die Luft erreichte kaum seine Lungen. Langsam sammelte er seinen Mut zusammen und bewegte sich seitwärts.
    Die Welt tat es ihm gleich. Der blutrote Boden des Tales – wenn man die tellerartige Umgebung um den Hügel so nennen wollte – zuckte gewaltsam. Aus dem Augenwinkel sah er B äume sich verschieben, die unbeweglich dastanden, sobald man sich auf sie konzentrierte. Der Nebel am Rand der Welt wirbelte wild. Die Welt selbst schien heiß zu laufen. Fast konnte man einen organischen Rhythmus fühlen, irgendwo zwischen lustvoll und geil.
    Beinahe wäre er hingefallen. Er balancierte und fiel schließlich doch, rollte über und über den felsigen Hang hinunter. Der harte Boden prügelte ihn regelrecht. Er versuchte, sich an den blauen Pflanzen festzuhalten, die weiter unten in größerer Menge wuchsen, doch die lösten sich vom Boden, hatten nicht genug Erdreich, um sich daran festzuhalten.
    Schließlich kam er ziemlich genau zwischen dem Fuß des Hügels und der Hütte zu liegen. Er war völlig außer Atem. Jeder Knochen in seinem Körper beklagte sich einzeln. Eine Steinigung mochte sich ähnlich anfühlen. Quarz war voller scharfer Kanten, und das falsche Heidekraut fühlte sich an wie

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