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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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kriechende, lauernde Kreatur von nur peripherer Menschlichkeit. So etwas gab es nicht.
    Sie war inzwischen zu der Einschätzung gelangt, dass Magie keineswegs etwas Nettes, Unterhaltsames war, und sie wünschte, ihr wäre diese neue Erweiterung ihres Erfahrungshorizontes erspart geblieben. Sie bezweifelte nicht das Talent des Mönchs, mit seiner Kunst Unheil zu stiften. Vielleicht dachte er, von Rosberg wüsste, wo sie und Clarissa abgeblieben waren. Vielleicht taten sie deshalb, was immer sie ihm gerade antaten.
    Sie bedauerte, dass sie keine Waffe hatte. Doch immerhin hatte sie Schießpulver, gerade genug, um das kleine, silbergefasste Pulverhorn zu füllen. Konstanzes Wissen über Waffen war praktisch nicht existent. Es beschränkte sich darauf, dass man ihnen als Dame am besten fernblieb und dass sie ein gutes und ein schlechtes Ende hatten.
    Ob sie es wohl zünden konnte? Sie wühlte noch tiefer in den Satteltaschen und fand schließlich ein paar patentierte Schwedenhölzchen. Herr von Rosberg war ein gut ausgestatteter Mann – oder hatte zumindest ein gut ausgestattetes Pferd. Gehabt.
    „Was tue ich da nur?“, fragte sie sich, und Rosinante schenkte ihr einen abschätzigen Blick. Konstanze verharrte einen Augenblick reglos und versuchte, ihre Gedanken dem Tun ihrer Hände zuzuordnen. Sie hielt das Pulverhorn in der einen Hand, die Zündhölzchen in der anderen. Für eine Hauslehrerin war das unerhört und vermutlich ausnehmend schlechtes Benehmen.
    Immerhin war sie sich sicher, dass es keine ganz besonders gute Idee wäre, ein brennendes Streichholz an den Inhalt des Pulverhorns zu halten – solange sie es noch in der Hand hielt. Sie benötigte also eine Zündschnur.
    Es war vermutlich übermäßig optimistisch zu hoffen, sie könnte nun auch noch eine Zündschnur in den Satteltaschen finden. Sie suchte dennoch, konnte die Annahme jedoch nur bestätigen.
    Den nächsten Schrei fühlte sie fast mehr, als dass sie ihn hörte. Sie unterdrückte nur mühsam ein Aufschluchzen, als sie ihre Beute hinlegte und ihren Rock hob. Ihre Unterröcke waren recht feucht um den unteren Saum. Sie riss etwas zittrig den Stoff aufwärts entzwei, an der Naht entlang. Das Geräusch schallte viel zu laut durch den Wald.
    Doch niemand schien sie gehört zu haben.
    Sie war sich im Grunde sicher, dass das nicht so funktionieren würde, wie sie sich das vorstellte. Doch sie musste es versuchen. So öffnete sie das Horn einen Spaltbreit und stopfte das eine Ende des Stoffstreifens hinein. Sie ergriff die Zündhölzer. Dann blickte sie hinunter ins Tal vor ihr. Die Hecken am Feldrain würden ihr ein wenig Deckung verschaffen.
    Sie blickte das Pferd an.
    „Das ist ziemlich ungebührlich für eine Dame, weißt du“, sagte sie ihm. „Und vermutlich werde ich es noch bereuen.“
    Doch sie bereute bereits so viele Dinge, dass es auf eins mehr oder weniger nicht mehr ankam. Sie hatte nicht vor zu kämpfen. Sie wollte lediglich eine Ablenkung konstruieren. Es würde dann an von Rosberg sein, diese Chance zu nutzen.
    Ihr wurde bewusst, dass sie einen vernünftigen Plan brauchte, doch ihre Gedanken waren quälend leer.
    „Dumm“, murmelte sie. „Das ist dumm.“
    Dann huschte sie am dunklen Waldrand entlang; über ein paar moosbewachsene Granitfelsen; hinunter zu einem Gesträuch, das die eine Seite des Pfades überschattete. Ihre Stiefel rutschten auf dem matschigen Untergrund. Fast hätte sie ihre Ladung fallen gelassen. Doch es gelang ihr, daran festzuhalten.
    Sie schlich weiter voran. Schließlich hielt sie inne und lauschte.
    Die Stille war noch beunruhigender, als die Schreie es gewesen waren. Kam sie bereits zu spät? Hatten sie ihn umgebracht?
    Ein fast lähmendes Gefühl von Verlust wusch bei dem Gedanken über sie hinweg. Diese Leute durften ihn nicht getötet haben. Einer Frau in Not zu helfen machte einen doch nicht zum Ketzer, du lieber Himmel, dies war doch nicht das finstere Mittelalter. Niemand jagte mehr Ketzer.
    Oder doch?
    Konstanze musste über einen Bach springen. Sie war immer eine einigermaßen sportliche Frau gewesen, und so gelang es ihr, auf der anderen Seite anzukommen, ohne mit ihrem Schwarzpulver im Wasser zu landen. Sie war sich recht sicher, dass nasses Pulver nicht das tat, wozu es da war.
    Doch jetzt war sie sichtbar. Je näher sie an das Gebäude herankam, desto weniger Gestrüpp gab es. Die kleinen Fenster des heruntergekommenen Hauses waren wie Augen, die sie beobachteten. Tatsächlich fühlte sie sich

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