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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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sein half genauso wenig. Er legte seine langen, schmalen Hände an die Rinde und schrie. Er war ausgestoßen. Und der Baum war drei Wesen zum Heim geworden, die viel zu menschlich waren, um darin länger überleben zu können.
    Er schrie noch einmal, gegen den Wind wie ein Raubvogel. Dann sprach er den Namen aus.
    „Clarissa!“ Er wunderte sich fast, dass seine Stimme so menschlich klang.
    „Clarissa! Antworte mir!“
    Er wusste nicht, ob sie das überhaupt konnte. Er verstand ihre besonderen Fähigkeiten so wenig, wie er seine eigenen einschätzen konnte. Vermutlich waren sie noch weniger zuverlässig als seine und natürlich viel schwächer. Zudem hatte die verdammte Lehrerin wirklich alles getan, um die Besonderheit ihres Schützlings zu bekämpfen und zu unterdrücken. Sie hatte ihrer Schülerin beigebracht, ein normaler Mensch zu sein.
    Das ergab auch durchaus einen Sinn, wenn man in der Menschenwelt lebte. Doch wie die Dinge lagen, schien es eindeutig, dass es Menschen gab, die die Andersartigkeit des Mädchens erfasst hatten, auch wenn die Lehrerin sie nie begriffen hatte.
    „Die Bruderschaft“, murmelte er, als der schuldige Teil seines Gedächtnisses diese Information anbot.
    Er war sich ganz und gar nicht sicher, wie gefährlich die Eiferer ihm selbst werden konnten. Zwei unterschiedliche Erfahrungswerte gaben ihm hierzu unterschiedliche Ergebnisse.
    Er stellte fest, dass er nun schon geraume Zeit den Baumstamm umkreiste.
    Wieder konzentrierte er sich auf die Rinde, als könnte er von dort das versteckte Leben herausziehen. Doch seine Gedanken waren unscharf.
    Er musste schnell etwas tun – nur was?
    Der Vogel, der er war, zog ihn himmelwärts. Der Fels, der er war, hielt ihn am Boden. Der Mann, der er war, wurde von Reue zerrissen. Alles andere war nebelhaft.
    Er blickte hoch und hob die Arme. Raben flogen zu ihm, setzten sich auf seine Schultern und seine Füße.
    „Sagt mir, wo sind sie alle hin?“
    Er erhob sich im Schwarm. Es mochte alles viel zu spät sein, doch wenn er etwas hatte, so war es Zeit. Wer nicht älter wurde und verging, der hatte alle Zeit der Welt.
    Es blieb nichts weiter übrig, als zu versuchen, noch etwas zu retten. Er hatte den Schlüssel zum Ausweg selbst geformt. Wenn der nun im Baum umkam, musste er sich etwas anderes suchen. Wenn sein Opfer, das sich ihm willig ergeben hatte, nun ihren Mut verlor, würde er einen Hauptbestandteil seines Plans verlieren, und wenn die Bruderschaft sich in alles einmischte, würde es ein blutiges Ende geben.
    Es wurde Zeit, die Wölfe zu rufen.

Kapitel 59

    D ie Feder fiel langsamer als eine Schneeflocke. Sie trudelte um sich selbst.
    Die Augen des Wolfes waren groß vor Bestürzung. Er spürte eine Gefahr, die Sutton nur erahnen konnte. Das Tier hatte sich niedergekauert, bedeckte fast den ganzen Körper der Lehrerin. Eben noch wirkte es, als wolle es sie schützen, dann bewegte es sich von ihr fort, ließ die Feder keinen Augenblick aus den Augen.
    Nun stand das Tier näher bei Sutton.
    Der Meister erinnerte sich daran, dass er immer noch die Pistole in der Hand hielt. Es mochte Äonen dauern, doch er würde nun abdrücken. Das Vieh war entschieden zu nah.
    Den Abzug zu betätigen, war wie durch Honig zu schwimmen. Nichts schien sich zu rühren außer jener Feder, die weiterhin von oben herabfiel. Jenseits von ihr, direkt über ihnen, hatte die Hütte zusammen mit der Welt ein Loch, durch das man in eine andere, ferne Welt blicken konnte.
    Sutton war ein Meister, und Meister hatten sich mit dem Unbekannten abzugeben. Doch er fühlte sich eher unsicher.
    Eins nach dem anderen. Erst einmal den Wolf erschießen.
    Danach konnte er sich dann mit dem Stopfen von Löchern in der Wirklichkeit befassen.
    Etwas Großes fiel nun von oben herunter und blockierte das freie Schussfeld zwischen dem Magier und dem Monster. Sutton fühlte, wie sein Finger den Widerstand im Abzug schon überwunden hatte, und konnte die Kettenreaktion, die sich abzeichnete, schon vorab spüren. Die unnatürliche Langsamkeit machte ihn kirre. Es war Zeit, dass es ordentlich knallte und die Kugel ihr Ziel fand.
    „Nein!“, schrie eine Stimme direkt vor ihm.
    Zu spät.
    Aus dem Nichts erschien zwischen Sutton und dem Monster Ian McMullen, als wäre er vom Himmel gefallen. Nun stand er genau im Schussfeld.
    Wahrnehmung war immer schneller als Reaktion. Sutton wurde bewusst, dass er gerade auf den begabtesten Akolythen der Aroria-Loge abgedrückt hatte.
    „Nicht

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