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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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planen, wie wir Sie hier herausbekommen“, sagte er. „Erinnern Sie sich denn daran, wer sie hierhergebracht hat?“
    Sie hob den Kopf, blieb jedoch auf dem Boden knien.
    „Ich … nein. Als man Fräulein Vanholst in den Fluss … ich bin geistig wohl weggetreten. Ich erinnere mich nur an wenig.“
    Sie lief dunkelrot an vor Scham.
    „Ich hätte ihr helfen müssen!“ Neue Tränen liefen ihr übers Gesicht. „Ich hätte sie retten müssen oder um Hilfe schreien oder irgendetwas. Aber mir entglitt einfach alles. Das passiert gelegentlich. Ich bin dann … mein Onkel behauptet, ich wäre schwachsinnig. Verrückt. Aber bitte … das bin ich nicht. Wirklich nicht!“
    „Wer hat Sie entkleidet?“
    Sie begann heftig zu zittern.
    „Ich weiß nicht genau … ich kann mich dunkel an eine schreckliche Frau erinnern, mit angemaltem Gesicht. Es war alles so unwirklich.“
    Ian hätte sie gerne gefragt, was danach geschehen war, doch wenn sich jemand tatsächlich an diesem Kind vergriffen hatte, so wollte er es gar nicht wissen.
    „Haben Sie denn eine Ahnung, wo man Ihre Kleider hingebracht hat?“, fragte er stattdessen.
    Als ob sie gerade erst bemerkte, dass sie unpassend gekleidet war, kreuzte sie schützend die Arme vor ihrem Körper. Es war ein zierlicher Körper, der sich da durch den dünnen Stoff ihres Hemdchens abzeichnete, kindlich noch. Sie schüttelte den Kopf und lief dunkelrot an. Einen Moment lang ging ihr Blick ins Weite. Er verlor sie, und ihre Aura erstarkte wieder, war wie Wein, undurchsichtig beinahe. Doch noch im gleichen Augenblick schien sie sich zusammenzureißen, und die Nebel ihrer Andersartigkeit verschwanden. Sie war nur ein bebendes Häufchen Elend.
    Ian zog seinen Rock aus und legte ihn ihr um die Schultern. Sie schlüpfte dankbar in das Kleidungsstück und hielt es vor der Brust geschlossen. Er streckte ihr die Hand entgegen, und sie ließ sich vom Boden hoch helfen.
    „Bitte setzen Sie sich doch!“, sagte er. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen, wie wir hier herauskommen.“
    Er fragte sich, wie viel es wohl kosten möge, sie einfach nur freizukaufen. Mehr als er hatte wahrscheinlich. Wenn die Leute sie an eine große Anzahl von Kunden vermieten konnten, war das sicher langfristig lukrativer. Und vermutlich wollte auch niemand, dass sie die Möglichkeit erhielt, über das, was ihr geschehen war, zu sprechen. So oder so war sie hier dem Untergang geweiht.
    Er trat zu dem kleinen Fenster. Es war vergittert. Eine einzelne vertikale Eisenstange ließ jede Seite zu schmal werden, als dass man hindurchkommen könnte.
    Das hieß, sie mussten durchs Haus hinaus. Das würde schwierig werden.
    Die Arkanwissenschaften waren ein komplexes Betätigungsfeld. Laien dachten zumeist, man lernte einfach nur, einen Zauberstab zu schwingen. Doch das war nicht so. Die ersten Jahre des Studiums unterschieden sich nur wenig von einem Studium Universale an irgendeiner normalen Universität. Er hatte viel gelernt in diesem ersten Jahr, Sprachen, Geschichte, Philosophie, vergleichende Religionswissenschaften und sogar Naturwissenschaften.
    Was er noch nicht gelernt hatte, war, wie man die Wirklichkeit beeinflusste. Kein Zauberstabgeschwinge, nicht dass Zauberstäbe von wirklichen Magiern je benutzt wurden. Die, die sie führten, gehörten eher zum Zirkus. Keinesfalls eine Gruppe von Menschen, mit der Arkan-Logen verwechselt werden wollten.
    Doch Ian hatte Kräfte, die nicht von ihm selbst, sondern von dem Feyon stammten, dessen Seele vor zwei Jahren Zuflucht in Ians menschlichem Körper gesucht hatte. Diese verbarg Ian beharrlich aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Nur einmal hatte er das eigentümliche Talent, das sein „Gast“ ihm hinterlassen hatte, angewandt, die Gabe, Träume zu senden. Auch damals hatte er versucht, Sutton in einer Notsituation zu alarmieren. Er hatte einen Albtraum losgeschickt – und fast eine ganze Stadt hatte ihn geträumt. Danach war sein geringstes Problem gewesen, dass er bewusstlos auf der Straße zusammengebrochen war.
    Wenn man Tausenden von Menschen per Traum das Kommen einer Bestie ankündigte, so weckte das apokalyptische Ängste. Die Aroria-Loge war wenig begeistert gewesen.
    Jedenfalls war Ian nicht scharf darauf, etwas Ähnliches noch einmal zu versuchen. Noch ein kollektiver Traum in einer bayerischen Stadt wäre … nun, auf keinen Fall ratsam. Zudem war er sich sicher, dass Sutton nicht schlief. Vermutlich war er sehr wach und sehr beschäftigt und keinesfalls auf

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