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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Wahrscheinlichkeit in diesem Fall geht gegen null.“
    „Die Wahrheit ist nie überholt. Gestaltwandlung – Transmogrifikation: Das hat es gegeben. Oder wollen Sie andeuten, die Kirche hätte Fehler gemacht? Denken Sie, Gott macht Fehler? Nein? Was damals wahr war, kann heute nicht weniger wahr sein. Es bleibt unverrückbar die Wahrheit – immerdar.“
    „Ja, schon. Doch es gibt zumindest keinen zeitnahen faktischen Beweis.“
    „Auch für Gott gibt es keinen zeitnahen faktischen Beweis, und doch zweifeln wir seine Existenz nicht an. Oder zweifeln Sie etwa?“
    „Gewiss nicht. Keinesfalls. Ich will nur sagen, dass es keinen zeitnahen faktischen Beweis …“
    „Keinen, von dem wir gehört haben. Das Böse aber blüht im Verborgenen, und daher mag uns vieles unsichtbar sein. Wenn wir die Verschlagenheit des Bösen unterschätzen, wer steht dann zwischen Gottes Kindern und dem Höllenpfuhl? Wenn dieser Mann wirklich kein Feyon ist und sich dennoch in eine Bestie verwandeln kann – da haben Sie Ihren zeitnahen faktischen Beweis.“
    Der Gedanke, er könnte ein Feyon sein, war Richard nie gekommen. Er wusste kaum mehr über diese andere, vernunftbegabte irdische Rasse, als dass einige wenige dieser Spezies wohl existieren mochten. Wären die Umstände anders gewesen, so hätte Richard sicher gerne mit diesen Männern über die Möglichkeiten der Andersartigkeit diskutiert, denn sie schienen weit mehr darüber zu wissen als er selbst als Betroffener.
    Der Stiefel in seinem Kreuz erinnerte ihn jedoch daran, dass diese werten Herren ihn lediglich für eine Bestie hielten, für einen Fehltritt der Natur, den es auszumerzen galt.
    Der Pfarrer wandte sich ihm wieder zu.
    „Also, was bist du?“, fragte er erneut.
    Diesmal antwortete Richard – und bekam dennoch den Stiefel erneut zu spüren.
    „Ich bin ein Mensch. Meine Familie leidet seit Generationen unter einem Fluch. Genaueres weiß ich nicht.“
    „Ein Fluch?“, grübelte der Priester. „Dass du verflucht bist, bezweifelt keiner. Alle Dämonen sind verflucht. Alle Kreaturen außerhalb der Schöpfung Gottes sind verflucht. Doch du tust so, als wäre das ein lässlicher Zufall, an dem du keine Schuld trägst.“ Der Mann schwieg einen Moment lang. „Gestehe!“, befahl er dann.
    Diesmal schrie Richard auf, als der Stiefelabsatz gegen seine Stirn prallte. Es fühlte sich an, als wäre ein Stein auf seiner Stirn explodiert. Er drehte den Kopf ein wenig, um zu sehen, wer ihn da trat, obgleich er es bereits ahnte. Der hagere, junge Mönch, der auch im Bordell gewesen war. Hieß es nicht, Mönche trügen Sandalen? Dieser trug genagelte Stiefel.
    Richard spürte, wie ihm wieder mehr Blut übers Gesicht lief.
    „Aufhören!“, schrie er. „Hören Sie sofort damit auf. Sie haben absolut kein Recht, mich so zu behandeln. Sie haben kein Recht, mich hier gefangen zu halten. Sie sind nichts als ein paar verbohrte, spätmittelalterliche Hexenjäger. In diesem Land haben Sie absolut keine Weisungsbefugnis. Sie völlig verblödeten …“
    Er schrie, als ein Netz von Feuer sich über jeden Quadratzoll seiner Haut zu breiten schien. Er sah, wie der Meister gestikulierte und murmelte. Dann verschwand der Mann fast völlig hinter einem Schleier von Agonie. Von Rosberg zerrte an seinen Fesseln, doch es war sinnlos. Er hörte, was sein eigener Körper ihm einflüsterte: Verwandle dich! Du kannst das beenden, wenn du dich verwandelst. Du bist viel stärker, wenn du verwandelt bist. Beiß sie! Bring sie um! Reiß sie in Stücke!
    „Was bist du?“, fragte die sanfte Stimme von weit her. „Alles wird gut, wenn du gestehst.“
    „Ich bin der Besitzer dieser Ländereien!“, brüllte er wütend. „Ich bin Bürger dieses Königreichs! Ich bin ein gesetzestreuer Mann, und Ihnen werde ich …“
    Er zwang sich, nicht weiterzureden, denn sie damit zu bedrohen, dass er ihnen die Kehlen herausreißen wollte, würde ziemlich sicher kontraproduktiv sein. Doch genau danach fühlte er sich. Er wollte seine Reißzähne in ihre weiße Haut schlagen und in ihr rotes Blut. Er wollte dieses Blut auflecken und ihre Knochen zwischen seinen Zähnen zermalmen, ihre Leichen ins Gebüsch schleppen und ihnen das Fleisch von den Rippen zerren.
    Sein Aufheulen schnitt durch die Nebel roten Schmerzes. Er versuchte, sich wiederzufinden, wieder Richard von Rosberg zu sein, der Gentleman, der Kirchgänger, der mildtätige Mitbürger.
    Der Mörder.
    Er sah die alte Frau in der Ecke stehen. Ganz deutlich

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