Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
Vom Netzwerk:
dichter.
    „Was bist du?“, fragte der Pfarrer, und ein weiterer Tritt unterstützte die Frage. Richard stöhnte und stellte erst hinterher fest, wie hoch und fast melodiös freundlich die Stimme des Fragers geklungen hatte.
    „Rede!“, befahl eine Stimme hinter Richard. Und da war auch schon wieder der Stiefel.
    „ Über was ?“, fragte Richard, der von der Situation zu überfordert war, als dass ihm eine vernünftige Antwort einfiel.
    „Ich bin es nicht gewöhnt, mich wiederholen zu müssen“, sagte der fette Priester. „Was bist du?“
    Nicht „wer bist du“, sondern „was bist du“. Natürlich. Man hatte ihn beobachtet, als er Menschen angesprungen hatte, über Mauern gesetzt und wie ein wildes Tier davongerannt war.
    Richard fühlte die Angst durch seine Haut hindurch bis in die Knochen. Das hätte nie geschehen dürfen. Er hätte sich nie zugunsten der Damen einmischen sollen. Er hätte wegsehen sollen.
    Doch Wegsehen war nicht seine Art. Er war immerhin ein Gentleman.
    Natürlich war er auch noch etwas anderes.
    Es war nicht seine Schuld; sowohl seine irdischen Güter als auch sein Zustand waren ererbt. Und über letzteren wusste er allzu wenig. Ein paar Regeln. Bleib, was du bist, erlaube keine Verwandlung.
    Diese Regel hatte er gebrochen.
    Doch sein Vater hatte sie auch gebrochen, als Richard noch ein Junge war. Sein Vater hatte die Raben erblickt, sein Gewehr genommen und war losgerannt. „Bleib zurück!“, hatte er seinem jungen Sohn nur zugerufen. Richard war stehen geblieben, hatte nur zugesehen, wie sein Vater wütend schrie, wie er das Gewehr fallen ließ und selbst mit einem Mal auf allen vieren weiterlief und nicht mehr schrie. Der Jagdinstinkt hatte ihn gepackt.
    Richard war sich nicht sicher, doch ihm war gewesen, als lachten die Vögel, als ein Schuss krachte und sein Vater fiel. Oder hatten sie nur gekrächzt?
    Man nannte es einen tragischen Unfall. Die noble Jagdgesellschaft war auf der Pirsch, so nobel, dass der traurige Unglücksfall nicht groß debattiert wurde. Tragisch nur, dass es ausgerechnet den begüterten Herrn von Rosberg erwischt hatte. Jagdunfälle passierten schon mal, aber gemeinhin dezimierten sie die Treiber, nicht den niederen Landadel.
    So war Richard schon früh Waise geworden. Kein armer Waisenknabe, weder mittellos noch ohne Beistand. Lehrer, hilfsbereite Vormünder, treue Haushälterinnen – all das hatte er gehabt.
    Doch sein Vater war ihm genommen und mit ihm die Hintergründe des Geheimnisses, die Erklärung, warum die Dinge so waren, wie sie waren. Auch warum er war, wer er war – und was er war.
    Somit konnte er die Frage nicht beantworten, und schon wurde sein Schweigen mit einem weiteren Tritt vergolten.
    Eine dunkle Eisenklinge hielt man jetzt vor sein Gesicht. Wollte man ihn erstechen?
    Er beäugte die Klinge argwöhnisch und schielte nach dem Mann, der sie hielt. Er erkannte ihn. Es war der Magier.
    „Auf Kalteisen reagiert er nicht“, konstatierte der Magier beinahe erstaunt.
    „Kein Feyon? Ist das möglich?“
    „Nun, sollten Anteile eines Fey-Erbes in ihm sein, so manifestieren sie sich jedenfalls nicht über eine Unverträglichkeit gegenüber dem heiligen Metall.“
    „Sie dachten, er wäre vielleicht doch ein Mischling?“
    „Ich habe es für theoretisch möglich gehalten. Doch es lassen sich zumindest keine direkten Indizien dafür feststellen. Nicht einmal das Element der Spezies ist zuzuordnen. Er ist keine Wasserkreatur. Er scheint auch kein Parasit zu sein, wie etwa ein Vampir oder ein Ghul. Doch was er ist …“
    „Er ist ein Gestaltwandler, und den Fey – oder doch zumindest den meisten von ihnen – ist die jeweilige Gestalt nur das Gewand zum jeweiligen Zweck. Doch die Ketzer, die sich Logenmeister nennen, haben immer wieder versucht, die Kunst der Gestaltwandlung zu erlernen.“
    „Es gibt keinen Bericht, der auf einen Erfolg hinweist“, gab der Magier zu bedenken.
    „Dass wir keinen Bericht darüber haben, heißt nicht, dass es unmöglich ist. In den alten Hexenprozessen wurden viele Malefikanten angeklagt, sich in Tiere verwandelt zu haben. Es gab explizite Fälle in der Schweiz und auch in deutschen Landen. Der Malleus Maleficarum schließt eigens eine Vorgehensweise in diesen Fällen mit ein. “
    „Hochwürden, bei allem nötigen Respekt, der Malleus Maleficarum war gewiss eine … inspirierte Leistung, ist aber doch inzwischen sehr überholt. Wir haben gelernt, Wahrscheinlichkeiten zu messen. Und die

Weitere Kostenlose Bücher